Welches Spiel spielt Merkel?

Hurra, Deutschland gewinnt auch in der Euro-Krise!

Paris und Berlin planen wieder einen Minigipfel. Was von den Märkten mit Erleichterung aufgenommen wurde, scheint in der deutschen Hauptstadt für Verstimmung zu sorgen: Frankreichs Präsident Sarkozy nerve mit seinem Aktionismus, meldet Spiegel online. Dabei war das Treffen lange geplant, und es ist angesichts der neuen Zuspitzung der Eurokrise auch überfällig. Die eigentliche Frage lautet vielmehr: Welches Spiel spielt die Bundesregierung?

Kanzlerin Merkel legt eine Gelassenheit an den Tag, die angesichts der Krise in Griechenland, Portugal, Irland, Italien, Spanien, Zypern und der jüngsten spekulativen Attacken gegen Frankreich arrogant und aufreizend wirkt. Bereits beim letzten Euro-Krisengipfel am 21. Juli musste sie sich zum Jagen tragen lassen; bis zuletzt drohte sie, nicht nach Brüssel zu reisen. Dann setzte sie gegen den Widerstand Frankreichs und der EZB eine symbolische Beteiligung privater Gläubiger am neuen Hilfsprogramm für Griechenland durch – und genau dieser deutsche „Erfolg“ versetzt nun die Märkt in Aufruhr.

Es ist ja kein Zufall, dass vor allem französische, italienische und deutsche Banken unter den jüngsten Turbulenzen an den Börsen leiden. Sie müssen für Merkels Griechenland-Plan bluten, und ihre Probleme heizen die Spekulation gegen den Euro weiter an. Es ist auch kein Zufall, dass sich die Krise in Italien und Spanien zuspitzt. Denn Merkel lehnte es bisher ab, diesen Ländern auch nur einen Millimeter entgegenzukommen. Das überlässt sie lieber der EZB, die sich dafür dann auch noch von Merkels früherem Topberater in der Bundesbank abwatschen lassen darf. 

Selbst Griechenland, dem ja angeblich geholfen werden soll, hat vom neuen Merkel-Plan bisher nicht profitiert – im Gegenteil: Da er immer noch nicht umgesetzt wird, und die Märkte auf die angekündigte “zeitweise” Zahlungsunfähigkeit des Landes warten, verschärft sich in Athen die Krise weiter. Und da Merkel zugleich die deutsche Debatte über einen Rausschmiß Griechenlands aus der Eurozone ungehindert laufen lässt, setzt sich selbst bei der New York Times der Eindruck fest, Deutschland wolle den griechischen Patienten am liebsten loswerden.

Und was ist mit Frankreich, dem wichtigsten deutschen Partner in Europa? Auch in Paris hat man zunehmend den Eindruck, Merkel denke nur an sich und an ihre schwächelnde Koalition. Die Attacken auf die Société Génerale wären ohne den Merkel-Plan kaum möglich gewesen. Und dass die Kanzlerin schweigt, während Sarkozy um das Spitzen-Rating seines Landes kämpfen muss, wird auch nicht gerade als Zeichen der Solidarität gedeutet.

Mein Eindruck ist, dass Merkel entweder immer noch nicht die ganze Tragweite des Problems erkannt hat – ein Downgrading Frankreichs würde das Ende des Euro-Rettungschirms und damit wohl auch der Währungsunion bedeuten, lesen Sie doch einmal das Wall Street Journal! -, oder dass sie die Krise bewußt nutzt, um die neue deutsche Hegemonie in Europa auszubauen. Allerdings wird diese Hegemonie auch nicht mehr viel helfen, wenn die EU bzw. die Währungsunion zusammenbricht.

Faites vos jeux, heißt es beim Roulette. Und dann, kurz danach: rien ne va plus… 

 

P.S. Für Großinvestor Soros ist der Fall offenbar schon klar: Merkel sei mit ihrer Politik der “kleinen Schritte” verantwortlich für die aktuelle Krise, meldet die “Süddeutsche”. Derweil ist nicht einmal die Umsetzung der Gipfel-Beschlüsse vom 21. Juli sicher, heißt es ebenfalls bei SZ online…