Weder Weber noch Weidmann – Merkel lenkt beim Klima ein

Nun sind wir auch mal dran, heißt es in Berlin, wenn es um die Besetzung der Brüsseler Spitzenposten geht. Doch die deutschen Kandidaten können nicht überzeugen. Nach Manfred Weber stößt nun auch Jens Weidmann auf Widerstand.

“Der beste Kandidat, um Mario Draghi zu ersetzen”, ist der Artikel bei “Bloomberg” überschrieben. Und er fällt nicht gut aus für Weidmann. Nicht der Präsident der Bundesbank wird als Nachfolger für Draghi an der EZB-Spitze empfohlen, sondern Olivier Blanchard, der ehemalige Chefökonom des IWF.

Für den Franzosen Blanchard spricht sich nicht nur Bloomberg aus, sondern eine ganze Riege von Experten, die bei Twitter die EZB-Politik kommentiert. Für Weidmann hingegen finden sich kaum Fürsprecher. Nur Finanzminister Olaf Schulz (SPD) möchte den Bundesbanker gern in die EZB schicken.

Was ziemlich gemein für Weber ist, den Spitzenkandidaten von CDU/CSU/EVP. Denn Schulz und die gesamte SPD wehrt sich dagegen, Weber zum nächsten Chef der EU-Kommission zu machen.

Die Genossen drängen Kanzlerin Angela Merkel sogar, sich bei der Wahl zu enthalten – und stattdessen Weidmann zu pushen. Im Ergebnis werden beide deutsche Kandidaten geschwächt – Weber und Weidmann.

Und die Kanzlerin, die sich für Weber ausgesprochen hat, hat eigentlich nur noch schlechte Optionen.

Unterstützt sie weiter den CSU-Mann, so kriegt sie Ärger in der Berliner GroKo. Plädiert sie für Weidmann, erntet sie Kritik von EZB-Insidern – und Widerstand von Italien und anderen Südeuropäern.

Das zeigt, dass sich die Kanzlerin verrannt hat. Sie hat einen schwachen Kandidaten für die Nachfolge von Kommissionschef Jean-Claude Juncker aufgestellt – und einen sehr umstrittenen für die Nachfolge von EZB-Chef Draghi. Einer würde wohl durchkommen, so ihr Kalkül.

Stattdessen laufen nun beide gegen eine Wand. Und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron schlägt dem Faß die Krone aus, indem er Merkel einen Wechsel nach Brüssel empfiehlt. Mit anderen Worten: Schicke bessere Leute, oder mach es gleich selbst…

Siehe auch “Ist Weber schon abgeschrieben?”

Watchlist

  • Was werden die EU-Außenminister zur Krise um Iran sagen? Bei ihrem Treffen in Luxemburg steht der Showdown zwischen Teheran und Washington ganz oben auf der Tagesordnung. Zuletzt hatte sich auch London auf die Seite von US-Präsident Donald Trump geschlagen. Läßt sich die EU nun in einen Feldzug gegen Iran ziehen – oder beharrt sie auf einer friedlichen Lösung? – Mehr dazu hier.

Was fehlt

  • Die Krise in Moldawien. Angeblich ist sie nun beigelegt, denn der mächtige Oligarch und Vorsitzende der Demokratischen Partei Vlad Plahotniuc hat das Land verlassen. Damit ist der größte Unruhestifter weg. Dennoch ist Skepsis angebracht. Denn nun ist eine Koalition aus pro-russischen und proeuropäischen Parteien an der Macht – und sie zieht in beide Richtungen: gen Brüssel und gen Moskau! Mehr dazu hier
  • Der neuerliche Schwenk von Merkel in der Klimapolitik. Kurz vor dem EU-Gipfel signalisiert die Kanzlerin, dass nun auch Deutschland bis 2050 eine “klimaneutrale” Wirtschaft anstrebt. Beim EU-Gipfel in Sibiu vor der Europawahl hatte sie das noch abgelehnt. Aber nun ist auch London auf den französischen Kurs eingeschwenkt – und Merkels Spitzenkandidat Weber hat keine Chance ohne “prima Klima”… Mehr dazu hier

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