Weder Harris noch Trump, Scholz-Dämmerung – und ist Krieg billiger?

Die Watchlist EUropa vom 05. November 2024 – Heute mit der US-Präsidentschaftswahl und der unglücklichen Rolle der EU, der Krise der Bundesregierung und einer Studie zum Ukraine-Krieg.

Donald Trump gegen Kamela Harris: Seit Monaten fiebert die Welt der Präsidentschaftswahl in den USA entgegen. Nun ist es so weit – und wenn man den Umfragen glauben will, setzt eine Mehrheit der EUropäer auf Harris.

Auch ich würde gerne auf die demokratische Kandidatin hoffen – wenn klar wäre, wofür sie steht. Doch das ist alles andere als klar. Sie hat Europa und die EU in ihrem Wahlkampf nicht mal erwähnt.

Harris hat sich auch nicht von Bidens Außenpolitik und dem katastrophalen Erbe in der Ukraine und im Nahen Osten abgesetzt. Vielleicht will sie die Neocons nicht verschrecken – die setzen auf sie (und auf noch mehr Krieg).

Nicht mal in der Wirtschaftspolitik ist klar, wofür Harris steht. Wird sie der EU noch mehr Probleme bereiten, wie Biden mit seinem “Inflation Reduction Act”? Wird es womöglich gar neue Strafzölle auf europäische Exporte geben?

Kein “Endorsement”

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Aus all diesen Gründen will ich keine Partei ergreifen – weder für Harris noch für Trump. Meine Sympathie gehört der “Washington Post”, die die fragwürdige Praxis des “Endorsement” bei dieser Wahl aufgegeben hat.

Ich stimme auch Donald Tusk zu. Der frühere EU-Ratspräsident, der heute Polen regiert, kennt Trump noch aus seiner Brüsseler Zeit und sagt, dass sich die EU nicht zu sehr auf die US-Wahl fixieren sollte.

“Some claim that the future of Europe depends on the American elections, while it depends first and foremost on us,” hat Tusk getweetet. Die EU müsse endlich erwachsen werden und an ihre eigene Kraft glauben.

Brüssel ist nicht vorbereitet

Dummerweise hat Tusk selbst nicht genug dafür getan, dass die EU auf eigenen Beinen steht. Seine Nachfolger Michel und von der Leyen haben EUropa sogar noch stärker an die USA gebunden – nicht nur in der Ukraine.

Zugleich haben sie es versäumt, die EU auf mögliche Schocks vorzubereiten, die von der US-Wahl ausgehen könnten. Da bin ich ganz beim gechassten EU-Kommissar Breton: Brüssel ist nicht vorbereitet, wieder einmal…

Siehe auch “Im Schatten der US-Wahl” und “Biden hat EUropa einen Bärendienst erwiesen

News & Updates

  • Die Scholz-Dämmerung hat begonnen. In Berlin jagt eine Krisensitzung die andere. Es drohe zwar (noch) nicht das Ende der Ampel-Koalition, meint Kanzler Scholz. Doch Scholz hat seine Koalitionspartner nicht mehr im Griff; Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) und Finanzminister Lindner (FDP) fordern ihn mit Alleingängen in der Wirtschaftspolitik heraus. Das sorgt auch in Brüssel für Unruhe. Die EU will am Donnerstag bei einem Sondergipfel in Budapest über die Wirtschaftskrise und die Wettbewerbsfähigkeit beraten – vielleicht sollte man sich lieber gleich in Berlin treffen!?
  • Kandidatin für einen bizarren Job. Als „exekutive Vizepräsidentin“ soll Teresa Ribera in der neuen EU-Kommission Ökologie und Wettbewerbsfähigkeit unter einen Hut bringen – aber es gibt Gegenwind. Die Konservativen drohen, die Sozialistin abzuschießen, wenn es bei den Anhörungen im Europaparlament nicht gut für ihre eigenen Kandidaten läuft. – Mein Porträt im Cicero und ein aktueller Blogpost hier
  • Sefcovics hält an Handel mit Israel fest. Bei seiner Anhörung im Europaparlament hat der designierte neue EU-Handelskommissar ausweichend auf Fragen nach Israel und den mutmasslichen Kriegsverbrechen geantwortet. Für eine Aussetzung des Handels brauche es Einstimmigkeit aller EU-Länder , sagte der Slowake. Da Deutschland dagegen ist, wird sich also nichts ändern – obwohl die EU wohl gegen internationales Recht verstößt… – Mehr zu den Anhörungen hier

Das Letzte

Ist Krieg in der Ukraine billiger für Deutschland als Frieden? Dies legt eine neue Studie des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel nahe. “Seit Kriegsbeginn entspricht die deutsche Militärhilfe für die Ukraine pro Einwohner rund 4 Euro pro Monat oder 50 Euro im Jahr. In einer neuen Studie schätzen wir, was uns ein Ende der Hilfen und ein russischer Diktatfrieden kosten würde: das 10-20fache“, schreibt IfW-Präsident Schularick. Bei Rheinmetall knallen mal wieder die Sektkorken...

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