Webers und Tajanis gefährliche “Ausrutscher”
Der Europawahlkampf hat noch nicht richtig begonnen, die parteitaktischen Manöver schon. Vor allem konservative Politiker versuchen, ihr Terrain abzustecken – und leisten sich dabei peinliche Ausrutscher. Oder steckt mehr dahinter?
Als Erstes erregte EVP-Spitzenkandidat Weber (CSU) Aufsehen.
Er erklärte, nach einer Wahl zum Kommissionschef (!) werde er sich für Erleichterungen für Griechenland beim Schuldendienst stark machen – aber nur, wenn Athen eine konservative Regierung bekommt!
Europäische Kreditgeber könnten die Möglichkeit prüfen, die hohen (von Deutschland diktierten) Primärüberschuss-Ziele des Landes zu senken, so Weber. Voraussetzung sei aber, daß das Land eine „wachstumsfreundliche“ Regierung bekomme.
Das war nicht nur für Griechenlands regierende Linke zu viel. Auch der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Bullmann, schoß zurück. Er sagte dem Internet-Portal “EurActiv”:
„Seit wann bestimmen Spitzenkandidaten der EVP die Wirtschaftspolitik in der Eurozone? Ich möchte Herrn Weber bitten, seine Erinnerungen an die jüngste Geschichte in Griechenland noch einmal aufzufrischen.“
Weber solle mehr Zeit damit verbringen, Tatsachen richtig zu formulieren, statt von einem Finanzstaatsstreich zu träumen, so Bullmann. Bumm, das saß.
Doch kurz darauf kam schon wieder ein gefährlicher Ausrutscher aus der EVP. Diesmal von ganz oben, vom Präsidenten des Europaparlaments, Tajani. Der Italiener ist ein guter Freund und enger Verbündeter von Weber.
“Long live Trieste, long live Italian Istria, long live Italian Dalmatia, long live Ialian exiles.” Das soll Tajani bei einem Treffen mit dem italienischen Rechtsausleger Salvini ausgerufen haben. Ein Spiel mit dem Feuer.
Denn wenn er es ernst meint – oder so, wie es Salvini wohl vorschwebt – würde dies bedeuten, dass Tajani Gebietsansprüche in Slowenien und Kroatien erhebt, wie zuletzt die italienischen Faschisten im 2. Weltkrieg.
Ein Skandal, der auch prompt zu Rücktrittsforderungen (“No to fascism in the EU”) führte.
Wie in solchen Fällen üblich, hat Tajani das Ganze zum Missverständnis erklärt, er habe nur die tollen Küstrenregionen loben wollen.
Man könnte aber auch meinen, er und Weber stecken schon mal ihre Claims ab und fischten dabei in gefährlich trüben Gewässern…
[bctt tweet=”Wenn er es ernst meint, würde dies bedeuten, dass Tajani Gebietsansprüche in Slowenien und Kroatien erhebt, wie zuletzt die italienischen Faschisten im 2. Weltkrieg.” username=”lostineu”]
Peter Nemschak
14. Februar 2019 @ 10:57
Der Konservative und der Nationalist wollen sich gegenüber ihren Anhängern profilieren. Nach den Wahlen sieht alles anders aus.
Kleopatra
14. Februar 2019 @ 10:55
Weber ist nicht der erste deutsche Christdemokrat, der besser als die betroffenen Länder wissen will, wer dort zu regieren hat. Im Gegenteil: gerade darin zeigt er sich als Statthalter Merkels in spe. Das Prinzip, dass Deutschland Kredite ausgibt und dafür Ministerpräsidenten ab- und einsetzt, wird in Europa spätestens seit 2011 praktiziert. Übrigens hätte Bullmann korrekterweise sagen müssen, dass da der Kommissionspräsident nichts zu sagen hat (Weber hat ja angekündigt, was er als Kommissionspräsident tun wollte).
Tzpiras wäre auch nicht der erste griechische Ministerpräsident, der wegen Ungehorsams schnell gefeurt wurde. Ich fürchte, solange auch die südeuropäischen Länder zur Währungsunion gehören wollen, werden sie diesen Ansatz zur Erpressung nicht los.