Was sind “EU-Influencer”?
Kennen Sie Ryan Heath? Oder Mina Andreeva und Natascha Bertaud? Nein? Dabei sind das die wichtigsten “EU-Influencer“. Dazu wurden sie jedenfalls von einer Social-Media-Agentur in Brüssel gekürt.
Neue PR-Strategien
Doch was sollen “EU-Influencer” überhaupt sein? Bisher gab es “Chefs” – also Merkel u.a. Regierungschefs -, “Präsidenten” (z.B. Juncker in der EU-Kommission) und Einflüsterer wie Junckers Kabinettschef M. Selmayr.
Und es gab die Pressesprecher, die naturgemäß großen Einfluß auf die Medien und ihre Berichterstattung haben. Wobei manch’ ein Sprecher eines EU-Landes mehr “Influence” hat als offizielle EU-Repräsentanten.
Doch mit dem Vormarsch der “Social Media” und dem Aufkommen neuer Kommunikations- und PR-Strategien können auch Tweeter, Youtuber und andere scheinbar machtlose Individuen großen Einfluß erreichen.
Wildes Mischmasch
Ich war deshalb gespannt, als ich die neue Liste der “EU-Influencer” las. Würden es auch Einzelkämpfer, Querdenker und Blogger in die Top Ten schaffen? Und welchen Einfluß haben Deutsche?
Doch die Enttäuschung war groß. Denn das Ranking ist ein wildes Mischmasch aus Newsletter-Autoren (Heath), Kommissions-Sprechern (Andreeva und Bertaud) und PR-Profis sowie Journalisten.
Nur das Berlaymonster und der grüne Blogger J. Worth fallen aus dem Rahmen. Doch das “Monster” hat sich mehr auf Satire verlegt, und Jon lebt seit einiger Zeit in Berlin – fernab der “Brussels Bubble”.
English only…
Dass er es trotzdem in die Liste schaffte, liegt daran, dass er auf Englisch schreibt – das war nämlich eine Voraussetzung, um gelistet zu werden. Deutsche und Franzosen hatten deshalb kaum eine Chance.
Die weiteren Kriterien, die die PR-Firma ZN Consulting nennt*, sind in sich widersprüchlich. Kommissare werden nicht berücksichtigt, Kommissionssprecher und Spindoktoren à la Selmayr aber schon.
Unternehmen und Verbände sind (zum Glück) nicht dabei, aber massivst gesponserte Newsletter (wie der von R. Heath von “Politico”) sehr wohl. Und die großen angelsächsischen Medien natürlich auch.
…dabei verlieren die Briten
Dabei verlieren Briten und Amerikaner gerade massiv an Einfluß in Brüssel – der Brexit und Trump lassen grüßen. Deutsche und Franzosen werden wichtiger – kommen im Ranking aber praktisch nicht vor…
*Die o.g. Firma lässt übrigens keine kritischen Anmerkungen auf ihrer Website zu. Ich hatte einen geschickt, er wurde gelöscht…
Reinard Schmitz
26. November 2017 @ 11:20
Es bleibt der Trost, dass man sie alle nicht lesen muss und vor allem nicht regelmäßig.
Claus
25. November 2017 @ 17:04
Schaut man sich die Auswahlkriterien an, könnten die einen sie als „EU-Influencer“ bezeichnen, und die anderen hinsichtlich des verbreiteten Contents als „EU-Spammer“ mit begrenztem Unterhaltungs- oder Informationswert. Wer weiß das schon.
Peter Nemschak
25. November 2017 @ 12:58
Die diversen Social Media Agenturen stehen im Wettbewerb miteinander. Wichtig wäre Transparenz, um zu erfahren, wer die Kunden dieser intermediären Agenturen sind. Was sagt das Lobby-Register? Dass Englisch das Latein der frühen Neuzeit weltweit ersetzt hat, ist ein Faktum. Offenbar war die politische und wirtschaftliche Kraft hinter dem Englischen stärker als jene hinter dem Spanischen und hat sich deshalb durchgesetzt. Die meisten gebildeten jungen Menschen auf der Welt können sich im Englischen gut bewegen. Ob der sprachliche Startvorteil der Briten reicht, die Nachteile des BREXIT zu kompensieren, darf bezweifelt werden, und ob der BREXIT faktisch überhaupt vollzogen wird, bleibt abzuwarten. Warum soll Großbritannien in Zukunft zahlen ohne mitbestimmen zu können?
ebo
25. November 2017 @ 13:28
Wissen Sie, worüber die englischen Influencer die ganze Zeit schreiben? Über den Brexit, also über den selbst verschuldeten Verlust an Einfluss in der EU.
Peter Nemschak
25. November 2017 @ 13:54
Wer steht hinter den Agenturen oder glauben Sie, dass diese auf eigenen Antrieb handeln? Es gibt Leute mit Kontakten zur Kommission und deren Beamten, die ernstlich daran zweifeln, dass der BREXIT überhaupt zustande kommt.