“Trump will vermitteln”: Was Orbans Pendeldiplomatie gebracht hat
Die EU boykottiert V. Orban für seine umstrittene und nicht abgesprochene “Friedensmission”. Dabei hat sie interessante Ergebnisse gebracht, an die sich anknüpfen ließe.
Dies geht aus einem “privaten” Brief hervor, den Orban an die EU-Chefs geschickt hat.
So ist US-Präsidentschaftskandidat Trump ist im Fall eines Wahlsiegs zu schnellen Friedensvermittlungen zwischen Russland und der Ukraine bereit.
Trump würde sofort nach der Wahl im November loslegen, zitiert die “FT” aus dem Brief. “Er hat detaillierte und fundierte Pläne dafür”, schrieb Orban, der derzeit die rotierende EU-Ratspräsidentschaft inne hat.
Diese Info ist immerhin so wichtig, dass sie Ukraines Präsident Selenskyj sofort aufgriff. Er erklärte sich zu Gesprächen mit Trump bereit, kündigte aber auch einen eigenen “Friedensgipfel” noch vor der US-Wahl an.
Orban weist seine EU-Kollegen auch darauf hin, dass sich die Lastenverteilung für die Ukraine nach Trumps Wahl zuungunsten der EU verändern würde – es kämen noch höhere Kosten auf die EUropäer zu.
Zudem beklagt er das Fehlen einer europäischen Strategie. Dabei habe seine Reise ergeben, dass sich ein “Window of opportunity” öffne, um den Krieg um die Ukraine zu beruhigen oder gar zu beenden.
Interessant, nicht wahr? Doch in Brüssel wird über diese Erkenntnisse nicht einmal diskutiert. Die EU-Diplomatie ist auf Kriegskurs – sie will von Frieden nichts wissen. Und von Orban schon gar nicht…
Michael Conrad
17. Juli 2024 @ 10:37
Trump und Vance sehen den Konflikt mit China als sehr viel wichtiger für die zukünftige Position und Bedeutung der USA
an, als die Konfrontation mit Russland.
In diesem Zusammenhang ist es für die USA
global strategisch eine Katastrophe, dass jetzt China und Russland immer mehr kooperieren. Damit sichert sich China die Unterstützung eines Landes mit gewaltigen Ressourcen an Rohstoffen.
Eine Friedensregelung im Sinne von Trump stellt deshalb vor allem den Versuch dar, Russland wieder aus dieser engen Verbundenheit mit China heraus zu locken.
Aber auch eine Friedensregelung aus egoistischen Gründen ist besser als gar keine.
Skyjumper
17. Juli 2024 @ 12:59
@Michael Conrad
Kann sein, dass Trump wirklich so denkt. Aber mir fallen mindestens 2 Alternativen ein die ich – aus Sicht der USA – für logischer halte.
a) die USA “kümmern” sich um China und überlassen es der EU sich darum zu kümmern dass Russland viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist um mehr als ein theoretischer Unterstützer zu sein.
b) mit dem Argument dass die jeweiligen Feinde zusammengewachsen sind, lässt man auch die “westlichen Bewahrer”, sprich NATO und AUKUS und JAROKUS zusammenwachsen. Ein zwar relativ schwacher Zuwachs für die NATO, aber ein sehr eleganter Weg für die USA die europ. NATO-Kräfte nicht nur nach deren Ermessen, sondern auch formal in den Indopazifik-Konflikt einzubinden.
Aber letztlich ist das alles spekulativ. Und Trump ausserdem viel zu sprunghaft.
Helmut Höft
17. Juli 2024 @ 02:43
“Dabei habe seine Reise ergeben, dass sich ein “Window of opportunity” öffne, …” banaler geht’s ja gar nicht: Um ein Fenster zu öffnen muss man schon die Hand an die Klinke legen, gelle! Schlaue Erkenntnis!
“Zudem beklagt er das Fehlen einer europäischen Strategie” das versteh’ ich nun nicht. Die “Strategie” (Politik) der €U besteht wohl darin, das Fenster öffnen durch einschmeißen und gucken, was dann passiert! (Ironie aus)
Karl
17. Juli 2024 @ 09:14
Trump, sein neuer Vize Vance und sein Gesinnungsgenosse Orban wollen auch keine neue Sicherheitsarchitektur, keine Abrüstungsverträge. Sie wissen gar nicht, was das ist.
Trump will mehr Kosten für Europa vermitteln, also einen “kalten Frieden”, einen “eingefrorenen Krieg” bei gleichzeitiger Eskalation der Drohgebärden: der unendliche Korea-Konflikt als Beispiel. Darüber freut sich der Militärisch-Industrielle Komplex der USA mit seinen kleinen Geschwistern, die europäische Namen tragen, aber mehrheitlich US-Aktionären gehören (wie Rheinmetall): Trump freut sich über viel EU-Steuergeld für den MIK.
So kommen wir vom Starkregen in die Eiszeit. Weder das eine, noch das andere ist im Interesse Europas!
Helmut Höft
17. Juli 2024 @ 14:39
@ Karl
Scharfsinniger Schluss (Fehlschluss?). Ich bin mir sicher, dass Du nicht meinst, dass auch der längste Marsch mit dem ersten Schritt beginnen muss. Erst einmal Frieden – und wenn es ein Trump/Orbán-Frieden ist, dann die „Strategie“ weiterfahren, nur auf dem anderen Gleiß: „Schaun merr ma dann seng merr scho!“
Arthur Dent
16. Juli 2024 @ 23:42
“So ist US-Präsidentschaftskandidat Trump ist im Fall eines Wahlsiegs zu schnellen Friedensvermittlungen zwischen Russland und der Ukraine bereit.
Trump würde sofort nach der Wahl im November loslegen”
– Hmh, warum hat er dann den INF-Vertrag gekündigt? Nur deswegen lassen sich jetzt die Tomahawks in Deutschland aufstellen, die übrigens weder Deutschland noch Europa schützen. Die sind Teil des Multi Domain Task Forces, wie bereits im April 2021(!) bekannt wurde. Deutschland wird wohl die Kosten tragen, über den Einsatz verfügen aber allein die Amerikaner.
Skyjumper
16. Juli 2024 @ 23:06
Der offene Boykott-Aufruf der Kommissionspräsidentin gegen den amtierenden Ratspräsidenten zeigt, neben der aussenpolitischen Inkompetenz, eine Machtverschiebung innerhalb der EU. Aus kurzfristigen, politischen Kalkül heraus wurde ein Präzedenzfall geschaffen. Und kein Ratsmitglied widerspricht. Kein Macron, kein Scholz, widerspricht dieser Mißachtung des Rates als Institution.
In einen der letzten Artikel schrieb @ebo von einen Affront Linders gegen Frankreich. Aber wenn das bereits ein Affront war, was ist dann das jetzige Verhalten gegenüber Orban/Ungarn?
Orban ist ein Machtpolitiker – er wird wahrscheinlich nicht unmittelbar (öffentlich) darauf reagieren. Aber ich würde wetten, das bereits jetzt inoffizielle Stäbe in Ungarn gebildet werden um einen etwaigen (dann gut vorbereiteten) Austritt Ungarns aus der EU zu prüfen. In einigen Jahren kommt dann die Rache – kalt serviert.
Dumm – dümmer – EU
exKK
17. Juli 2024 @ 03:41
„Aber ich würde wetten, das bereits jetzt inoffizielle Stäbe in Ungarn gebildet werden um einen etwaigen (dann gut vorbereiteten) Austritt Ungarns aus der EU zu prüfen.“
Ich denke, die angemessene Reaktion wird von der jetzt drittgrössten Fraktion im EU-Parlament geprüft und serviert werden. Die hat Orban nicht umsonst gegründet.
Skyjumper
17. Juli 2024 @ 09:24
Irgend etwas “angemessenes” wird es wahrscheinlich auch geben. Und das auch ganz öffentlich. Und klar könnten dabei auch die “Patrioten für Europa” eine Rolle spielen.
Stef
16. Juli 2024 @ 16:19
Die EU-Politelite hat vor allem deshalb ein Problem mit Orbans Initiative, weil sie sich kompromisslos auf das Narrativ der Rüstungsindustrie eingelassen hat, nur eine weitere Aufrüstung “sichere” den Frieden, weil Putin uns in drei Jahren angreifen wird. Orban greift diesen Unsinn gleich in mehrfacher Hinsicht an: Er zeigt, dass nur Dialog und Diplomatie zu Frieden führen. Und er bietet Putin die Gelegenheit, wieder seine Gesprächsbereitschaft zu signalisieren.
Die EU-Granden fallen so massiv über Orban her, weil sie die Bevölkerung überzeugen wollen, es sei besser den eigenen lügenden Augen und Ohren sowie seinem Verstand nicht zu trauen und stattdessen ihnen blind in den Abgrund zu folgen. Schon Kleinigkeiten können diese fragile Botschaft stören…
exKK
17. Juli 2024 @ 03:39
Wer so genau weiss, wann es einen Krieg geben wird, der weiss es deshalb so genau, weil er ihn selbst genau so plant.
european
16. Juli 2024 @ 15:00
Das entspricht ziemlich genau dem Szenario, das Erich Vad im Gespraech mit der Weltwoche entworfen hat. Einschliesslich der Mehrkosten fuer die EU, die nicht an den Verhandlungen teilnehmen wird.
Ich finde ja, dass Erfolg sich anders definiert und sollte Orban mit seiner Initiative Erfolg haben, dann war das tatsaechlich eine Friedensmission die den Namen verdient. Ich bin davon ueberzeugt, dass das die tiefsitzende Angst der politischen Harsadeure in Bruessel ist, die ohne Plan und Strategie einfach auf mehr Eskalation zu Lasten der Buerger Europa’s setzen.
Der wirklich alberne Boykottaufruf seitens der EUCO-Praesidentin zeigt einmal mehr ihre Unfaehigkeit zu Konfliktbewaeltigung und Leadership. Sie gehoert nicht in diese Position.
exKK
17. Juli 2024 @ 03:37
“Sie gehoert nicht in diese Position.”
Richtig. Sie gehört auf einen Ponyhof!
Georg
17. Juli 2024 @ 11:10
„Sie gehört auf einen Ponyhof!“
… die armen Ponys, da wird der Tierschutz sicher eingreifen müssen
Michael
16. Juli 2024 @ 14:46
Soweit ich es verstehe war Orban auf einer diplomatischen Sondierungsmission. Es ging darum zu sondieren – oder auch um Vor-Sondierungen – um insbesondere die entscheidenden Positionen Russlands, Chinas und der USA festzustellen. Die Position der EU – ganz wie auch im Fall des Genozids in Gaza – ist höchstens zweitrangig. Historisch gingen Verhandlungen immer politisch diplomatische Sondierungen oder sogar Vor-Sondierungen voraus. In diesem Sinne war Orban weder auf einer Friedensmission, noch hat er Verhandlungen geführt oder führen wollen! Auch wenn ich ein Gegner der Orban‘schen „Illiberalität“ bin stelle ich fest dass sich Orban verdient gemacht hat, sehr zur Schande der EU!
Skyjumper
16. Juli 2024 @ 13:33
Ich hoffe einmal (und glaube das auch), dass Orban sich auch mit den entscheidenen Positionen der Ukraine vertraut gemacht hat. Denn auch diese werden in 4-Augen-Gespräch wahrscheinlich etwas anders aussehen als offiziell verlautbart.
China und die USA mögen wichtige Rahmennationen sein, aber die unmittelbar betroffenen Kontrahenten sind die Ukraine und Russland.
Michael
16. Juli 2024 @ 17:58
Ihre Ansicht in Ehren, aber die Ukraine ist nicht mehr als ein Bauernopfer.
Skyjumper
16. Juli 2024 @ 20:19
Bin ich ja bei Ihnen. Aber das Bauernopfer muss am Ende unterschreiben. Und es hatte (hat) die Opfer. Ohne Gesichtswahrung, auch für die Ukraine, wird das nix.