Was Lagarde verspricht – Was Conte fordert

Die kommende Präsidentin der Europäischen Zentralbank will die Zinsen niedrig halten, wie bisher. Allerdings sollen künftig auch die Finanzminister helfen, die Konjunktur zu stützen. Und dann sind da noch die Bürger…

Die Geldpolitik der Eurozone soll moderner, bürgernäher und ein wenig grüner werden. Dies hat die designierte neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, im Europaparlament angekündigt.

Die erste Frau an der Spitze der EZB will im November die Nachfolge von Mario Draghi übernehmen – und wirbt nun für ihren Kurs, der sich zunächst kaum von dem des Italieners unterscheidet.

Grundsätzlich wolle sie der lockeren Linie Draghis treu bleiben, sagte Lagarde, die zuletzt den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington geleitet hatte.

Die Wirtschaft in der Euro-Zone sei mit einigen Risiken konfrontiert, erklärte die 63-jährige Französin. Neben dem amerikanisch-chinesischen Handelskrieg nannte sie auch die Gefahr einer Rezession etwa in Deutschland.

Die Inflation im Währungsraum sei zu niedrig und liege unter der Zielmarke von zwei Prozent. „Ich stimme daher mit der Ansicht des EZB-Rats überein, dass eine hochgradig konjunkturstützende Geldpolitik für eine längere Zeit gerechtfertigt ist.“

Gleichzeitig müsse die Notenbank aber auch die negativen Effekte einer unkonventionellen Geldpolitik im Blick haben. Das sind neue Töne, die man von Draghi so nicht gehört hat.

Mit Nullzinsen und massiven Anleihekäufen hatte die EZB in den letzten Jahren geholfen, die Folgen der Finanz- und Eurokrise zu überwinden.

Die lockere Geldpolitik trug jedoch auch dazu bei, den Ertrag von Sparguthaben zu drücken und – vor allem in Deutschland – Ärger über den Euro und die EZB zu schüren.

Sie werde nicht nur auf die Märkte, sondern auch auf die Bürger hören, versprach Lagarde. Vor allem aber dürfte sie versuchen, die Geldpolitik besser zu verkaufen…

Siehe auch „Die EZB schlägt Alarm“ und „So viel Macht hat die EZB“

Watchlist

  • Kommen Neuwahlen in Großbritannien? Am Mittwochabend hat das Unterhaus ein Gesetz verabschiedet, das einen „No Deal“, also den harten Brexit, verhindern soll.
  • Premier Johnson will das nicht hinnehmen und sich den Wählern stellen – doch dafür braucht er die Unterstützung von Labour-Führer Corbyn. Und der stellt Bedingungen.
  • In dem Hin und her geht völlig unter, dass die EU weiterhin nicht bereit ist, den umstrittenen Brexit-Deal zu ändern. Inhaltlich ist man in Brüssel und London keinen Millimeter weitergekommen!

Was fehlt

  • Die neue Mitte-Links-Regierung in Rom. Sie soll am Donnerstag vereidigt werden. Ministerpräsident Conte hat Lega-Chef Salvini ausgebootet und setzt nun auf eine Koalition aus Fünf-Sternen und Sozialdemokraten.
  • In der Europapolitik deutet sich – abgesehen von der Migrationspolitik – keine große Änderung ab. Conte war bisher schon Ansprechpartner der EU-Kommission; er will sich nun um noch engere Beziehungen bemühen.
  • Wirtschaftspolitisch bleibt es spannend. Man hoffe, die „exzessive Strenge“ in der Haushaltspolitik zu überwinden, heißt es in einem Entwurf. „Es sind Regeln nötig, die sich auch am Wachstum und nicht bloß an der Stabilität orientieren“. Unter Juncker war das kaum möglich – ob es unter von der Leyen besser wird?