Was Johnson wirklich will

Was will Boris Johnson in den Gesprächen mit der EU erreichen? Offiziell dreht sich alles um den Backstop für Irland – und um die Kontrollen an der irischen Grenze. Doch in Wahrheit geht es um mehr.

Es geht um ein liberales Programm, wie es im Buche steht. Liberal – nicht neoliberal. Denn Johnson hat mit dem Austeritäts-Dogma seiner Vorgänger gebrochen; er greift tief in die Staatskasse, um den Brexit-Schock zu überwinden.

Dieses liberale Programm setzt auf neue Freihandels-Abkommen etwa mit den USA, niedrigere Steuern und niedrigere Sozial- und Umweltstandards. Das Ziel lässt sich mit „Singapur-on-Thames“ umschreiben – und als Dumping zulasten der EU werten.

Der erste Schritt dahin ist, den Backstop für Irland zu streichen. Denn in der aktuellen Fassung würde der Backstop ganz UK in der Zollunion mit der EU halten, was den Abschluss neuer Freihandelsabkommen mit Drittstaaten unmöglich macht.

Der zweite Schritt ist, das „Level playing field“ zu streichen, zu dem sich Johnsons Amtsvorgängerin May in der Politischen Erklärung bereit erklärt hat, die dem Austrittsvertrag angehängt werden soll. Diese Erklärung würde Johnson gerne ersatzlos streichen.

Der dritte Schritt ist, die Übergangsphase nach dem Brexit zu verkürzen, damit UK sich schneller aus den Verpflichtungen gegenüber der EU lösen kann. Johnson hat schon angekündigt, dass diese Phase nicht zwei Jahre dauern soll, sondern Ende 2020 endet, wie ursprünglich vereinbart.

All das bereitet der EU große Bauchschmerzen. Doch öffentlich will sie das nicht sagen. Lieber tut man so, als sei von Johnson noch nichts gekommen – und als drehe sich die Debatte einzig und allein um den Backstop. In Wahrheit wird schon verhandelt – mit ziemlich harten Bandagen…

Einen guten Einblick in die Gespräche zum Backstop vermittelt dieser Thread auf Twitter: