Was heißt hier “europäische Lösung”?

Im Streit mit der CSU um die Flüchtlinge beruft sich Kanzlerin Merkel auf eine “europäische Lösung”. Doch was bisher geplant ist, wäre eher eine deutsche Lösung, wie 2015. Und selbst die ist gescheitert.

Wir erinnern uns: Nach dem deutschen Alleingang bei der Grenzöffnung 2015 wuchs Merkel die Lage schnell über den Kopf. In ihrer Not rief sie schon damals nach einer “europäischen Lösung” – auch andere EU-Staaten sollten Flüchtlinge aufnehmen.

Doch trotz mehrerer Krisentreffen einer “Koalition der Willigen” in der österreichischen (!) EU-Botschaft in Brüssel (Wien stand damals noch auf Seiten der Kanzlerin) blieb die “europäische Lösung” eine Chimäre.

Als sich Österreich dann für eine Schließung der (westlichen) Balkanroute stark machte, wollte Merkel von dieser europäischen (Teil-)Lösung urplötzlich nichts mehr wissen – und warf sich Sultan Erdogan in die Arme.

Seither hat die EU einen Großteil ihrer Flüchtlingspolitik an die Türkei ausgelagert. Merkels Rede von der “europäischen Lösung” hat sich als Illusion erwiesen – am Ende hat sie sie selbst verraten.

Ähnlich könnte es auch nun wieder laufen. Denn die Kanzlerin strebt offenbar Abkommen mit Griechenland und Italien an, wie sie Frankreich schon hat. Sie sollen den Zuzug nach Deutschland begrenzen.

Das wären zunächst aber nur bilaterale Absprachen, keine europäischen. Sie können die überfällige Reform des Asylrechts nicht ersetzen und auch keine wie auch immer geartete Solidarität auf EU-Ebene begründen.

Um diese Absprachen noch bis zum EU-Gipfel in zwei Wochen zu treffen, müsste Merkel zudem massiven Druck auf Athen und Rom ausüben. Deutschland würde wieder als Oberlehrer auftreten – “europäisch” ist das nicht…

P.S. In Brüssel kursiert das Gerücht, dass Italien sich nicht mehr an Merkels Türkei-Deal beteiligen will. Wenn sich das bestätigt, würde es den Druck weiter erhöhen – das Kartenhaus der Kanzlerin wackelt bedrohlich…