Warum John Le Carré den Brexit fürchtet

Der britische Schriftsteller John le Carré hat einen irischen Pass beantragt, um nach dem Brexit EU-Bürger zu bleiben. Er hat Angst um sein Land – und setzt große Hoffnungen in die EU. Leider sind die nicht sehr realistisch.

„Ich habe wirklich Angst, Europa zu verlassen“, sagte Le Carré in einem dpa-Interview. Durch den Austritt aus dem größten Wirtschaftsblock der Welt könne sein Land nur verlieren.

Sorgen bereitet dem auf Spionage-Thriller spezialisierten Schriftsteller auch Premier Johnson. „Mein Gefühl ist, dass er sofort gestoppt werden muss.“, sagte er. „Es gibt keine Logik mehr in Johnsons Geschrei.“

Johnson werde von denselben gefährlichen Impulsen angetrieben wie US-Präsident Trump. Er habe Narzissmus zu einer Kunstform gemacht und sei ein „eingefrorenes Kind“.

Und was verspricht sich Le Carré von der EU? „Wenn wir in Europa blieben, hätte ich die Hoffnung, dass eine neue Generation von Politikern die deutsch-britische Allianz wiederbeleben würde.“

Nun ja, wir hatten tatsächlich mal eine deutsch-britische Allianz – und zwar genau bis zum Juni 2016, bis zum Brexit-Referendum. Bis dahin waren Ex-Premier Cameron und Kanzlerin Merkel die dicksten Freunde.

Gemeinsam haben sie das EU-Budget zusammengestrichen und verhindert, dass sich Europa zum „Gegengewicht“ der USA entwickeln konnte, wie es Frankreich fordert – und nun auch Le Carré wünscht.

Unter Merkel und Cameron wurde auch die Türkei umgarnt (was Brexiteers zu der falschen Behauptung brachte, das Land stünde kurz vor dem Beitritt) und die Austerität hochgehalten (die Johnson nun beenden will).

Man kann natürlich hoffen, dass es besser würde, wenn UK es sich noch einmal überlegt und doch in der EU bleibt. Allerdings schickt sich Deutschland gerade an, die Rolle Großbritanniens zu übernehmen.

Merkel möchte – wie einst Thatcher – „ihr Geld“ zurück. Und sie steht auf der Bremse, wenn es gilt, Trump endlich einmal Paroli zu bieten, etwa in der Handelspolitik.

In einem Punkt müssen wir Le Carré allerdings recht geben: „Wir haben damals, am Ende des Kalten Krieges, die Chance verpasst, zu einer neuen Weltordnung zu finden. Es gab keine große Vision.“

Zu dumm, dass es sie heute auch nicht gibt – nicht einmal in der EU

Siehe auch „Brexit: Der große Überdruss“