Warum diese Wahl eine demokratische Zumutung ist

Der Countdown läuft. In wenigen Tagen geht die Europawahl zu Ende, und damit auch einer der langweiligsten und unehrlichsten Wahlkämpfe der EU-Geschichte.

Langweilig war es, weil niemand EU-Kommissionschefin von der Leyen ernsthaft herausgefordert und ihre Bilanz infrage gestellt hat. Nicht mal ihre zahlreichen Affäre und Skandale wurden thematisiert.

Unehrlich war es, weil das Parlament die Illusion aufrecht erhalten hat, der Wähler könne über die nächste Kommission und die künftige EU-Politik mitbestimmen. Beides ist falsch.

Die Kommissionsspitze wird von den Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel Ende Juni nominiert, das Parlament darf sie nur noch absegnen.

Von der Leyen ist gesetzt. Selbst wenn sie es nicht wird, entscheiden die Chefs – nicht die Wähler. Die Spitzenkandidaten spielen dabei keine entscheidende Rolle.

Und die EU-Politik ist schon weitgehend festgeklopft. Ukraine, Migration, Klima – längst hat Brüssel die groben Linien abgesteckt.

Beim Gipfel im Juni wird auch noch eine “strategische Agenda” beschlossen – die Wähler haben darauf keinen Einfluß. Selten war die Wahl so eingeschränkt.

Die EU-Politiker müssen eine Heidenangst vor den Wählern haben – anders ist kaum zu erklären, warum sie alle wichtigen Entscheidungen vorweggenommen haben.

Aber es geht doch um die Verteidigung der Demokratie, um den Kampf gegen Rechts? Richtig.

Eine selbstbewußte Demokratie sollte ihren Bürgern aber nicht mißtrauen – sondern sie ermächtigen, aktiv mitzubestimmen.

Davon kann diesmal keine Rede sein, die Wahl ist deshalb eine Zumutung. Das viel beschworene “demokratische Defizit” – nie war es größer als heute.

Siehe auch meinen Kommentar für die taz “Eine demokratische Zumutung”. Mehr zur Europawahl hier.