Zwischen Festival und „Wünsch-Dir-Was“

Die „Konferenz zur Zukunft Europas“ nimmt Gestalt an. Nach dem Parlament hat auch die EU-Kommission erste Ideen entwickelt. Doch der Bürgerdialog hat kein klares Ziel, er könnte sogar der Demokratie schaden.

Davor warnt die „Bertelsmann Stiftung“ in einem Diskussionspapier. Gut gemachte Bürgerbeteiligung steigere das Vertrauen in die Demokratie, heißt es darin. Wird sie jedoch schlecht gemacht, so könne sie auch Schaden anrichten.

Dies gelte vor allem, wenn die Konferenz ein reines PR-Manöver wird und ohne praktische Folgen – also Reformen – bleibt. Dann würden sich die Bürger enttäuscht abwenden oder in ihren Vorurteilen gegen die EU bestätigt fühlen.

Doch genau das droht, wenn die Vorbereitung der Konferenz so weiter läuft wie bisher. Jede EU-Institution präsentiert ihre eigene Wunschliste – doch es gibt keinen klaren Plan, und schon gar kein erkennbares Ziel.

Dies gilt auch für den Entwurf der EU-Kommission, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Behördenchefin von der Leyen wolle „Festivals statt institutioneller Reform“, resümiert die „Süddeutsche“ den Vorschlag.

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Selbst beim zentralen Thema – der Demokratie – bleibt die Kommission vage. So werden die (2019 gescheiterten) Spitzenkandidaten und die (bisher fehlenden) europaweiten Wahllisten nur beiläufig und vage erwähnt.

Dabei ist eine klare Zielsetzung nötig, wenn die Konferenz zum Erfolg werden soll. Das hat eine Bürgerbeteiligung in Irland gezeigt. Dort ging es um ein konkretes Thema – die Abtreibung. Und es gab ein Ziel – die Volksabstimmung.

Das führte zu einer hohen Beteiligung, und am Ende auch zum Erfolg. Nichts davon zeichnet sich in der EU ab. Es geht nicht um ein Thema, etwa die Demokratie, sondern um ganz viele – vom Klimaschutz bis zum Weltfrieden.

Und von einer klaren Perspektive kann auch keine Rede sein. Ein Referendum ist ebenso wenig geplant wie eine (wiederholt versprochene) EU-Reform. Was bei der Bürgerbeteiligung herauskommen soll, lässt man bewußt offen.

Die Leute dürfen sich ‚was von EUropa wünschen – doch wann und wie die Wünsche in Politik umgesetzt werden, weiß niemand. Wenn man den Bürgerdialog so vage anlegt, dann wird er wohl auch nicht zu Reformen führen.

Dabei war das doch die Idee, als Frankreichs Präsident Macron die Zukunftskonferenz auf die Agenda setzte. Sie soll die „Renaissance“ der EU einleiten. Doch nun könnte sie selbst im Räderwerk der Brüsseler Institutionen zerrieben werden…

Siehe auch „Die Bürger sollen mitreden – ein bisschen“ und „Ist das ‚deutsche Europa‘ noch reformierbar?“

Watchlist

Wenn es um die Rechte von Abgeordneten in Katalonien geht, dann schaut die EU lieber weg. Doch in Venezuela hält sie die parlamentarische Demokratie hoch. Nun hat man den selbsternannten Interimspräsidenten Guaidó nach Brüssel geladen. Guaidó trifft den EU-Chefdiplomaten Borrell und Kommissionsvize Schinas – den Mann für den „European way of life“. Was das wohl geben soll?

Was fehlt

  • Finanzpolitik: Österreich kritisiert deutschen Entwurf für Finanztransaktionssteuer – DLF
  • Außenpolitik: Moskau will mehr Zusammenarbeit mit der EU – Euronews
  • Datenschutz: Massenüberwachung von Fluggastdaten in Turbulenzen – Netzpolitik
  • Handelspolitik: Trump threatens to tariff European autos if EU trade talks fail – The Hill
  • Davos. Too much noise!