Wagenknechts Aufstieg, Barniers Comeback – und Abfuhr für Selenskyj
Die Watchlist EUropa vom 07. September 2024 – heute mit der Wochenchronik.
Die Woche stand im Zeichen der Landtagswahlen in Ostdeutschland und des Regierungswechsels in Frankreich. In Sachsen und Thüringen hat sich gezeigt, wie wenig Rückhalt die Bundesregierung noch hat. Die Ampel wankt, Kanzler Scholz führt nicht mehr.
Eine zentrale Rolle fällt nun Oppositionsführer Merz und – wer hätte das gedacht – BSW-Chefin Wagenknecht zu. Merz muß versuchen, neue Mehrheiten im Osten zu organisieren. Wenn er die erstarkte AfD umgehen will, kommt er an Wagenknecht nicht mehr vorbei.
Der Aufstieg der ehemaligen Linken-Politikerin ist atemberaubend. Schon bei der Europawahl legte ihr BSW ein beachtliches Ergebnis hin. Doch während sie in Brüssel noch das Ziel verfehlte, eine Fraktion zu bilden und die EU-Politik mit zu prägen, scheint ihr dies in Berlin zu gelingen.
Ihre Themen sind in aller Munde
Plötzlich muß Merz über eine mögliche Zusammenarbeit mit dem BSW reden. Plötzlich sind Wagenknechts Themen – die Ukraine-Politik und die Migration – in aller Munde. Das findet europaweit Beachtung: “Sahra Wagenknecht is Germany’s rising political star”, schreibt der “Economist”
Ob das BSW sich auch in der EU Gehör verschaffen kann, bleibt abzuwarten – das dürfte sich erst nach der Landtagswahl in Brandenburg zeigen. Aber schon jetzt macht man sich in Brüssel Sorgen, weil Scholz schwächelt und die Unterstützung für seine Ukraine-Politik bröckelt.
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Für eine gewisse Erleichterung sorgt hingegen das Comeback von M. Barnier. Der frühere EU-Kommissar und Verhandlungsführer für den Brexit wird in Brüssel als “einer von uns” gesehen. Allerdings leidet er unter massivem Gegenwind in Frankreich und mangelnder Legitimation.
Wenn Barnier nun auch noch anfangen sollte, die harten Sparauflagen der EU-Kommission umzusetzen – schon im Oktober soll es losgehen – könnte er ebenso schnell wieder gestürzt werden, wie er gekommen ist. Die um die Wahl betrogene französische Linke macht schon mobil...
Was war noch? In Kiew hat Präsident Selenskyj die halbe Regierung ausgewechselt, darunter auch den beliebten Außenminister Kuleba. Die EU will vorab nicht informiert worden sein. Selenskyjs Coup nimmt sie jedoch ebenso klaglos hin wie dessen zunehmend unberechenbaren Kriegskurs.
Bei einem Kriegsrat mit den USA, Deutschland und anderen Alliierten in Ramstein hat Selenskyj mehr westliche Waffen gefordert und verlangt, diese auch für Militärschläge tief im russischen Hinterland nutzen zu dürfen. Nach allem, was man hört, holte er sich allerdings eine Abfuhr ein.
Deutschland sagte zwar mehr Waffen zu, gab jedoch kein grünes Licht für Selenskyjs Eskalations-Strategie. Auch die USA halten sich (noch?) zurück. Es sei falsch, auf bestimmte Ziele oder Waffensysteme zu setzen, erklärte Austin laut “Washington Post”. Ein definitives Nein ist dies aber nicht…
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european
8. September 2024 @ 20:29
Heute hat unser Bundeskanzler im Sommerinterview gesagt, dass der Krieg in der Ukraine so zügiger beendet werden muss, als es im Moment aussieht.
„Es wird auf alle Fälle eine neue Friedenskonferenz geben und der Präsident und ich sind uns einig, dass Russland dabei ist.“
https://x.com/Vwadi007/status/1832835059046310206
Diese späte Erkenntnis hat viele tausend Menschenleben gekostet. Dieser Krieg hätte überhaupt nicht stattfinden müssen. Was für ein Desaster.
ebo
8. September 2024 @ 23:11
Hab’s auch gesehen, doch ich denke, das hat Scholz vor allem mit Blick auf die Wahl in Brandenburg gesagt.
Da gibt er wieder den “Friedenskanzler” – dabei steht noch nicht einmal ein Termin für den nächsten “Friedensgipfel” fest. Der letzte war ein Flop…
exKK
9. September 2024 @ 01:11
Hätte mir heute gern Wagenknecht bei Miosga angesehen, aber die eher an einen Schauprozess gemahnende “Gesprächsführung” Miosgas hat es mich nach kurzer Zeit nicht mehr ertragen und schnell ausschalten lassen. Widerlich – und sicher nicht das, was mit der gesetzlich verankerten Neutralität des ÖRR gemeint sein kann!
exKK
9. September 2024 @ 01:02
@ european:
“…und der Präsident und ich sind uns einig…”
Welcher Präsident? Da gäbe es ja einige… Präsident Putin wird er wohl nicht gemeint haben, mit dem redet er ja nicht.
european
9. September 2024 @ 11:23
Interessante Wortwahl, das finde ich auch. Sie sagt viel ueber das amerikanisch-deutsche Verhaeltnis aus. Er hat ja nicht gesagt „Praesident Biden und ich sind uns einig.“ Damit waeren nach meiner Ansicht beide auf Augenhoehe gewesen. Er sagt „Der Praesident und ich“, was so klingt wie „Der Boss und ich“.
Es ist schon klar wer in dieser „Beziehung“ Koch und wer Kellner ist. Deutschland hat nichts zu sagen. Die EU auch nicht.
KK
9. September 2024 @ 14:40
@ european:
Vielleicht hat er ja auch “Mein Präsident” wenn nicht gesagt, so doch gemeint… 😉
KK
9. September 2024 @ 15:59
@ european:
Auch Saskia Eskens Bekenntnis bezüglich des Zeitpunkts der Bekanntgabe der Raketenstationierung der USA auf deutschem Bodenb, das hätten „die Amerikaner so beschlossen“, lässt da tief blicken, inwieweit die deutsche Regierung Herr im eigenen Hause bzw. Lande ist…
Josef Berchtold
8. September 2024 @ 09:58
Ukraine. Es kommt der Winter und in der Ukraine sind großteils die Wärmekraftwerke von den Russen zebombt worden. Es USA ziehen den Krieg in die Länge. Da schadet der EU. Der Krieg muss bald enden, deshalb mehr Waffen liefern, bessere, weitreichendere. Die Ukraine hat nichts den russischen Gleitbomben entgegen zu setzen. Das muss aufhören, sonst zieht sich der Krieg in die Länge. Endlich Donnerschläge gegen die russischen Flughäfen und Militäreinrichtungen. Frieden und dann schnell Sanktionen aufheben. Die Sanktionen schaden Deutschland erheblich. Auch der deutsche Kanzler zieht den Krieg in die Länge, unfassbar.
exKK
8. September 2024 @ 17:07
“Endlich Donnerschläge gegen die russischen Flughäfen und Militäreinrichtungen.”
Und endlich Weltkrieg? HURRRRAAAA!!!
Die Ukraine kann das nicht, sonst hätte sie es schon gemacht; bliebe für solche Ideen nur die NAhTOd – mit dem dann wohl oben angefragten Ergebnis…
…was den Krieg nicht nur noch viel weiter in die Länge, sondern auch auf mindestens EUropa, wenn nicht gleich die ganze Welt ausdehnen würde. Nahost und der Indopazifik warten ja auch schon drauf.