Waffen sind nur der Anfang: Was Scholz der Ukraine alles verspricht
Sie wurde kaum zur Kenntnis genommen. Dabei enthält die „gemeinsame Erklärung“, die Kanzler Scholz und Präsident Selenskyj in Berlin unterzeichnet haben, sehr weitreichende Versprechen. Sie binden Deutschland bis weit nach dem Krieg – die Ukraine hingegen gar nicht.
Bisher war Deutschland vor allem durch EU-Beschlüsse an die Ukraine gebunden. Doch mit dem Besuch Selenskyjs in Berlin hat sich dies grundlegend geändert.
Kanzler Scholz hat nicht nur weitere Waffenlieferungen im Wert von 2,7 Mrd. Euro zugesagt. Er hat auch Versprechen gemacht, die Deutschland bis weit nach dem Krieg binden.
Hier einige Auszüge aus der „Gemeinsame(n) Erklärung der Ukraine und Deutschlands“:
- Deutschland wird die Ukraine weiterhin politisch, finanziell, humanitär und militärisch unterstützen, solange es nötig ist – sowohl einzelstaatlich als auch im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit in der Europäischen Union, G7, NATO, den Vereinten Nationen und in anderen Formaten.
- Des Weiteren hat Deutschland insgesamt mehr als 11 Milliarden Euro für 2023 und darüber hinaus vorgesehen, um die militärische Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen.
- Die Ukraine und Deutschland sind sich einig, dass es nötig ist, unseren gemeinschaftlichen Druck auf Russland und auf diejenigen, die seine Kriegsanstrengungen unterstützen, durch weitere Sanktionen aufrechtzuerhalten und zu erhöhen, um Russlands Fähigkeit zu schwächen, seinen illegalen Angriffskrieg fortzuführen.
- Deutschland bekennt sich gemeinsam mit internationalen Organisationen sowie europäischen und internationalen Partnern dazu, sich an der wirtschaftlichen Erholung und dem Wiederaufbau der Ukraine zu beteiligen.
- Die Ukraine und Deutschland erklären ihre Bereitschaft, ihre bilateralen Wirtschaftsbeziehungen in allen Bereichen weiter zu stärken. (…) Darüber hinaus unterstützt Deutschland aktiv die Modernisierung und den Wiederaufbau der ukrainischen Energiewirtschaft einschließlich der Energieinfrastruktur durch die bilaterale Energiepartnerschaft.
Noch mehr Milliarden für den Krieg in der Ukraine, noch mehr Sanktionen gegen Russland und uneingeschränkte Hilfe beim Wiederaufbau: Scholz hat offenbar alle Bedenken beiseite geschoben. Nicht kleckern, sondern klotzen, so die Devise.
Seine Zusagen reichen in weite Ferne. Wir sprechen über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte (wenn es um den EU-Beitritt geht). Woher hat der Kanzler eigentlich das Mandat, um Deutschland so lange und so stark an ein Nicht-EU-Mitglied zu binden?
Und wieso bindet sich nur Deutschland, nicht aber die Ukraine? Der Text enthält keine einzige Verpflichtung für Kiew – dafür umso mehr für Berlin. Scholz hat es zudem versäumt, seine Versprechen an Bedingungen zu binden.
Keine diplomatische Initiative
Warum wird die Waffenhilfe nicht konditioniert? Wo steht, dass die Ukraine die deutschen Waffen nicht zweckentfremden darf – etwa für einen Angriff auf Russland? Scholz verlässt sich auf mündliche Zusagen, legt sich selbst jedoch fest.
Und er begeht den Fehler, sich auf die vage, nicht einmal fertige „ukrainische Friedensformel“ als „Ausgangspunkt für weitere Beratungen“ festzulegen. Damit gibt er das Heft für eigene diplomatische Initiativen endgültig aus der Hand.
Jetzt fehlen eigentlich nur noch Kampfjets – und das grüne Licht zum Nato-Beitritt. Doch selbst das wird schon vorbereitet…
Siehe auch „Erst siegen, dann verhandeln? Das glauben nur die Deutschen„. Mehr zum Krieg um die Ukraine hier
P.S. Die deutsch-ukrainische Erklärung bestätigt meine Einschätzung im „Presseclub“ im Januar, dass Scholz mit der Lieferung von Kampfpanzern alle roten Linien aufgegeben hat. Er macht sich ukrainische Positionen zu eigen, ohne selbst Strategien oder Ziele zu formulieren. Damit zieht er Deutschland wie ein Schlafwandler immer tiefer in den Krieg…
Stef
16. Mai 2023 @ 09:06
@ebo: Sehr gut analysiert: „Scholz geht ja genau deshalb in die Vollen, weil er einen Machtwechsel in Washington einkalkuliert. Dann, so heißt es in Berlin und Brüssel, müssten Deutschland und die EU bereit sein, auch ohne US-Hilfe für die Ukraine zu kämpfen. Darauf bereitet man sich vor. Dies erklärt auch, weshalb die Europawahl in den Überlegungen und Ankündigungen keine Rolle spielt, sehr wohl aber die Präsidentschaftswahl in den USA…“
Im Grunde erfüllt dies vollständig die Kriterien eines ausgewachsenen Stockholm-Syndroms. Überlegt man das zuende, dann bedeutet dies, dass unsere Bundeskanzler dem demokratischen Machtwechsel in den USA weniger Bedeutung beimisst als der Kontinuität des Deep State. Ein Rückzug der USA aus der ersten Reihe des Ukraine-Konflikts und ein Ende der finanziellen Unterstützungen bedeutet wohl noch lange nicht, dass die Spielräume für Deutschland zunehmen, sich ebenso zu verhalten.
Es gibt in dem Ganzen aber mindestens eine Variable, die für Scholz gefährlich wird. Die öffentliche Meinung wird zunehmend Schwierigkeiten haben, dieser Linie zu folgen. Und die veröffentlichte Meinung wird Schwierigkeiten haben, diese zu decken. Dies dürfte Scholz als Machttaktiker lange erkannt haben, er verhält sich dennoch anders.
@european: Dass sich Scholz nicht viel stärker taktische Hintertüren offenhält, bewerte ich ebenfalls als Indiz für einen gut gefüllten Kompromatkoffer bei der CIA.
Arndt-Herold, Franz
16. Mai 2023 @ 08:23
Da hat also Baerbock, als Minenhund, nur die Linie der Regierung vertreten, die zu diesem Zeitpunkt wohl schon definiert worden ist.
Auch mein Denkfehler, dies als intellektuelle, sprachliche Minderleistung aufgefasst zu haben.
Hinsichtlich Scholzens intellektuellen Fähigkeiten und seinem logisches Denken bin ich allerdings nicht so optimistisch wie HEKLA (s.o.)
Man lese den Schriftwechsel zwischen der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg und dem Anwalt G. Strate (auf dessen Blog) in der Causa Cum Ex und Warburg-Bank (Erinnerungsvermögen, Verjährung der 45 Mio. Forderung bedingt vorsätzlich herbeigeführt)
Cornelia Henke
16. Mai 2023 @ 07:41
@Bogie
Genau so ist es! Ich bin erschüttert, von der ständigen Kriegsrhetorik und überzeugt das Wort „Frieden“ wird zum Unwort des Jahres 2023 stilisiert (hahahaha). Die Stellvertreterkriege nehmen weltweit zu und sind inzwischen fast flächendeckend. Ich habe große Angst, dass in meiner Heimat (im Osten Deutschlands) die AfD stärkste Kraft wird. Viele erkennen langsam die Wahrheit über die propagierten „Westlichen Werte“ und „Menschrechte“, aber kommen zu den falschen Schlussfolgerungen.
Sie fühlen sich verraten, da sie viele Risiken auf sich genommen hatten, um in „Freiheit“ zu leben und ihre Meinung äußern zu können. (Beides im Sinkflug! Mit der „Friedlichen Revolution“ – in die Falle getappt. Wohlstand – leider nur auf Zeit- die Uhr tickt.)
Wenn man dem “Fluss des Geldes“ folgt, sieht man die Rüstungsindustrie eindeutig als Gewinner. (Ein Schalk der böses denkt).
Ich bin überzeugt, dass unser Fernsehprogramm, mit all seinen seichten, verdummenden Beiträgen sein Ziel nicht erreicht hat und die Menschen sich nicht in konsumierende Zombies verwandelt haben. Wir sind nicht die schweigende Mehrheit und nicht der dumme Osten „mit seiner Tendenz sich für das „Rechte“ oder „Linke“ Spektrum zu entscheiden.
Ich bin kein Fatalist und suche nach einer Möglichkeit diesem Wahnsinn etwas entgegenzusetzen. (Schon klar – wir können die Welt nicht retten, aber was können wir als Demokraten und Pazifisten tun?). Auch wenn wir nicht gewinnen können, wäre es doch ein böser Witz der Geschichte, wenn der klägliche Rest der Menschheit nach dem 3. Weltkrieg wieder mit einem unschuldigen Augenaufschlag sagt: „Davon haben wir nichts gewusst.“
Diese Frage möchte ich an die Runde weitergeben:
Was können wir tun, um nicht schulterklopfend in den 3. Weltkrieg zu stolpern? (Festkleben kann ich ausschließen.) Cornelia Henke
KK
15. Mai 2023 @ 23:18
@ Hekla:
„…und vermutlich wird ausgerechnet der Sozialdemokrat Scholz als Kriegskanzler in die Geschichte eingehen, der sein Land mit genauso falschen Gründen und Zielen, ohne Not, ohne angegriffen oder bedroht worden zu sein, in einen Krieg führt.“
Nach dem nächsten Krieg wird es keine Geschichte – zumindest keine europäische – mehr geben! Herr Scholz kann da ganz beruhigt sein!
Arthur Dent
15. Mai 2023 @ 23:14
Alleinherrscher Olaf – die Regierung bin ich! Führerkult, Sündenbockphilosophie, Militarismus – woran erinnert mich das bloß? Und dass ein Regierungschef Empathie für Hans & Lieschen Müller empfinden würden und Politik für´s Volk machen würden, ist eher ein Gerücht. Da sei „profit over people“ vor.
european
15. Mai 2023 @ 21:57
Ich möchte gern auf dieses Interview mit Patrik Baab hinweisen, in dem er auch auf dieses Thema eingeht und vom „Selbstmord Europas“ spricht. Man muss kein Endzeitbeschwörer sein, um ihm da zuzustimmen.
https://www.youtube.com/watch?v=ZvcmP9m8fMw
Insgesamt sehr hörenswert.
Hekla
15. Mai 2023 @ 20:14
Ich glaube nicht, dass Scholz schlafwandelt; durchschnittliche Intelligenz und die Fähigkeit zum kognitiven Denken setze ich jetzt einfach mal voraus. Ich bin inzwischen überzeugt, dass ihm dieses Land einfach nur egal ist. Weder sehe ich bei ihm Anzeichen von Demut vor der Aufgabe, für das Schicksal von über 80 Millionen Menschen verantwortlich sein zu DÜRFEN noch habe ich das Gefühl, dass er eine emotionale Bindung zu diesem Land und dessen Bevölkerung hat. Ich werde nie vergessen, wie er letztes Jahr bei einer Veranstaltung Menschen, die für sofortiges Ende des Krieges und Frieden in der Ukraine demonstriert haben, von der Bühne aus niedergebrüllt und praktisch beschimpft hat. Dagegen aber seine wiederholten, auch gestern geäusserten „Slava Ukrainii‘-Rufe…
Deutschland hat schon zweimal aus den falschen Gründen und mit den falschen Absichten einen Weltkrieg entfesselt – und vermutlich wird ausgerechnet der Sozialdemokrat Scholz als Kriegskanzler in die Geschichte eingehen, der sein Land mit genauso falschen Gründen und Zielen, ohne Not, ohne angegriffen oder bedroht worden zu sein, in einen Krieg führt.
Sind die „Freiheit“ der Ukraine und die äusserst zweifelhaften Werte, die Selenskyj vorgibt zu vertreten, für Scholz auch einen 3. Weltkrieg wert? Ist es im Interesse der deutschen Bevölkerung, auf Gedeih und Verderb von Entscheidungen einer fremden, nämlich der ukrainischen Regierung abhängig zu sein?
european
15. Mai 2023 @ 19:40
Was heißt das denn „Solange es nötig ist.“? Das sind so Sätze, die mich ratlos zurücklassen.
Nach wie vor bin ich davon überzeugt, dass Scholz erpresst wird. Anders kann ich mir dieses Verhalten gegen Bevölkerung und Vernunft nicht erklären. Was ist denn, wenn in USA die Republikaner die nächste Wahl gewinnen? Sowohl Trump als auch DeSantis wollen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Geld wird dann von dort auch nicht mehr fließen. Was ist mit der deutschen Wirtschaft? Über 10% Auftragseinbruch von März zum April. Im Frühjahr, also dann wenn normalerweise die Aufträge eintrudeln, weil vielerorts im Ausland das Steuerjahr Ende März-Anfang April endet. Die Unternehmen stehen wegen der hohen Kosten (Energie, Zinsen..) auf der Investitionsbremse.
https://www.merkur.de/wirtschaft/hohe-kosten-viele-mittelstaendler-auf-investitionsbremse-zr-92258979.html
Dazu kommt das Habeck’sche Heizungsfiasko, das viele Leute aus ihrem Häuschen treiben wird. Die Preise für ältere Häuser sind bereits im Sinkflug. So manche Altersversorgung geht damit flöten. Die Quittung folgt auf dem Fuß. Die Grünen sind in Bremen regelrecht und voll zu Recht abgestürzt. Noch schlimmer sieht es aus, wenn man bedenkt, dass ca. 50% der Wähler entweder nicht gewählt haben oder aber irgendwelche Kleinstparteien.
ebo
15. Mai 2023 @ 20:53
Scholz geht ja genau deshalb in die Vollen, weil er einen Machtwechsel in Washington einkalkuliert. Dann, so heißt es in Berlin und Brüssel, müssten Deutschland und die EU bereit sein, auch ohne US-Hilfe für die Ukraine zu kämpfen. Darauf bereitet man sich vor. Dies erklärt auch, weshalb die Europawahl in den Überlegungen und Ankündigungen keine Rolle spielt, sehr wohl aber die Präsidentschaftswahl in den USA…
KK
15. Mai 2023 @ 19:06
In der Wirtschaft würde man von einer „feindlichen Übernahme“ sprechen… Deutschlands durch die Ukraine.
Warum unterwirft sich Scholz nicht direkt, wie das früher üblich war? Der Regent eines Landeswarf sich nach einem verlorenen Krieg dem des Siegers zu Füssen und unterwirft sein Land mitsamt der Bevölkerung der Fremdherrschaft!
Heute brauchts dazu offenbar gar keine Niederlage mehr, sondern nur einen guten Schauspieler mit einem starken Drehbuch aus Hollwood DC!
Bogie
15. Mai 2023 @ 18:02
Ich bin jetzt 65 Jahre alt geworden, habe nach der hoffnungsvollen (Ost-)Politik Brandts die lähmende Zeit der Kohl-Regierungen erlebt, wurde bitter enttäuscht vom sozial- und friedenspolitischen Kahlschlag der rot-grünen Regierungen und danach angeödet von der Klimakanzlerin.
Aber noch niemals habe ich mich auch nur ansatzweise so unfassbar schlecht regiert und parlamentarisch vertreten gefühlt wie jetzt von diesem Fanclub eines korrupten Oligarchenstaates.