Nato-Gipfel: Tiefe Risse im “Wertebündnis”

Die USA schicken der Ukraine die weltweit geächtete Streumunition. Gleichzeitig blockieren sie einen schnellen Nato-Beitritt des Landes. Damit bringen sie Generalsekretär Stoltenberg in eine unmögliche Lage – und spalten sogar ihre engsten Alliierten. Auch Berlin und Paris liegen über kreuz.

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Stoltenberg hatte sich noch vor kurzem GEGEN die Entsendung von Streumunition ausgesprochen. Er war sogar der Vater des sog. “Oslo-Übereinkommens”, das ein weltweites Verbot des Streumunition herbeiführen wollte!

Die USA sind der Konvention zwar nie beigetreten, die Ukraine auch nicht. Doch alle Unterzeichner – darunter Deutschland und Spanien, das derzeit den EU-Vorsitz hat – haben sich verpflichtet, die Nutzung von Streumunition zu ächten.

Nun muß Stoltenberg die umstrittene Proliferation rechtfertigen – die Amerikaner bringen ihn in eine unmögliche Lage! Und das wenige Tage, nachdem sie ihn über den Klee gelobt und zur Verlängerung gedrängt haben

Doch nicht nur Stoltenberg hat ein Problem. Auf Kanzler Scholz und Präsident Macron kommt auch einiger Ärger zu. Und zwar nicht nur wegen der Streumunition – sondern auch und vor allem wegen des Nato-Beitritts der Ukraine.

US-Präsident Biden ist dagegen und will Kiew auch keine “Abkürzung” auf dem Weg in das US-geführte Bündnis geben. Scholz sieht es ähnlich. So lange noch Krieg herrscht, heißt es in Berlin, sei ein Nato-Beitritt undenkbar.

Doch Macron, der in der Ukraine-Politik bisher stets den Schulterschluß mit Scholz suchte, hat seine Meinung geändert. Er ist plötzlich für einen schnellen Beitritt und fordert nicht nur eine “Roadmap”, sondern auch noch Sicherheitsgarantien bis zum Tag X.

Berlin und Paris liegen über kreuz

Damit liegen Berlin und Paris in dieser strategisch wichtigen und hochbrisanten Frage über Kreuz. Eine gemeinsame europäische Position zeichnet sich auch nicht ab. Auch die EU-Mitglieder in der Nato sind gespalten.

Doch nicht nur der “europäische Pfeiler” der Nato wankt. Auch die Vormacht in Washington muß sich Sorgen machen – denn Polen und viele andere EU-Staaten wollen die Ukraine unbedingt in die Nato holen.

Das Gipfeltreffen in Vilnius, das am Dienstag beginnt, wird von tiefen transatlantischen Rissen überschattet. Mit dem US-Alleingang bei der Streumunition verliert das “Wertebündnis” nun auch noch ihre (vorgebliche) moralische Überlegenheit…

Siehe auch “Nato-Krise: Stoltenberg muß nachsitzen”

P.S. Macron sorgt auch bei einem anderen Thema für Ärger: Er blockiert die Eröffnung von Nato-Verbindungsbüros in Asien. Die Atlantische Allianz habe am Pazifik nichts zu suchen, sagt er – da bin ich mnit ihm einer Meinung!