Von Ventotene nach Versailles

Am 18. Januar 1871 wurde der preußische König Wilhelm I. zum Kaiser des Deutschen Reichs gekrönt – in Versailles. Nun trifft sich dort Kanzlerin Merkel mit drei Vasallen – pardon: EU-Partnern.


Der Vierergipfel, an dem neben Gastgeber Frankreich auch Italien und Spanien teilnehmen, soll den Start in das neue EUropa à la carte markieren. Das ungewöhnliche Format wählte Noch-Präsident Hollande.

Es steht in markantem Kontrast zum Dreiergipfel im italienischen Ventotene, zu dem Ex-Premier Renzi im vergangenen Sommer geladen hatte. Damals war die Symbolik völlig anders.

Renzi ließ seine Gäste am Grab von Spinelli innehalten – einem Widerstandskämpfer gegen den Faschismus, der für ein föderales Europa gekämpft hat. Er hoffte, Merkel zu einem Neustart der EU zu bewegen.

Doch daraus wurde nichts, im Gegenteil: Jetzt ist Restauration angesagt. Der Vierergipfel in Versailles dürfte die Herrschaft der  großen EU-Staaten besiegeln, wobei Deutschland im Mittelpunkt steht.

Merkel will einen Südblock verhindern

Zwar haben auf den ersten Blick die drei Südstaaten die Mehrheit. Doch das täuscht, meint der außenpolitische Fachdienst „German Foreign Policy“:

Die Einbindung ausgewählter südlicher EU-Mitglieder… trägt dazu bei, das Entstehen eines südeuropäischen Staatenblocks zu verhindern, der in Zukunft womöglich die Chance hätte, die deutschen Austeritätsdiktate zu brechen:

Merkel behält sich natürlich vor, künftig auch in anderen Formaten zu tagen – Hauptsache, sie hat den Hut auf. Doch schon jetzt formiert sich Widerstand. Er kommt nicht nur von den üblichen Verdächtigen.

Neben den Visegrad-Staaten stellen sich nämlich auch Finnland und Holland quer. Die Finnen fühlen sich ausgeschlossen und lehnen Merkels „flexible“ EU ab. Und die Niederländer hadern mit dem Euro.

Juncker wird an den Rand gedrängt

Dabei waren beide Länder doch lange die Lieblingspartner der deutschen Kanzlerin. Während der Eurokrise durften sie alles mittragen; jetzt werden sie nicht mal mehr eingeladen…

An den Rand gedrängt wird auch Kommissionschef Juncker. Er hat zwar fünf Szenarien zur Zukunft der EU vorgelegt. Doch davon möchte Merkel nichts wissen.

Zudem hat Juncker die wichtigste Variante „vergessen“: das deutsche EUropa, wie es nun wohl in Versailles besiegelt wird…

Siehe auch: „Das Ende der EU…“
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