Von diesen inhaftierten Journalisten spricht die EU nicht
Die EU brüstet sich, mutig für die Pressefreiheit und bedrohte Journalisten einzutreten. Doch für einige kritische Berichterstatter tut sie nichts – dabei sitzen sie sogar in Haft.
Das EU-Parlament will Journalisten, Aktivisten und Nichtregierungsorganisationen besser vor strategischen Einschüchterungsklagen schützen. Die Abgeordneten sprachen sich für einen entsprechenden Entwurf der EU-Kommission zu sog. SLAPP-Klagen aus.
„Missbräuchliche Gerichtsverfahren halten kritische Stimmen davon ab, Themen von öffentlichem Interesse ans Licht zu bringen. Unsere Gerichte dürfen keine Spielwiese für die Reichen und Mächtigen sein“, sagte Tiemo Wölken (SPD) nach der Abstimmung.
Die EU-Kommission hatte das Gesetz im März 2022 vorgeschlagen. Es wird auch als „Daphne’s Law“ bezeichnet. Die maltesische Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia war vor ihrer Ermordung 2017 mit fast fünfzig Verleumdungsklagen konfrontiert.
Die EU half ihr damals nicht – erst nach dem Tod feierte sie Galizia als Heldin. Und auch heute ist die Haltung der EU-Politiker zu kritischem Journalismus fragwürdig. Denn von einigen prominenten Vertretern tut sie nichts – dabei sitzen oder saßen sie sogar in Haft!
Die Rede ist nicht nur von Julian Assange, dem Begründer von Wikileaks. In letzter Zeit kamen auch noch Gonzalo Lira (inhaftiert in der Ukraine), Kit Klarenberg (UK) und Pablo Gonzalez (Polen) hinzu. Der spanische Journalist sitzt seit mehr als einem Jahr in U-Haft – ohne Anklage.
Angeblich soll er für Russland spioniert haben. Doch Polen ist ein EU-Mitglied. Gilt dort die Pressefreiheit nicht, gibt es Sonderregeln für den Krieg um die Ukraine? Es wäre schön, wenn sich das EU-Parlament um diese Fälle kümmerte, bevor es zu spät ist…
Monika
13. Juli 2023 @ 17:14
Die Frage nach “Sonderregelungen” für willkürliche Inhaftierungen, insbesondere von Journalist*innen, “in Zeiten der Ukrainekrise” ist eine spannende Frage. Kann sich der inhaftierte Mann direkt an den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden? Wie lange darf sich ein Rechtsstaat Zeit lassen, “Rechtmäßigkeiten” zu überprüfen? Welche Vorraussetzungen müssten erfüllt sein, dass in solchen Fällen eine (welche?) Institution von selbst tätig werden muss? Ist Polen dann letztendlich zuständig für die Zahlung etwaiger Haftentschädigungen? Anderen Ländern großspurig Demokratie und Rechtsstaat erklären, aber den eigenen “Laden” nicht im Griff zu haben, ist demokrtie- und rechtsstaatsfeindliches Verhalten und soetwas müsste im Parlament Stürme von Entrüstung hervorbringen…
Nichts, Nur betretenes (oder beredtes) Schweigen im Walde.
In der EU müsste doch “business as usual” angesagt sein, denn offiziell führt die EU ja gar keinen Krieg.
Wir “unterstützen” nur die Ukraine in ihrem “hehren” Bestreben als künftiger US-Militärstützpunkt (nicht NATO-Stützpunkt) fungieren zu dürfen, um mit atomarem “Abschreckungspotential” die Atommacht Russland “auf immer” zur unbedeutenden, billig Rohstoffe lieferndenRegionalmacht “zu schrumpfen”. Man sollte also bei dieser Auseinandersetzung besser von einem Krieg zur Durchsetzung geostrategischer Vorstellungen der USA auf Kosten der Ukraine und Europas sprechen. (Was im Übrigen genauso “völkerrechtswidrig” ist, wie der eigentliche Angriff auf das Staatsgebiet der Ukraine durch Russland.)
Gibt es überhaupt noch so etwas wie festen politischen Boden unter irgendwelchen Füßen?
KK
13. Juli 2023 @ 12:13
@ Thomas Damrau:
“In einer Zone von voll ausgebildeter Demokratie und Pressefreiheit braucht man keine Journalisten, die im Dreck wühlen – weil es ja keinen Dreck gibt, in dem man wühlen kann.”
Und immer weniger Journalisten, die das als ihre Aufgabe sehen – selbst das politische Kabarett hatte m.E. am vergangenen Dienstag mit der aktuellen Ausgabe der ANSTALT einen seiner absoluten Tiefpunkte erreicht. Nach knapp der Hälfte hab ich es nicht mehr ertragen und angewidert ausgeschaltet.
Helmut Höft
13. Juli 2023 @ 09:52
Die EU half ihr damals nicht – erst nach dem Tod feierte sie Galizia als Heldin. Business as usual. Wer sich kümmert, der kümmert sich und schwätzt nedd rum!
Thomas Damrau
13. Juli 2023 @ 06:55
Gerhard Polt ließ in einem seiner Sketche einen fiktiven Bayern feststellen: „Wir in Bayern brauchen keine Opposition – weil wir sind ja schon demokratisch sind.“
Ähnlich ist es wohl in der EU. In einer Zone von voll ausgebildeter Demokratie und Pressefreiheit braucht man keine Journalisten, die im Dreck wühlen – weil es ja keinen Dreck gibt, in dem man wühlen kann.
KK
13. Juli 2023 @ 01:05
„Doch Polen ist ein EU-Mitglied. Gilt dort die Pressefreiheit nicht, gibt es Sonderregeln für den Krieg um die Ukraine?“
Und vor allem: Kann man in einem Rechtsstaat der EU über ein Jahr in U-Haft eingeknastet werden, ohne überhaupt angeklagt worden zu sein?
Jaja, die Wertegemeinschaft… ich könnte nur noch speien.