Von der Leyens Rollback, Milliarden für Jordanien – und Meloni hat ein Problem
Die Watchlist EUropa vom 30. Januar 2025 – Heute mit News und Analysen zum Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik, zur Migration in “Drittländern” und zu Justiz-Ermittlungen in Italien.
Die EU will ihren wirtschaftlichen Rückstand gegenüber den USA und China aufholen und produktiver werden. Dazu müsse man Bürokratie abbauen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel.
Dies solle nicht zulasten des „Green Deals“ und des Klimaschutzes gehen. „Die Klima-Ziele sind in Stein gemeißelt“ betonte sie.
Allerdings setzt die EU-Kommission neue Prioritäten. Der „Green Deal“ ist nicht mehr das erste und wichtigste Thema, wie in von der Leyens erster Amtszeit.
Vielmehr rücken nun Entbürokratisierung und Deregulierung in den Vordergrund.
“Kompass” und “Omnibus”
Mit einem „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ und einem „Omnibus-Gesetz“ zur Entbürokratisierung kommt Brüssel den Wünschen der Wirtschaft weit entgegen.
„Dies ist unser Business-Plan für Europa“, sagte Industriekommissar Stéphane Séjourné. Er versprach einen „Schock bei der Vereinfachung“ und den Verzicht auf neue Regulierungen.
Von der Leyen bekräftigte ihr Ziel, Meldepflichten für kleine und mittlere Unternehmen um 35 Prozent zu verringern. Zu Ende der Legislatur 2029 könne die Wirtschaft 37 Mrd. Euro an Bürokratiekosten sparen.
Weniger Berichtspflichten
___STEADY_PAYWALL___
Letztlich läuft es auf einen Rollback vieler Regulierungen hinaus, die von der Leyen selbst eingeführt hat.
Als erste Maßnahme soll im Februar die Berichterstattung über nachhaltige Finanzen und Sorgfaltspflichten gelockert werden. Dazu dürfte auch das umstrittene Lieferketten-Gesetz zählen…
…was wieder einmal zeigt, wie schlecht die Brüsseler Gesetze sind. “When do you need a compass?”, fragt der EU-Experte A. Alemanno auf X . Die Antwort: “When you, well the EU, is lost.”
Mehr zur Krise der europäischen Wirtschaft in meinem neuen E-Book: “Die Kommission der letzten Chance”
P.S Aus Sicht vieler Ökonomen ist der Begriff “Wettbewerbsfähigkeit” ebenfalls “lost”, da hoffnungslos veraltet. Er beruhte auf der Fiktion freier und offener Märkte – heute schotten sich alle ab und fördern ihre eigenen Industrien…
News & Updates
- Milliarden für Jordanien. Nach der Türkei, Tunesien und Ägypten soll auch Jordanien dafür belohnt werden, dass es Flüchtlinge aufnimmt und an der Weiterreise in die EU hindert. Die EU-Kommission will dafür drei Milliarden Euro bereitstellen. Verknüpft ist die Milliardenhilfe mit einer Vereinbarung über eine umfassende strategische Partnerschaft. Sie sieht unter anderem eine verstärkte Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus, Drogenhandel und organisierte Kriminalität sowie bei Migrationsthemen vor.
- EU plant Importverbot von Aluminium aus Russland. Die EU-Kommission hat ein neues Sanktionspaket gegen Russland vorgeschlagen. Es sieht ein Importverbot für Aluminium vor, das in einem Jahr wirksam werden soll. Ein LNG-Verbot ist hingegen nicht vorgesehen. Das meiste russische Flüssiggas kommt übrigens in Deutschland an… – Mehr hier (Blog)
- VDL lädt Autobosse zum “strategischen Dialog”. Die deutsche CDU-Politikerin dürfte am Donnerstag vor allem deutsche Konzernchefs empfangen – wie passend! Nur den CEO des Audi-Werks in Brüssel hat sie nicht eingeladen – denn das ist pleite und macht dicht. Für Brüssel kommt die “strategische” Hilfe aus Brüssel definitiv zu spät… – Mehr hier (Blog)
Das Letzte
Nun wird auch gegen Meloni ermittelt. Sie ist mit Donald Trump und Ursula von der Leyen befreundet und gilt als mächtigste Politikerin der europäischen Rechten. Im Europaparlament kungelt sie mit EVP-Chef Manfred Weber. Doch nun bekommt Giorgia Meloni, die postfaschistische Regierungschefin von Italien, Probleme mit der Justiz. Wegen der Freilassung eines libyschen Folterers hat die Römer Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen sie und einige Regierungsmitglieder aufgenommen. Normalerweise müssten von der Leyen und Weber nun die Zusammenarbeit beenden – denn für sie ist der Rechtsstaat ja ein heiliges Prinzip. Allerdings wird auch gegen die deutsche CDU-Politikerin ermittelt – Meloni ist nicht allein und darf vorerst weiter machen…
Mehr Newsletter hier
KK
30. Januar 2025 @ 15:28
“Nun wird auch gegen Meloni ermittelt….Allerdings wird auch gegen die deutsche CDU-Politikerin [von der Leyen] ermittelt – Meloni ist nicht allein und darf vorerst weiter machen… ”
von der Leyen, Trump, Meloni – laufende Ermittlungs-/Gerichtsverfahren stehen einer zweiten Amtszeit offenbar nicht mehr im Weg, sie scheinen inzwischen die besten Voraussetzungen hierfür zu schaffen.
Helmut Höft
30. Januar 2025 @ 11:17
“Dazu müsse man Bürokratie abbauen …” Mit dem Schlagwort “Bürokratieabbau” scheint einem über die Zeit klar zu werden, was gemeint ist: Abbau der Verwaltung, Abbau des des Staates, mehr “catch as catch can” (mit den Worten von Herrn Christian Wolfgang Lindner: “Mehr Milei und Murks wagen”). Wer profitiert vom Bürokratieabbau? Das ist die Frage! Während die Welt immer komplizierter wird soll die Verwaltung immer schlanker werden? Klingt nach “Sparen in der Not!” (da geht es besonders gut m( ) Berufserfahrung: Wer sich über die Bürokratie in D beklagt, oder in der €U, sollte mal die in I oder USA kennen lernen.
“… und die Wettbewerbsfähigkeit steigern, …” Zur Wettbewergsfähigkeit ist alles gesagt. Wettbewerb erzeugt Verlierer, nicht einzelen Sportler/Mannschaften sondern ganze Volkswirtschaften während die Schmarotzer und Parasiten (aka Oligarchen) immer fetter werden. https://www.hhoeft.de/mythos/index.php/2024/12/10/verbesserung-der-wettbewerbsfaehigkeit-wohin-mit-dem-kram-wozu/
Last not least: “Aus Sicht vieler Ökonomen …” naja, die Ökonomiks, “geh’ mich weg!”. Und Neiiin, sie sitzen nicht im Elfenbeinturm, sie sitzen in ihrer Kirche. Schönes Beispiel ist die Bedeutungslosigkeit von Geld in den Augen der Ökonomen, siehe hier: https://www.hhoeft.de/mythos/index.php/2025/01/28/was-ist-geld-teil-5-zusammenfassung-2-quellen-und-beifang/
Besonders häßlich was sich die Hohenpriester dieser Kirche (hier Greg Mankiw https://en.wikipedia.org/wiki/Greg_Mankiw) leisten in der Diskussion (aka Diffamierung) mit Kollegen “…So geht die Volkswirtschaftslehre mit abweichenden Erkenntnissen um! Noch einmal: Das ist kriminell! (unten im Beitrag)
european
30. Januar 2025 @ 10:50
Der Buerokratieabbau ist doch ein alter Hut aus der Mottenkiste der Wahlkampfplakate. Der Pool der Ideen ist eben doch sehr begrenzt, wie dieses Dokument der Friedrich Ebert Stiftung zeigt.
https://library.fes.de/fulltext/stabsabteilung/00484001.htm
Helmut Kohl 1982 „Wir wollen den Staat auf seine ursprünglichen und wirklichen Aufgaben zurückführen, zugleich aber dafür sorgen, daß er diese zuverlässig erfüllen kann”.
“In der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU, CSU und FDP für die 13. Legislaturperiode 1994-1998 wird die Zielsetzung für die Modernisierung der Bundesverwaltung folgendermaßen konkretisiert: „Staat schlanker machen – Bürokratie abbauen. Die Koalition wird staatliches Handeln im normativen, administrativen und gerichtlichen Bereich auf das notwendige Maß beschränken.”
Wirklich funktioniert hat es noch nie. aber es wird immer als Allheilmittel aus dem Hut gezaubert, wenn einem sonst nichts einfaellt. Gerade Deutschland hat naemlich ein voellig anderes Problem, z.B. bezueglich Bauen. In vielen Bauaemtern gibt es keine Ingenieure mehr, die einen Antrag ueberhaupt bearbeiten koennen. Da trifft Buerokratie auf Personalmangel.
Aehnliches trifft auf das Justizsystem zu. Der Richtermangel sorgt zunehmend dafuer, dass die Funktionalitaet des Rechtsstaats zu Recht in Zweifel gezogen werden kann. Dazu lohnt es sich, Gespraechen mit Jugendrichter Mueller zuzuhoeren, der das Problem sehr klar benennt. Kein Personal fuer Ermittlungen, kein Personal in der Justiz. Man kann sich nur noch um die ganz grossen Delikte kuemmern, waehrend fuer den naechtlichen Einbruch kein Personal vorhanden ist.
european
30. Januar 2025 @ 10:23
So ist es.
In einem Wort: Konzeptlosigkeit.
Thomas Damrau
30. Januar 2025 @ 08:44
Die aktuelle europäische Prioritäten-Tabelle:
1) Trump besänftigen
2) Aufrüstung
3) Ohne Ansehensverlust aus dem Ukraine-Engagement rauskommen
4) Irgendwie irgendwas mit Wirtschaft-Stärken
5) Grenzen dicht
6) So tun, als könne man sich von China abkoppeln
…
18) Umwelt- und Klimaschutz
Platz 18 ist ein Abstiegsplatz.
KK
30. Januar 2025 @ 14:32
1) und 2) würde ich tauschen, und bei 3) sehe ich nirgends einen Willen, aus dem Ukraine-Engagement wie auch immer überhaupt herauskommen zu wollen, im Gegenteil.
Guido B.
30. Januar 2025 @ 07:49
Bürokratieabbau und Deregulierung sind die bekannten Rezepte der Neoliberalen. Wenn Wettbewerbsfähigkeit aus Abbau von sozialen und ökologischen Standards entstehen soll, wird es die EU schwer haben gegen China und die USA. Europäische Wettbewebsfähigkeit kann nur aus Innovationskraft und Vermarktungspotenz resultieren. Ansonsten ist Protektionismus die bessere Wahl als Neoliberalismus. Protektionismus ist jedoch immer ein Eingeständnis, dass man global – zumindest in bestimmten Branchen – nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Neoliberalismus hingegen fördert den Rechtsnationalismus.
Vielleicht müsste man einfach wieder zurück zur sozialen Marktwirtschaft und wo möglich aus dem globalen Wettbewerb aussteigen. Soziale Stabilität ist wichtiger als Freihandel.