Von der Leyens Parteifreunde können sich nicht von Fidesz trennen
Zuletzt gab es Schüsse auf Flüchtlinge, ein in EUropa unerhörter Vorgang. Doch was auch immer in Ungarn passieren mag: Die EVP, der auch EU-Kommissionschefin von der Leyen angehört, kann sich nicht von der Regierungspartei Fidesz trennen.
Statt einen klaren Schlußstrich zu ziehen, soll Fidesz dauerhaft suspendiert werden, hieß es nach einer Fraktionssitzung der konservativen EVP im Europaparlament in Brüssel.
Derzeit gebe es in der EVP keine Mehrheit für “radikale Maßnahmen”, sagte Parteichef Donald Tusk nach Angaben von Teilnehmern. Gemeint war ein Rausschmiß aus der Fraktion.
Tusk hatte sich für einen Bruch mit Fidesz ausgesprochen. Doch obwohl er EU-Ratspräsident war und bei den Konservativen hohe Autorität genießt, konnte er sich nicht durchsetzen.
Den Ausschlag gab wohl die Haltung von CDU und CSU, die die EVP dominieren. Der Chef der CDU/CSU-Europaabgeordneten, Daniel Caspary, hatte sich gegen einen Rauswurf ausgesprochen.
Sachliche Gründe lassen sich dafür kaum anführen. Denn Ungarns Regierungschef Viktor Orban und seine Fidesz-Getreuen haben sich seit den Attacken auf Ex-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vor einem Jahr kaum gebessert.
Im Gegenteil: Die Hetze gegen Orbans Landsmann George Soros geht weiter, die Abschottung gegen Flüchtlinge wird immer schlimmer. Zuletzt ließen Orbans Leute sogar auf Migranten am Grenzzaun zu Serbien schießen.
___STEADY_PAYWALL___
Der EVP dürfte es deshalb in erster Linie um die Macht gehen. Schließlich hat Orban gedroht, sich bei einem Ausschluß aus der Fraktion den Rechtspopulisten und Nationalisten im Europaparlament anzuschließen.
Zudem will die EVP den Vorteil nutzen, der ihr aus dem Breit erwächst. Im Gegensatz zu allen anderen proeuropäischen Parteien verliert sie keine Abgeordneten, sondern gewinnt einige hinzu. Diesen Zugewinn will sie sichern, und nicht durch einen Rauswurf verspielen.
Das dürfte auch im Sinne von Kommissionschefin Ursula von der Leyen sein, die keine eigene Mehrheit im Parlament hat. Die CDU-Politikerin war mit Orbans Hilfe nach Brüssel gewechselt. Sie steht seither in Verdacht, eine schützende Hand über Ungarn und Fidesz zu halten…
Siehe auch “PiS und Fidesz setzen mehr denn je auf von der Leyen”
Watchlist
Wird Kosovo demnächst auch von Spanien anerkannt? Diese Frage schwingt mit, wenn der (spanische) EU-Außenbeauftragte Borrell am Donnerstag erstmals die Hauptstadt Pristina besucht. Kosovo hatte sich gewaltsam von Serbien abgespalten und war danach von den meisten EU-Ländern anerkannt worden, nicht aber von Spanien. Der Grund: der Streit um Katalonien – in Madrid fürchtet man einen Präzedenzfall…
Was fehlt
- Digitalpolitik: EU gibt Okay zu Huawei-Rolle in 5G-Ausbau – Netzpolitik
- Brexit: EU Parliament votes 621 to 49 in favour of Brexit deal – EU Observer
- Brexit: Die Zerstörung der EU bleibt Farages Ziel – n-tv
- Geldpolitik: Scholz will Ein- und Zwei-Cent-Stücke nicht abschaffen- Tagesspiegel
- Außenpolitik: Macron wirft Türkei Bruch der Versprechen zu Libyen vor – Tagesschau
Peter Nemschak
30. Januar 2020 @ 12:04
Ohne nach außen kommunizierte zahlenmäßige Begrenzung der Aufnahme von Asylanten wird sich die Situation weiter verschärfen. Die europäischen Gesellschaften wollen und können nicht unbegrenzt Asylsuchende aufnehmen. Das wissen auch pragmatische sozialistische Politiker wie der Wiener Bürgermeister Ludwig. Offenbar gibt es ins einer Partei unterschiedliche Strömungen. Ludwigs burgenländischer Kollege Doskozil hat die letzten Landtagswahlen nicht zuletzt auf Grund seiner restriktiven Migrationspolitik gewonnen. Solange die Politiker dies nicht berücksichtigen, wird der Zulauf zu den Rechten anhalten. Die derzeitige Situation lässt die Asylsuchenden im Unklaren, ob ihnen Asyl gewährt wird oder nicht. Das fördert den Asyldruck in Richtung Europa.
Kleopatra
30. Januar 2020 @ 09:06
Warum sollte Spanien das Kosovo als Staat anerkennen, wenn der – von Spanien nominierte – EU-Außenbeauftragte dorthin reist? Die Theorie ist doch die, dass ein Kommissionsmitglied gerade nicht den Staat repräsentiert, der es nominiert hat. Ich weiß, dass das nur eine Theorie ist, aber sie wird ja offiziell immer vertreten.
Wenn hingegen Borell spanische Interessen und Positionen vertreten sollte (wie man das Kommissionsmitgliedern böswilligerweise immer unterstellt), dann wird er erst recht nicht für die Anerkennung des Kosovo eintreten.
Dummerweise hat sich die spanische Politik in der Katalonienfrage dermaßen in einen Legalismus eingemauert, dass ein friedlicher Interessenausgleich kaum mehr möglich ist. Wenn die EU ihre offiziell vertretene Ideologie vom Rechtsstaatsprinzip ernst meint, müssten sich die Institutionen von Spanien mindestens so eindeutig distanzieren wie von der PiS-Regierung in Polen. Tun sie dieses nicht, rechtfertigt das den Verdacht, dass solche Vorwürfe nur gegen osteuropäische Länder eingesetzt werden und möglicherweise mehr Tauschmünzen im Streit um den Haushalt als moralische Überzeugungen sind.
ebo
30. Januar 2020 @ 09:24
Borrell war zuletzt spanischer Außenminister, also Chef der spanischen Diplomatie. Er bricht ein Tabu – natürlich im Namen der EU. Aber natürlich wirkt dieser Tabubruch auf die spanische Innen- und Außenpolitik zurück.
Kleopatra
29. Januar 2020 @ 22:51
Jede Brutalität gegen Migranten an einer EU-Außengrenze entlastet Deutschland und nutzt der deutschen Kanzlerin gleich zweifach: einerseits kommen weniger Asylbewerber, und andererseits kann sie sich weiter scheinheilig als große „Humanistin“ inszenieren. Sie weiß schon, warum sie etwa die kraotische Regierung (brutales Zurückknüppeln) unterstützt. Die Offenheit Ungarns für Durchreisende (und über Österreich nach Deutschland Weiterreisende) wareben noch weniger willommen als die nur aus Migrantensicht schlimme Abschottung.
Auch der Rest der EU ist daran interessiert, dass die Migranten ganz draußen gehalten werden und nicht stattdessen die Deutschen mit ihren blöden Umverteilungsplänen kommen…