Von der Leyens Strafzölle gegen China spalten die EU
Showdown in Brüssel: Nach langem Gezerre haben die EU-Staaten den Weg für Strafzölle auf E-Autos aus China frei gemacht. Eine klare Mehrheit dafür gab es allerdings nicht.
Deutschland hatte bis zur letzten Minute versucht, möglichst viele Länder auf seine Seite zu ziehen und die Strafzölle doch noch zu stoppen. Zuvor soll es auch Krach in Berlin gegeben haben, weil Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock nicht auf einer Linie lagen.
Am Ende stimmte Deutschland mit „Nein“ – genau wie Ungarn und drei weitere EU-Staaten. Das reichte aber nicht, um die Entscheidung zu blockieren. Allerdings gibt es auch keine klare Mehrheit für Strafzölle. Zehn Staaten stimmten zwar dafür, doch die meisten (zwölf) enthielten sich.
Der Vorschlag der EU-Kommission hat offenbar nicht wirklich überzeugt. Kein Wunder: Behördenchefin von der Leyen ist nicht etwa den Wünschen der Autoindustrie gefolgt, wie sonst üblich, sondern der harten Linie der USA – und Frankreichs, das seine günstigen E-Autos pushen will.
Wenn die Zölle tatsächlich eingeführt werden, schadet das nicht nur der deutschen Industrie, sondern auch dem Green Deal – denn dann werden günstige E-Autos made in China künstlich verteuert und der Ausstieg aus dem Verbrenner erschwert…
Arthur Dent
5. Oktober 2024 @ 13:33
@all
wer proftiert überhaupt von der Entscheidung der EU? Die deutschen / europäischen Autohersteller nicht, die Bürger nicht – die müssen sich ja, falls überhaupt, ein teures E-Auto kaufen. Lasst mich raten: Die USA proftieren, wenn die EU sich auf einen Handelskrieg mit China einlässt.
KK
5. Oktober 2024 @ 17:25
Das Klima profitiert auch nicht, wenn jetzt statt günstiger chinesischer Elektroautos wieder Verbrenner gekauft werden. Die Politik von der Leyens ist pathologisch schizophren! Da müsste eigentlich mal ein Facharzt ran!
Kleopatra
5. Oktober 2024 @ 09:41
Soso, eine Entscheidung, die den Rat passiert hat, der entschieden hat, sie nicht mit Mehrheit abzulehnen, „spaltet“ Ihrer Meinung nach die EU. Haben Sie etwas gegen Mehrheitsentscheidungen, oder ggf. jedenfalls gegen Mehrheitsentscheidungen, die entgegen einem Machtwort des deutschen Bundeskanzlers getroffen werden? Tatsache ist doch, dass die Kommission im Rahmen ihres unionsrechtlich geregelten Auftrags tätig geworden ist und dem Rat die vorgeschriebene Möglichkeit geboten hat, ihre Entscheidung durch sein Veto zu annullieren. Dass sie nicht den Vorstellungen der Autoindustrie gefolgt ist – geschenkt. Das ist nicht ihre primäre Aufgabe. Dass viele Mitgliedstaaten nicht mit Ja gestimmt haben, sondern sich enthalten haben, bedeutet praktisch nichts, denn das bedeutet ebenfalls, dass sie der Kommission freie Hand lassen wollten.
ebo
5. Oktober 2024 @ 11:27
Zehn Ja-Stimmen, fünf Nein-Stimmen, zwölf Enthaltungen, keine Mehrheit dafür oder dagegen. Wie würden Sie das sonst nennen?
Übrigens war die Abstimmung über die Zölle schon einmal verschoben worden – denn die EU war und ist in der China-Politik tief gespalten. Im Grunde ist sie sogar schizophren. Denn auf EU-Ebene zeigt man Härte, bilateral ist man dagegen auf Schmusekurs.
Skyjumper
5. Oktober 2024 @ 11:59
Wo @Kleopatra Recht hat, hat sie Recht.
Wollte man dieses Abstimmungsergebnis als Maß für (negativ konnotierte) Spaltung hernehmen, wären Demokratie immer in einen Spaltungszustand. Wo @ebo zu Recht den Finger in die Wunde legt, sind die 12 Enthaltungen. Aber auch die wußten, dass ihre Stimmen der relativen Mehrheit zugerechnet würden, haben ihre Beliebigkeit also billigend in Kauf genommen.
Und was schließlich die Schizophrenie anbelangt: Das hat leider, insbesondere in DE, System. Es lässt sich das heimische Stimmvieh damit eben so schön am Nasenring durch die Manege führen.
ebo
5. Oktober 2024 @ 12:33
Sorry, 12 von 27 Ländern sind keine Mehrheit. 15 haben gegen den Vorschlag der Kommission gestimmt oder sich enthalten.
Zudem gelten in der Handelspolitik spezielle Regeln. Da sie vergemeinschaftet ist, kann die Kommission allein agieren. Um sie zu stoppen, braucht es eine Mehrheit GEGEN die Zölle. Die ist nicht zustande gekommen. Das heißt aber nicht, dass es eine Mehrheit DAFÜR gäbe.
Von der Leyen agiert in einem Vakuum. Dabei wird sie noch nicht einmal von denen unterstützt, um die es eigentlich geht: den Autoherstellern in der EU. Die sind nämlich auch gegen die Zölle.
Kleopatra
5. Oktober 2024 @ 13:32
Eine Enthaltung bei einer Abstimmung, ob man eine Kommissionsentscheidung aufhalten will, wirkt nicht anders als eine Ja-Stimme. Außerdem stützt sich die Entscheidung der Kommission auf einen Unionsrechtsakt, der im Zweifel sehr wohl mit Mehrheit der Mitgliedstaaten angenommen wurde.
ebo
5. Oktober 2024 @ 14:59
Eine Enthaltung mag in diesem Fall so wirken, sie ist aber keine aktive Zustimmung. Spanien hat sich enthalten, doch Premier Sanchez hat sich gegen die Zölle ausgesprochen und kurz vorher sogar noch China besucht. Es gibt in der EU keinen Konsens in der China-Politik, Punkt. Die Politik von der Leyens schafft Konflikte, wo sie gar nicht nötig wären.
Kleopatra
6. Oktober 2024 @ 08:36
Da die in Frage stehende Entscheidung gar nicht vom Rat zu treffen ist, sondern in dieZuständigkeit der Kommission fällt, ist eine Abstimmung, bei der fast die Hälfte der Staaten sich enthält, kein Drama. Ganz anders würde es aussehen, wenn es um eine Entscheidung ginge, für die der Rat zuständig ist; da müsste sich wirklich jeder Staat überlegen, ob er dafür oder dagegen ist.
KK
6. Oktober 2024 @ 13:09
@ Kleopatra:
Wenn es wirklich so sein sollte, dass „die Entscheidung nicht vom Rat zu treffen ist, sondern in die Zuständigkeit der Kommission fällt“, warum dann überhaupt eine Abstimmung im Rat? Wäre diese dann nicht völlig obsolet und bloss ein Schmierentheater?
Kleopatra
6. Oktober 2024 @ 16:42
@KK: Ganz einfach: für bestimmte Rechtsakte ist die Kommission zuständig, jedoch kann der Rat diese Kommissionsbeschlüsse mit einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten annullieren. Darum wird im Rat abgestimmt.
Weil aber der Kommissionsbeschluss wirksam wird, wenn er nicht vom Rat annulliert wird, kann man es sich als Mitgliedstaat leisten, sich zu enthalten. Spanien beispielsweise kann so sowohl gegenüber China behaupten, es habe nicht für die Zölle gestimmt, und gleichzeitig gegenüber Frankreich darauf verweisen, dass es nicht – wie vom deutschen Kanzler gewünscht – gegen die Zölle gestimmt hat. Und ist nicht ohnehin auch Spanien eher ein Land, das Kleinwagen produziert?
Shitkicker
6. Oktober 2024 @ 18:01
@Kleopatra:
Eine wirklich brilliante Lösung…..für Politiker die keine Verantwortung übernehmen müssen!
So ist die EU von einer Wirtschaftsgemeinschaft mit potentiell weitergehenden Verpflechtungen zu einem Quasi Nationalsstaat ohne Volk und Nation geworden, denn wer eigenverantwortlich über die Handelspolitik entscheidet, ist wohl Regierung und nicht nur „Hüterin der Verträge“.
KK
6. Oktober 2024 @ 19:13
@ Kleopatra:
Spanien ist ein Land, in dem der deutsche VW-Konzern Kleinwagen produzieren lässt…
Arthur Dent
5. Oktober 2024 @ 08:52
Na prima, da wird Deutschland hoffentlich bald vom Nettozahler zum Nettoempfänger werden. Mal sehen, wie dumm die EU-Kommission aus der Wäsche guckt, wenn die dicken Schecks aus Deutschland ausbleiben, weil es mit der Wirtschaft immer weiter bergab geht.
Skyjumper
4. Oktober 2024 @ 19:30
Das ist Wasser auf die Mühlen des Kasan-Gipfels in einigen Wochen. Eine bisher nur in Aussicht stehende BRICS+ Getreidebörse hat bereits jetzt dafür gesorgt das China umfangreich Bestellungen in den USA und Australien storniert hat. Und die Verluste dabei gehen weit weit über den unmittelbaren Umsatzverlust hinaus, da dies zukünftigen Getreidegeschäfte dann auch nicht mehr über SWIFT abgewickelt werden.
Nun verzichten wir dann auch noch auf die Gewinne die europ. Unternehmen (siehe z.B. Seat) bisher mit in China gebauten, und in Europa verkauften E-Autos gemacht haben.
Ich halte es allerdings für „unfair“ dies UvdL in die Schuhe schieben zu wollen. Bis zum Kanzler-Eingriff hat die deutsche Politikriege kräftig an den Srafzöllen mitgewirkt.
Michael
5. Oktober 2024 @ 08:39
Der Scholz hat mitgewirkt bis es zu spät war und er überstimmt wurde! Das ist Führung wenn man sie bestellt … !
KK
5. Oktober 2024 @ 11:44
Der kleine „Führer“ Olaf kann im Brüsseler Bällebad abgeholt werden… 😉
european
4. Oktober 2024 @ 15:25
Solange sie niemand stoppt, wird das so weitergehen. Aber ich hab diesbezueglich sehr wenig Illusionen, nachdem in Bruessel ein System gegenseitiger Abhaengigkeiten geschaffen wurde.
Michael
4. Oktober 2024 @ 14:03
Deutschland wollte die Verlängerung der Personalie UvdL und jetzt passen Berlin die Zölle nicht! Dumm gelaufen! So kommt es wenn man nicht weiß was man tut und Dinge nicht vom Ende her durchdenkt!