Von der Leyen wird kriegstüchtig, Erdogan wird hofiert & Kallas ist isoliert
Die Watchlist EUropa vom 20. März 2025 – Heute mit News & Analysen zum “Weißbuch Verteidigung” der EU-Kommission, zum Werben um die Türkei und zum Scheitern der EU-Außenbeauftragten
Während die USA und Russland über Wege zum Frieden in der Ukraine sprechen, bereitet sich die EU auf einen großen Krieg mit Russland vor. „Die Geschichte wird uns Untätigkeit nicht verzeihen“, heißt es in einem Weißbuch zur Verteidigung, das die EU-Kommission vorgelegt hat.
Darin wird auch der Weg zu einer europäischen „Wiederbewaffnung“ (“Rearm Europe” ) vorgezeichnet. Die EU soll bis zum Jahr 2030 kriegstauglich werden („Readiness 2030“) und dafür sieben militärische „Fähigkeitslücken“ schließen. Kostenpunkt: Bis zu 800 Mrd Euro. Das ist mehr als nach der Coronakrise.
Die massive Aufrüstung hatte Kommissionspräsidentin von der Leyen bereits im Dezember angekündigt. Sie ist daher nicht auf die Politik von US-Präsident Donald Trump zurückzuführen. Allerdings bietet Trumps unberechenbarer Kurs einen willkommenen Grund für von der Leyen, um sich wieder mehr Macht zu sichern.
Die Aufrüstung soll nämlich von ihrer Behörde organisiert werden. Ähnlich wie in der Corona-Pandemie, als die frühere deutsche Verteidigungsministerin den Kauf von Impfstoff koordinierte, will sie auch bei der Beschaffung von Rüstungsgütern eine Schlüsselrolle spielen.
Das EU-Parlament ist außen vor
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Obwohl Rüstung und Verteidigung laut EU-Vertrag in den Händen der Mitgliedsstaaten liegen, entwickelt die von-der-Leyen-Behörde detaillierte Pläne. Sie sollen im Eilverfahren beschlossen werden – ohne Beteiligung des Europaparlaments.
Die Abgeordneten dürften auch später, bei der Vergabe der Kredite und der Bewilligung der Rüstungsprojekte, wenig zu melden haben. Dies zeigen die Erfahrungen mit dem Corona-Aufbaufonds: Die Entscheidungen über die Projekte und das Geld fallen in der Kommission, nicht im Parlament.
Fazit: Von der Leyen will sich die Aufsicht über die “Wiederbewaffnung EUropas” sichern, dabei aber keiner nennenswerten demokratischen Kontrolle unterliegen.
Gegenwehr ist nicht zu erwarten
Doch statt sich dagegen zu wehren, unterstützen die EU-Abgeordneten die Pläne der CDU-Politikerin – genau wie die 27 Staats- und Regierungschefs. Sie wollen die neue Aufrüstungs-Strategie beim EU-Gipfel am Donnerstag absegnen.
Derweil warnt dieselbe EU-Kommission davor, ihren sündhaft teuren Plan für andere Ausgaben zu nutzen, die nicht dem Ziel – Krieg bzw. Verteidigung gegen Russland – dienen. Ein “Defense washing” dürfe es nicht geben, heißt es in Brüssel.
Gleichzeitig sollen die EU-Staaten den Gürtel enger schnallen – alles, was nichts mit Waffen zu tun hat, unterliegt mehr denn je den strikten europäischen Schuldenregeln…
Siehe auch meinen Bericht in der taz: „Kriegstüchtiges“ Europa bis 2030
News & Updates
- Erdogan wird hofiert – trotz Repression. Die EU will die Beziehungen zur Türkei weiter aufwerten. Nachdem Sultan Erdogan bereits an einem europäischen Kriegsgipfel in London teilgenommen hat, soll er nun auch beim EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel mitreden. Die Türkei sei ein geschätzter Partner bei der Rüstung und in der Ukraine-Politik, heißt es in Brüssel. – Zu dumm, dass Erdogan gerade den Istanbuler Bürgermeister Imamoglu verhaften lief und die Repression gegen die Opposition erneut ausweitet. Das passt so gar nicht zur EU-Gipfelregie…
- Brüssel geht erneut gegen Google vor. Die EU-Kommission wirft Google vor, gegen die europäischen Wettbewerbsregeln zu verstoßen. In der Google-Suche verschaffe sich das Unternehmen einen unfairen Vorteil, indem es Links zu eigenen Diensten wie Google Flights oder Google Shopping ganz oben anzeige, erklärte die Kommission. Dem Mutterkonzern Alphabet drohen nun hohe Strafen. – Auch auf Apple wurde der Druck erhöht – trotz der Zolldrohungen von US-Präsident Trump.
- Ukraine-Verhandlungen ohne EUropäer. Die Bundesregierung ist zwar nach Angaben deutscher Regierungsvertreter in Berlin nach dem Telefonat von US-Präsident Trump und dem russischen Präsidenten Putin informiert worden. Man habe direkt danach mit dem Weißen Haus und auch mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj telefoniert. Doch an den nun anstehenden Verhandlungen ist die EU immer noch nicht beteiligt.
Das Letzte
Kallas ist isoliert. Die EU-Außenbeauftragte hatte einen Fehlstart in Brüssel; nun hagelt es Kritik. “Es läuft nicht gut für Kallas”, schrieb die “FAZ”, nachdem ihr Vorstoß für eine bis zu 40 Mrd. Euro teure EU-Waffenhilfe für die Ukraine gescheitert war. Auch sonst sei Kallas bisher kaum etwas geglückt. In Syrien schickte sie Noch-Außenministerin Baerbock vor, um das neue islamistische Regime herzlich zu begrüßen. Zu Israel nahm sie die Beziehungen wieder auf, als wenn nichts geschehen wäre – nun führt Netanjahu den Krieg gegen Gaza weiter, brutaler als je zuvor. Kallas ist derart isoliert, dass ihr Name nicht einmal mehr genannt wird, wenn es um einen möglichen EU-Vertreter für die Verhandlungen über die Ukraine geht (siehe oben in den News). Die erklärte Feindin Russlands ist Teil des Problems, nicht der Lösung…
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Guido B.
20. März 2025 @ 08:02
Wenn Russland pro Jahr 350 Milliarden Euro und die EU 150 Milliarden ausgeben würden, könnte man Verständnis für die Aufrüstungspläne von der Leyens haben. Aber es ist umgekehrt. Allein die EU-Staaten geben mehr als doppelt so viel für die Rüstung aus als Russland. Dazu kommen noch die Rüstungsausgaben der anderen NATO-Staaten. Die NATO-Armee ist Russlands Armee haushoch überlegen – ohne zusätzlich geplante 800 Milliarden. Somit ist von der Leyens Plan eine sinnlose Verschleuderung von Steuermilliarden, die letztlich nur bezweckt, Russland in einem Rüstungswettlauf wirtschaftlich zu ruinieren. Die EU wiederholt einfach die NATO-Strategie gegen die damalige Sowjetunion.
Das Ziel ist die Spaltung und Demontage der Russischen Föderation.
Diesmal wird sich Russland aber auf das Wettrüsten nicht einlassen. Putin hat aus der Geschichte gelernt. Am Ende wird sich die EU ruinieren, weil sie den Wohlstand und sozialen Zusammenhalt der Demokratien aufs Spiel setzt. Die Spaltung wird in der EU passieren, nicht in Russland. Von der Leyen und ihre Russenhasser-Clique sind gerade dabei, Europa zu ruinieren. Und das genau genommen ohne demokratische Legitimation.
Thomas Damrau
20. März 2025 @ 07:54
Wer sich heute früh den Weber Manfred aus Bayern reingezogen hat ( https://www.deutschlandfunk.de/interview-manfred-weber-evp-vor-dem-eu-gipfel-in-bruessel-100.html ), kann sich vorstellen, wohin der Hase in den nächsten Jahren laufen wird:
— 800 Milliarden seien ein guter Anfang
— man müsse auf Kriegswirtschaft umstellen
— in Deutschland sei die Bereitschaft, fürs Vaterland zu sterben, leider zu schwach ausgebildet
So ist halt der Mensch. Es löst nicht die relevanten Probleme, sondern die Probleme, die ihm vertraut sind:
— Die Wahrscheinlichkeit, dass Putin in den nächsten zehn Jahren ein inverses Unternehmen Barbarossa (https://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmen_Barbarossa) lostritt, liegt meines Erachtens unter 10%. (Dazu müsste er wirklich so realitätsfern sein wie seinerzeit Hitler.)
— Die Wahrscheinlichkeit, dass uns in den nächsten zehn Jahren das Klima die Hölle heiß machen wird, liegt bei über 90%.
ABER:
— Kalten Krieg können wir. Da sind wir Profis – vor allem die CSU.“
— Beim Zielkonflikt zwischen Ökonomie und Ökologie sind wir ratlos. Entweder wir leugnen den Konflikt (von Trump bis zu den deutschen Grünen mit ihrem Grünen Wachstum) oder wir ziehen uns auf die Formel „Ökologie schön und gut – aber jetzt brauchen wir erst mal Wachstum“ zurück.
Und so kommen die zwei Gedanken „Kalter Krieg“ und „Wachstum“ zusammen und gebären ein Monster: Ein Militärisch-industrieller Komplex innerhalb der EU (https://de.wikipedia.org/wiki/Milit%C3%A4risch-industrieller_Komplex).
Wachstum durch Kriegswirtschaft.
Helmut Höft
20. März 2025 @ 10:04
Eisenhowers Hinweis auf den m-iK in seiner Abschiedsrede am 17.01.1961 fußt auf den Erkenntnissen des Soziologen Ch.W. Mills formuliert in “The Power Elite” – im Link auf der WikiP enthalten. Das “Militarismus-Gen” scheint der amerikanischen DNA eingeschrieben zu sein (ggf. einer jeden Großmacht?) – unbeschadet zeitweiser Zurückhaltung, z. B. vor dem WK I. Wer die Gelegenheit hat ins Buch zu gucken (Bibliothek oder ISBN 978-3-86489-270-7 de: “Die Machtelite”, aktuelle Ausgabe) fängt diesbezüglich in Kapitel 9, S. 283 an. Hier noch ein unbedingt lesenswerter Hinweis auf das Werk welches noch mit einigen anderen Mythen, die sich um unseren besten Freund ranken, aufräumt:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=78935
Die USA teilen das Schicksal einer Großmacht: Man tut was man will weil man es kann (and it pleases the Oligarchy)!
Helmut Höft
20. März 2025 @ 23:51
Nachtrag zum US-Militär-Gen: https://geopoliticaleconomy.com/2025/03/13/us-top-weapons-exports-china-russia/
The 10 largest arms exporters from 2020-24 were the following:
United States (43% of the world) !! Wenn doch “alle” bei den Amis kaufen, warum wir auch nicht??
France (9.6%)
Russia (7.8%)
China (5.9%)
Germany (5.6%)
usw. (Tschörmenie hält tapfer den 5. Rang!) Klima liegt auf Rang 4711 *kotz*