Leyen will den Sessel, Merkel will die Notbremse – und Milliarden für die Industrie

Die Watchlist EUropa vom 13. April 2021 –

Was hat Kommissionschefin Ursula von der Leyen zur europäischen Außenpolitik beigetragen – abgesehen von Lippenbekenntnissen zur transatlantischen Freundschaft?

Nichts.

Sie behauptet zwar, eine „geopolitische Kommission“ zu führen. Doch immer, wenn es ernst wird, taucht sie ab.

Das war bei der Ermordung des iranischen Generals Soleimani durch die USA so, und das ist jetzt – angesichts der Kriegsgefahr in der Ukraine – nicht anders.

Nicht einmal zu Nord Stream 2 hat die deutsche CDU-Dame eine Meinung. Vermutlich, weil es ein deutsches Problem ist.

Umso größer ist ihr Ego, wie sich jetzt im Streit mit Ratspräsident Charles Michel zeigt.

Das sogenannte „Sofagate“, mit dem der türkische Sultan Erdogan die EU-Spitzen vorführt, bläst sie zur Staatsaffäre auf.

Nie wieder werde sie so eine Behandlung akzeptieren, ließ von der Leyen nach einem „Krisentreffen“ mit Michel am Montag in Brüssel erklären.

Nie wieder will sie auf dem Sofa sitzen – die Dame verlangt einen (Chef-)Sessel!

Was soll man dazu sagen?

Das ist das Niveau der Kreisklasse

Nützt es noch, auf das Protokoll zu verweisen, in dem der Ratspräsident – als Repräsentant von 27 Staats- und Regierungschefs – bisher immer höher stand als der Kommissionschef?

Hilft es uns weiter, bei Politologen oder Psychologen Rat zu suchen, die meinen, von der Leyen und Michel gehörten gemeinsam auf die Couch?

Sollte Michel ausbreiten, was ihm seit Tagen den Schlaf raubt? Muß von der Leyen ihre geheimsten Träume enthüllen? Brauchen wir eine öffentliche Psychotherapie?

Ich meine: Nein. Dieses absurde Spektakel zeigt nur, dass die beiden Spitzen aus Brüssel in der Kreisklasse spielen.

Sie machen keine Außenpolitik, schon gar keine Geopolitik, sondern liefern sich sinnlose Hahnenkämpfe, die niemanden außerhalb Brüssels interessieren.

Vestager hat sie schon ausgestochen

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Frauen können dies, nebenbei bemerkt, mindestens ebenso gut wie Männer. Von der Leyen ist dabei sogar besonders „erfolgreich“.

Das zeigt ein Blick auf ihre Kommission.

Sie hat es nicht nur geschafft, ihre Rivalen Frans Timmermann und Margrete Vestager auszustechen. Von den beiden ehemaligen Spitzenkandidaten hört man fast gar nichts mehr.

Sie hat auch die anderen Kommissare auf Linie gebracht und alle wichtigen Dossiers – von der Impfstoff-Beschaffung bis zum Green-Deal an sich gerissen.

Borrell wird zum Grüßaugust degradiert

Die meisten Mitglieder im „Team Europa“ sind nur noch Statisten.

Das gilt auch für den EU-Außenvertreter Borrell. Der Spanier wollte die „geopolitische Kommission“ verkörpern.

Nun ist er nur noch ein Grußaugust und muß hilflos mit ansehen, wie von der Leyen noch mehr Macht an sich reißt, selbst in der Außenpolitik…

Siehe auch „Nach Sofagate: Der europäische Michel schläft schlecht“

Watchlist

Kommt die bundesweite Corona-„Notbremse“? Dafür kämpft Kanzlerin Merkel; noch am Montag sollte der Gesetzentwurf vorgelegt werden. Allerdings gab es bis zuletzt Streit um die vorgesehenen Ausgangssperren – und um die Schwellenwerte von 100 bis 200 für die Inzidenz. – Mich wundert ja, dass man Freiheits-Beschränkungen von Zahlen abhängig machen will. Derzeit kann nicht einmal das RKI genau sagen, wie groß die Inzidenz ist – weil Ostern keine hinreichenden Daten erhoben wurden. Es ist, als wollten wir unser Leben vom Luftdruck abhängig machen, der von einem Frosch im Glas „gemessen“ wird…

Hotlist

  • Public Private Partnership reloaded: The European Commission has proposed to Member States to expand the highly problematic model of EU Joint Undertakings, very large industry-driven public-private research partnerships, in the EU’s new research funding programme Horizon Europe. Now almost €10 billion of EU funding would be up for grabs for nine new partnerships, with no longer any cash contribution foreseen from participating corporations to the projects fund. – Ein Must-read von Corporate Europe Observatory
  • Julian Assange ist zwei Jahre in Haft: Weltweit wird die Freilassung des Wikileaks-Gründers gefordert, notiert „Netzpolitik“. Die USA halten dennoch an ihrer Anklage fest. In 18 Anklagepunkten werfen die Vereinigten Staaten von Amerika Assange unter anderem vor, die Whistleblowerin Chelsea Manning unterstützt und sie darüber hinaus zu Spionage angestiftet zu haben. – Der Machtwechsel in Washington hat nichts an der US-Politik geändert. Brüssel ist daran mitschuld – denn die EU schweigt…
  • Iran-Sanktionen werden zum Bumerang: Als Reaktion auf neue Sanktionen der EU setzt der Iran seine Kooperation mit der Europäischen Union in mehreren Bereichen aus. Das Außenministerium in Teheran erklärte am Montag, suspendiert werde der Dialog zu Menschenrechtsfragen, zu Anti-Terror-Maßnahmen, zur Bekämpfung des Drogenhandels und zu Flüchtlingsangelegenheiten, berichtet die „Zeit“. – Wem ist mit all dem gedient? Bestimmt nicht den Menschenrechten. Und dem Atomdeal auch nicht… – Mehr hier