Von der Leyen folgt deutschen Wünschen

Wie unabhängig ist EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen? Diese Frage stellt sich erneut – denn die deutsche EU-Chefin folgt mal wieder deutschen Wünschen.

  • Erstes Beispiel: CETA. Seit Jahren schiebt Deutschland die Ratifizierung des umstrittenen Freihandelsabkommens mit Kanada vor sich her. Nun legte die Bundesregierung in Brüssel einige Änderungswünsche vor – und von der Leyen machte sie sich sofort zu eigen. Jetzt müssen nur noch die restlichen zehn EU-Staaten mitziehen – auch sie, so hofft man in Berlin, werden den deutschen Wünschen folgen.
  • Zweites Beispiel: Strommarkt-Reform. Monatelang sträubte sich von der Leyen gegen jede Änderung am offensichtlich dysfunktionalen Marktdesign. Doch als Bundeswirtschaftsminister Habeck am Wochenende die deutsche Blockade aufgab und selbst eine Reform forderte, schwenkte die CDU-Politikerin sofort um – und kündigte Vorschläge der EU-Kommission an.

Diese Beispiele sind keineswegs Einzelfälle. Auch in der Coronakrise folgte von der Leyen immer wieder der deutschen Linie. So lehnte sie zunächst Eurobonds und andere Formen der EU-Verschuldung ab – um dann plötzlich für die Aufnahme von 750 Mrd. Euro EU-Schulden zu plädieren, genau wie Ex-Kanzlerin Merkel. Offenbar hat Berlin nachgeholfen.

Für großen Ärger sorgte ihr Vorgehen in der Impfstoff-Krise Anfang 2021. Von der Leyen ließ die Kritik aus vielen EU-Ländern an sich abprallen. Erst als auch in Deutschland der Unmut über die schleppende Lieferung anschwoll, gab sie dem deutschen Fernsehen ein Interview und versprach schnelle Abhilfe.

Von der Leyen agiere nur im deutschen Interesse, klagten viele nicht-deutsche EU-Korrespondenten. Auch jetzt wird diese Klage wieder laut…