Von der Leyen 2.0 steht auf der Kippe, Le Pen soll büßen – und “F… you”

Die Watchlist EUropa vom 14. November 2024 – Heute mit News und Analysen zum Machtkampf im Europaparlament, zur Politik in Frankreich und zu einem vulgären ukrainischen Schlachtruf.

Dicke Luft im Europaparlament: Die großen Fraktionen haben sich über die Kandidaten für die neue EU-Kommission zerstritten. Ursprünglich sollten die letzten der 26 designierten Kommissare bereits am Dienstag grünes Licht aus dem Parlament bekommen. Doch noch während der Anhörungen brach heftiger Streit aus.  

Nun wackelt der Zeitplan für den Start des neuen Teams von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Sogar die „Von-der-Leyen-Koalition“ aus Konservativen, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen bröckelt. Sie hatte sich nach der Europawahl konstituiert und sollte Mehrheiten ohne die erstarkten Rechtsparteien sichern.

Doch ausgerechnet an diesem Ziel droht die große Koalition nun zu scheitern. Die Sozialdemokraten werfen den Konservativen um Manfred Weber (CSU) vor, die „historische pro-europäische Mehrheit“ im Parlament zu gefährden und mit rechten EU-Gegnern zu paktieren. Die „Zukunft Europas“ stehe auf dem Spiel, warnen die Genossen.

Machtkampf um Melonis Mann

Entzündet hat sich der Streit an Raffaele Fitto. Von der Leyen will den Kandidaten der postfaschistischen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni zum „exekutiven“ Vizepräsidenten machen und ihm die milliardenschweren EU-Regionalfonds anvertrauen. Die harte Rechte hätte damit einen Chefposten in Brüssel – eine Premiere.

Dagegen laufen die Mitte-Links-Parteien Sturm. Bei der Anhörung am Dienstag warfen sie Melonis Mann vor, dass er sich nicht von deren „Fratelli d’Italia“ distanziert habe und den Rechtsstaat infrage stelle. Fitto wies alle Vorwürfe zurück. Doch Sozialdemokraten und Grüne wollen ihn nicht mittragen – jedenfalls nicht als Vizepräsidenten. 

„Der designierte Kommissar hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass er kein Verfechter europäischer Werte ist“, sagte Terry Reintke, Ko-Vorsitzende der Grünen-Fraktion. „Der Rechtsaußen-Politiker ist für das herausragende Amt des Vizepräsidenten nicht geeignet.“ Die SPD forderte, ihm diesen Titel zu entziehen.

Platzt die gesamte Kommission?

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Dazu ist die konservative Europäische Volkspartei EVP, der auch von der Leyen angehört, jedoch nicht bereit. Sie drohte, auch der spanischen Sozialistin Teresa Ribera das Vertrauen zu entziehen. In diesem Fall wollen die Sozialdemokraten jedoch die gesamte Kommission platzen lassen.

Von der Leyen 2.0 steht auf der Kippe – ein Schelm, wer dabei an das Ende der Ampel in Berlin denkt…

Siehe auch “Neue EU-Kommission: Die Anhörungen werden zur Farce” und Anhörung der neuen EU-Kommission – ein abgekartetes Spiel?

News & Updates

  • Le Pen soll büßen – Aus für Wahl? Im Prozess um die Veruntreuung von EU-Geldern hat die französische Staatsanwaltschaft für die Rechtspopulistin Marine Le Pen fünf Jahre Haft, davon zwei Jahre auf Bewährung, sowie einen fünfjährigen Entzug des passiven Wahlrechts gefordert. Eine solche Strafe “würde den Angeklagten verbieten, bei künftigen lokalen oder nationalen Wahlen zu kandidieren“, erklärte der Staatsanwalt in Paris. Im Klartext: Die derzeit aussichtsreichste Kandidatin für die Präsidentschaftswahl 2027 wäre aus dem Rennen…
  • Protest gegen Mercosur-Deal. Aus Protest gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten haben Landwirte aus Belgien, Frankreich und Deutschland das Brüsseler Europaviertel lahmgelegt. Der Deal ist aber kaum noch zu verhindern. Onbwohl Frankreich und Belgien dagegen sind, will die EU-Kommission ihn im Dezember unter Dach und Fach bringen.
  • EU plant neue Russland-Sanktionen. In Brüssel haben die Vorbereitungen für ein neues, 15. Sanktionspaket gegen Russland begonnen. Dabei gibt es keine Evidenz, dass die Strafmaßnahmen die gewünschte Wirkung entfalten – im Gegenteil: Sie schaden Deutschland und EUropa. – Mehr im Blog. Siehe auch “EUropas Kriegsagenda nimmt Gestalt an”.

Das Letzte

“F… you, Russland” nicht geschützt. Der ukrainische Schlachtruf “Russisches Kriegsschiff, fuck you” kann nicht als Marke geschützt werden. Es handele sich um einen politischen Slogan, argumentierte das Gericht der EU und bestätigte eine entsprechende Entscheidung einer untergeordneten Instanz. Der Schlachtruf geht auf die Anfänge des von Russland begonnenen Krieges zurück. Er ist ein Ausdruck des Stolzes und des Widerstandes der Bevölkerung geworden – aber EU-Schutz genießt er deswegen noch lange nicht…

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