Vom Verschwinden der (europäischen) Welt

Es ist schon paradox: Nie war die Welt so vernetzt wie heute, nie konnte man sich so gut informieren. Doch gleichzeitig leidet die Auslands-Berichterstattung in den traditionellen Medien – auch in EUropa. Was steckt dahinter?

Darüber haben die “Weltreporter”, eine Vereinigung von freiberuflichen Auslands-Korrespondenten (der auch ich angehöre), in der Berliner Volksbühne diskutiert.

Unter dem Titel “Das Verschwinden der Welt” ging es um Zeitungssterben, sinkende Honorare, weniger Plätze für Auslandsthemen – aber auch um die immer schlechteren Arbeitsbedingungen in vielen Ländern.

Selbst in den USA wird es zunehmend schwierig, frei zu berichten. Aber auch in EUropa nehmen die Probleme zu – und zwar nicht nur in Polen oder Ungarn, sondern auch in Spanien oder Frankreich.

Und wie sieht es in Brüssel aus? Hier ist die Lage paradox. Einerseits ist Brüssel mit mehr als 1000 akkreditieren Journalisten immer noch einer der größten Korrespondentenplätze der Welt.

Die Zusammenarbeit ist vorbildlich, die Informationsvielfalt erschlagend. Zu jedem Thema gibt es (mindestens) 28 verschiedene Perspektiven – nämlich so viele, wie die EU Mitgliedsländer hat.

Doch auch hier schwindet auch die Themenvielfalt, auch hier schlägt der Mainstream zu. Seit Wochen berichten die Medien fast nur noch vom Brexit, die anderen EU-Länder und ihre Probleme verschwinden vom Radarschirm.

Wie das dann aussieht, konnte man am Beispiel Italien sehen. Jahrelang hat sich keiner um das Land gekümmert – erst als Matteo Salvini nach der Macht griff und eine Schuldenkrise drohte, kam es zurück (in die Schlagzeilen).

Personalisierung und Dramatisierung machen eine sachliche Berichterstattung schwer. Boris Johnson ist der Buhmann, neuerdings auch Emmanuel Macron. Der Backstop ist heilig – selbst wenn er schließlich gestrichen wird.

Die EU-Kommission, die sich selbst als Gralshüterin der europäischen Werte versteht, verweigert Auskunft oder liefert – wie im Fall Selmayr – selbst nur noch unvollständige oder irreführende Informationen.

Und wer (allzu) lange in Brüssel arbeitet, läuft Gefahr, der “Brüsseler Blase” zu verfallen und selbst betriebsblind zu werden. Genau dagegen arbeite ich mit diesem Blog an – mit begrenztem Erfolg…

Mehr zur Veranstaltung der Weltreporter hier, zu den Problemen der Medien und ihrer Kritik hier

Foto: Weltreporter.net