Lawrow schlägt Borrell 2:0

Erst die Demütigung in Moskau, nun die Rechtfertigung in Brüssel: Für den EU-Außenbeauftragten Borrell kommt es nach seiner Russland-Visite ganz dick. Sein russischer Amtskollege Lawrow fügt ihm eine doppelte Niederlage zu.

Hauptziel der Reise sei gewesen, klare Botschaften zum Fall des inhaftierten russischen Kremlkritikers Alexej Nawalny, über die Beziehungen zu Russland und das russische Verhalten in Europa zu übermitteln, sagte Borrells Sprecher. “Das wurde gemacht. Das wurde sehr klar und entschieden an die russische Seite übermittelt.”

Doch für diese Botschaften hätte Borrell nicht nach Moskau fliegen müssen. Sie werden täglich über die Medien verbreitet. Weniger bekannt ist, welche Botschaften Lawrow für seinen Amtskollegen bereithielt. Darüber wird nämlich so gut wie nie berichtet.

Und sie sind für überzeugte EUropäer recht unerfreulich. Lawrow hat der EU den Spiegel vorgehalten – und zwei Punkte gemacht.

Botschaft Nummer eins: Auch im Westen gibt es Polizeigewalt. Um das zu unterstreichen, hatte das russische Außenministerium eigens ein Video vorbereitet, das u.a. Szenen von den Gelbwesten-Protesten in Frankreich zeigt. Die Polizei in Paris war mit äußerster Härte vorgegangen…

Botschaft Nummer zwei: Die westliche Sanktionspolitik ist verlogen. Lawrow konfrontierte Borrell mit den US-Sanktionen gegen Kuba, um das zu illustrieren. Ein geschickter Schachzug – denn die EU lehnt die US-Sanktionen ab, Borrells Heimatland Spanien ist da besonders vehement.

Das ist die größte (Selbst-)Erniedrigung in der Geschichte europäischer Diplomatie.

S. Lagodinsky, grüner Europaabgeordneter

Dem EU-Außenvertreter ist es nicht gelungen, diesen – zugegeben ziemlich hinterlistigen – Argumenten etwas entgegenzusetzen. Er war schlecht vorbereitet und rhetorisch schwach. Das war seine erste Niederlage.

Nun muß sich Borrell in Brüssel auch noch für die Blamage rechtfertigen, am Dienstag steht eine hochnotpeinliche Befragung im Europaparlament bevor. Dort droht ihm die zweite Niederlage.

Denn die Abgeordneten fordern schon seit langem einen härteren Kurs gegen Russland. Borrell, der das EU-Parlament selbst jahrelang führte, muss sich – wenn nicht alles täuscht – auf eigenem Platz geschlagen geben.

Dabei sollte er doch der Champion der “geopolitischen Kommission” sein, die Ex-Verteidigungsministerin von der Leyen führt. Nun sieht er sich sogar mit ersten Rücktritts-Forderungen konfrontiert…

Siehe auch “Tiefpunkt mit Russland” und “Europaparlament schwenkt auf Anti-Russland-Kurs