Vive la République

Nachdem sich der „Aufbruch für Europa“ als Schimäre erwiesen hat (Grüß Gott, Herr Weber!), wird es Zeit, sich Alternativen zuzuwenden. Zum Beispiel dem „European Balcony Project“, das am Samstag in vielen Städten startet.

Dabei geht es um die symbolische Ausrufung einer Europäischen Republik – 100 Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs und ebenfalls 100 Jahre nach der Ausrufung der ersten deutschen Republik.

Es gehe nicht darum, die Geschichte zu wiederholen, sondern darum, sich daran zu erinnern und ihre Wiederholung zu verhindern, sagt U. Guérot, die schon lange für eine Europäische Republik streitet.

Dabei geht sie manchmal seltsame Wege. So will Guérot die Nationalstaaten abschaffen und ein „Europa der Regionen“ gründen – aus meiner Sicht ein Irrweg, der in vordemokratische Kleinstaaterei zurückführen würde.

Problematisch scheint auch der Appell, die „Souveränität der Staaten“ durch die“ Souveränität der Bürgerinnen und Bürger“,  zu ersetzen. Dabei gibt es keinen europäischen Souverän, viele Bürger wollen davon auch nichts wissen.

Absolut erfreulich ist es jedoch, dass es Guérot und ihren Mitstreitern gelungen ist, ausgerechnet in Deutschland – der „Macht in der Mitte“ (H. Münkler), die den Status Quo mit Zähnen und Klauen verteidigt – viele Mitstreiter zu gewinnen.

Das lässt hoffen, dass endlich auch in Merkelland ein Umdenken einsetzen könnte – ob es vom „deutschen Europa“ zum „europäischen Deutschland“ oder sogar zur Europäischen Republik führt, sei dahingestellt…

Das Manifest des „Balcony Project“ steht hier, einen Live-Blog gibt es am Samstag hier

WATCHLIST:

  • Beim European Forum, zu dem linke, grüne und alternative Parteien ab Freitag nach Bilbao (Nordspanien) laden, soll es um Alternativen zum neoliberalen Kurs der EU gehen. Zu den Gästen zählt u.a. G. Gysi, das Programm steht hier

WAS FEHLT:

  • Ein dritter Weg zwischen „There is no alternative“ (TINA) und EU-Austritt. Das meint ATTAC Österreich, das dem Reform- Dilemma ein Buch gewidmet hat. Der Titel „The European illusion“ klingt wenig zuversichtlich, die Einleitung steht hier