Viva Espana!

Jetzt geht es den Spaniern an den Kragen – oder doch nicht?

Spanien kann sein Defizitziel für 2012 nicht halten – und bekommt wider Erwarten einen Aufschub. Die EU-Finanzminister „erlauben“ es Madrid, das Defizit statt auf die vereinbarten 4,4 nur auf 5,3 Prozent zu drücken. Doch schon 2013 soll die Zielmarke von 3 Prozent erreicht werden – ein Ding der Unmöglichkeit. Spanien sollte die Vorgaben aus Brüssel ignorieren, sonst droht dem Land ein ähnliches Schicksal wie in Griechenland.

So sieht also das neue Defizitverfahren im „deutschen Europa“ aus: Noch bevor der Ecofin-Rat in Brüssel beginnt, trifft sich Finanzminister Schäuble mit seinem spanischen Kollegen De Guindos, um über die prekäre Kassenlage in Madrid zu sprechen. De Guindos habe um die Unterredung gebeten, hieß es. 

Schäuble ließ sich nicht zweimal bitten – wenn Spanien jetzt schon die Defizitziele verfehlt, kann man sich ausmalen, wie es um den (noch härteren) deutschen Fiskalpakt steht, der 2013 eingeführt werden soll. Von einem „Test für die Stabilitätsunion“ war die Rede. Und von einer Provokation: Spaniens Regierungschef Rajoy hatte das Defizitproblem just an dem Tag eingeräumt, da der Fiskalpakt in Brüssel beschlossen wurde.

Doch Schäuble zeigte sich im Gespräch mit De Guindos ungewöhnlich milde. Spanien habe „beachtliche Fortschritte“ gemacht, lobte der deutsche Kassenwart. Das Treffen endete mit einem typischen Brüsseler Kompromiß: In diesem Jahr darf Spanien etwas weniger sparen, dafür muss es 2013 umso härter auf die Bremse treten, um den Maastricht-Fetisch von 3 Prozent zu erfüllen.  

In der Praxis bedeutet das Einsparungen von 35 Mrd. Euro im öffentlichen Sektor allein in diesem Jahr, wie die FTD vorrechnet. Angesichts der Rezession ist dies natürlich Wahnsinn. Derartige Kürzungen, die ungefähr jenen in Griechenland entsprechen, würden die Konjunktur nur noch weiter abwürgen und die Krise verschärfen. Der IWF hat Rajoy denn auch bereits nahegelegt, die EU-Ziele zu ignorieren, um das Wachstum zu retten.  

Allerdings wäre dies mit einem finanziellen Risiko verbunden, wie das Beispiel Ungarn zeigt: Wegen eines Verstoßes gegen die EU-Vorgaben droht Budapest nun der Entzug von Fördergeldern in Höhe von 500 Millionen Euro. Und das, obwohl Ungarn bereits auf Finanzhilfe angewiesen ist und kurz vor der Staatspleite steht. „Zweierlei Maß“, schimpfte Österreich Finanzministerin Fekter, schließlich habe man in Spanien doch gerade erst ein Auge zugedrückt.

Doch sie konnte sich nicht durchsetzen, Brüssel bleibt hart.

An dem ungeliebten ungarischen Premier Orban will die EU offenbar ein Exempel statuieren. Es kostet ja nichts, Ungarn ist kein Mitglied der Eurozone. In Spanien sieht das ganz anders aus: es gilt als Schlüsselland in der Eurokrise. Wenn Spanien in Schieflage gerät, genügt nicht einmal der Euro-Rettungsschirm, um das Land zu stabilisieren. Auch der Fokus der Märkte hat sich von Rom nach Madrid verlagert.

Diese strategische Stellung sollte Madrid nutzen, Schäuble und den anderen Sparfetischisten die Stirn zu bieten: Viva Espana!


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