Vierundvierzig neue EU-Gesetze, aber kein Plan gegen Corona

Die Watchlist EUropa vom 20. Oktober 2020 –

Am Tag, da in Brüssel ein neuer Lockdown begann und der belgische Gesundheitsminister vor der „schlimmsten und gefährlichsten“ Corona-Lage in ganz Europa warnte, hatte die EU-Kommission wie immer Wichtigeres zu tun.

Sie schmiedete Pläne für 2021. Nicht weniger als 86 Initiativen in 44 Gesetzgebungs-Paketen will die Brüsseler Behörde vorlegen – darunter das Programm „Fit for 55“, das sich nicht an Senioren richtet, sondern dem Klimaschutz dienen soll.

Die Brüsseler Behörde legte auch einen Entwurf für neue Menschenrechts-Sanktionen vor, die dem US-amerikanischen Global Magnitsky-Act nachempfunden sind. Damit will man künftig auch gegen Individuen vorgehen, nicht nur gegen Staaten.

Veröffentlicht wurde der Vorschlag aus Geheimhaltungsgründen nicht.

Dennoch ist klar, dass er sich gegen Russland und China richtet – und nicht gegen US-Präsident Trump, der den Internationalen Strafgerichtshof schikaniert oder gegen Sultan Erdogan, der die Menschenrechte der Kurden mit Füssen tritt.

Die EU-Kommission schwingt sich zum Richter über die halbe Welt auf – dabei schafft sie es selbst nicht einmal, gegen Journalistenmorde auf Malta, Rechtsstaats-Verstöße in Polen oder die Gleichschaltung der Medien in Ungarn vorzugehen.

Und zur Corona-Lage vor Ort in Brüssel weiß sie auch nichts zu sagen. Kommissionschefin von der Leyen sprach die Coronakrise zwar an:

Our utmost priority will continue being to save lives and livelihoods threatened by the coronavirus pandemic. We have already achieved a lot. But Europe is not out of the woods yet and the second wave is hitting hard across Europe. We must remain vigilant and step up, all of us.

Doch einen Plan gegen die Pandemie legte sie nicht vor. Selbst die angekündigte „Gesundheitsunion“ bleibt vage. Nur die eigene, ebenfalls geheimnisumwitterte Impfstrategie wurde nochmals bekräftigt – dabei hat sie bisher keine Resultate geliefert.

Wenn es dumm läuft, werden die Europäer als Letzte in den Genuß von Impfstoffen kommen – nach Russen, Amerikanern und Chinesen…

Mehr zur Impfstrategie hier. Das Arbeitsprogramm für 2021 steht hier

Watchlist

Können sich die Agrarminister auf eine Reform einigen, die die Landwirtschaft klimafreundlich und die EU-Subventionen gerechter macht? Dies dürfte sich am Dienstag in Luxemburg entscheiden, wo die Agrarminister tagen. Gleichzeitig debattiert das EU-Parlament über mehrere Agrar-Themen, unter anderem über die Änderung der GMO-Verordnung sowie die Finanzierungund Überwachung der Gemeinsamen Agrarpolitik. Im vergangenen Jahr gab es eine Art Bauernaufstand, folgt nun die Revolution?

Was fehlt

Der Vorstoß von EZB-Chefin Lagarde für einen dauerhaften Aufbaufonds. „Wir sollten die Möglichkeit diskutieren, dass es im europäischen Instrumentenkasten verbleibt, damit es wieder verwendet werden kann, wenn ähnliche Umstände eintreten“, sagte sie unter Verweis auf den neuen, schuldenfinanzierten Corona-Fonds. Der ist allerdings befristet – und Bundesbank-Chef Weidmann widersprach sofort: „Diese Form der Schuldenaufnahme sollte eine einmalige Krisenmaßnahme bleiben“, sagte er. Da liegt Streit in der Luft!

Das Letzte

Ein neues Gerücht macht die Runde: die EU wolle „Veggie-Burger“ verbieten – bzw. diesen Begriff untersagen. „Völliger Unsinn“, sagt der Grünen-Europaabgeordnete M. Häusling. „Wir Grüne fordern eine klare Kennzeichnung von Lebensmitteln für den Verbraucher und wollen, dass Bezeichnungen wie Burger, Würste etc. weiterhin verwendet werden dürfen, solange diese deutlich mit dem Beiwort „pflanzlich“, „vegetarisch“, „fleischfrei“ etc. versehen sind.“ Warten wir mal ab, was hinten rauskommt…

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