Links blinken, rechts fahren?

Weiblicher, sozialer, grüner: Bei ihrer Bewerbungs-Rede im Europaparlament hat die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen einige überraschende Akzente gesetzt. Blinkt sie links, um rechts zu fahren?

Die Nachfolgerin von EU-Kommissionschef Juncker, die mit 383 zu 327 Stimmen gewählt wurde (die Mehrheit lag bei 374), bekannte sich zu einem „grünen Deal“ und übernahm die SPD-Forderung nach einer Arbeitslosen-Rückversicherung.

Eine Klimabank soll es in der EU künftig ebenso geben wie ein neues Investitionsprogramm. Zeitweise klang VdL so, als wolle sie eine rotgrüne oder linksliberale Regierung führen.

Doch zum harten Kern ihres Programms gehören diese Versprechen nicht. Ganz oben steht vielmehr die Aufrüstung der EU und die “Sicherung” der Außengrenzen, die schneller kommen soll als geplant.

Die deutsche Kandidatin legte auch ein Bekenntnis zur Nato und zur “transatlantischen Partnerschaft” ab. Die Briten will sie so lange in der EU halten, wie möglich – der Brexit könnte erneut verschoben werden.

Von der EVP und CDU/CSU übernahm sie zudem das Versprechen, das Spitzenkandidaten-Verfahren weiterzuführen, das den Konservativen seit 2009 die Macht in Brüssel sichert.

Die EVP dürfte denn auch die Machtbasis der neuen Kommissionschefin bleiben, die ihr Amt erst im November antritt. Auch die Liberalen sowie die Mehrheit der Sozialdemokraten sind im Boot – wenn auch mit Vorbehalten.

“Wir werden Frau Von der Leyen unterstützen, so lange sie ihre Versprechen einhält”, sagte die spanische Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Iratxe García.

Noch nüchterner äußerte sich die Niederländerin Sophia in’t Veld von den Liberalen: “Die Frage ist, werden Sie der Schoßhund der EU-Staaten sein, oder der Pittbull, den ich wünsche?”

Geheimmission in Warschau

Gute Frage! Klar ist nur eins: Die Wahl war denkbar knapp – und den Ausschlag dürften am Ende die EU-Skeptiker und -Gegner vom Schlage eines Viktor Orban gegeben haben.

Orbans Fidesz-Partei aus Ungarn stimmte geschlossen für die Deutsche, die Fünf-Sterne-Bewegung aus Italien auch. Auch die Polen von der nationalkonservativen PiS-Partei sagten Ja.

Allerdings nicht spontan. CDU-Generalsekretär Ziemiak hat offenbar ein wenig nachgeholfen – auf einer Geheimmission in Warschau…