Glyphosat vernichtet Vertrauen
WATCHLIST EUROPA 28.11.2017 – Eigentlich sollte es “nur” um Glyphosat gehen. Doch am Ende der Abstimmung über das Unkrautvernichtungsmittel von Monsanta/Bayer am Montag in Brüssel ging es ums Ganze.
Von einem “Vertrauensbruch” spricht die SPD, nachdem CSU-Agrarminister Schmidt für die weitere Zulassung des Glyphosats um fünf Jahre gestimmt hatte. Umweltministerin Hendricks (SPD) war nämlich dagegen.
In Brüssel hatten deswegen alle mit einer deutschen Enthaltung gerechnet. So wollen es die ungeschriebenen Regeln der deutschen Europapolitik: Ja plus Nein gleich Enthaltung.
Das “Ja” des CSU-Ministers macht nun nicht nur die SPD lächerlich. Es zeigt auch, wie es in der Europapolitik unter Merkel wirklich läuft: Am Ende obsiegen immer die Industrie-Interessen.
Dass Bayer das Monsanto-Produkt weiter verkaufen kann, scheint CSU (und CDU) wichtiger zu sein als die Zusammenarbeit in der GroKo – und das Vertrauen von EU-Partnern wie Frankreich und Belgien.
Diese beiden Länder hatten nämlich auch auf eine deutsche Enthaltung gesetzt. Frankreichs Macron hat sogar auf eine Fortsetzung der GroKo in Berlin gehofft. Nun sieht er, wohin das führt…
Wenn Merkel an der Macht bleibt, dann muss Macron bei der Euro-Reform mit derselben Salami-Taktik wie im Glyphosat-Streit rechnen: Erst werden alle hingehalten, dann macht sie, was ihr gefällt.
Immerhin hat die Glyphosat-Farce den Vorteil, dass nun niemand mehr sagen kann, er wisse nicht, wie Merkel tickt. Ihr geht es nicht um Vertrauen (auch wenn sie es stets beteuert), sondern um die Macht.
Im Kanzleramt betrachtet man Europapolitik schon lange als deutsche Innenpolitik. Und die dient derzeit vor allem dem Machterhalt – mal mithilfe der CSU, mal mit der SPD, wie es grad passt…
WAS FEHLT? Um 16 Uhr fliegt Merkel nach Abidjan an die Elfenbeinküste – zum EU-Afrika-Gipfel. Auch dort macht sie Frankreich neuerdings Konkurrenz. Die deutsche Industrie fordert einen “Schub” in der deutschen Afrikapolitik, um die Franzosen auszustechen…
Oudejans
28. November 2017 @ 15:17
Daß B und F besser nicht vertrauen sollten, _zeigt_ Schmidt diesen Ländern hier vor allem, als die Ursache für diese Tatsache sehe ich ihn aber weniger.
Aber selbst wenn die dt. Industrie objektiv von dem Votum profitiert – ist es doch auch ein Sabotageakt an der neuen, grünen Angela.
Die Grünen dürfen sich dagegen nun fragen, ob Angelas angeblich umfangreiche Zugeständnisse während der Koalitionssondierungen nicht in Wirklichkeit ein monumentales Lügengebäude waren.
Olli
28. November 2017 @ 11:18
Mich kotzt diese Gewürge von Merkel an.
Dieses JA von der CSU (und Merkel) im Alleingang muss doch eine deutliche Warnung für Schulz und CO sein.
Mit so einer Schwuchtel will die SPD eine Neuauflage der GroKo ?
Überlegt Euch das nochmal gut !!!
Peter Nemschak
28. November 2017 @ 10:21
Hätte eine andere Entscheidung Deutschlands am Ausgang der Abstimmung etwas geändert? Wenn nein, ist es vielleicht besser so, da man unter den heutigen Befürwortern mehr Einfluss auf die zukünftige Meinungsbildung hat als wäre man im Lager der Gegner. Im übrigen ist die schädliche Wirkung nach wie vor umstritten. Allerdings verlockt das Spiel mit den Ängsten der Bevölkerung die Politiker, daraus politische Münze zu schlagen. Dass Interessen im Spiel sind, ist unbestritten, nicht nur jene der Chemieindustrie und viel geschmähten Konzerne sondern viele andere auch, Biobauern, Imker und solche, die es noch werden wollen, ausgenommen. Letztlich geht es nicht um Glyphosat sondern um die Art von Landwirtschaft und Umwelt, die wir uns leisten wollen. Das schöne Leben zum Nulltarif ist noch nicht erfunden worden, wie die Klimapolitik deutlich macht.
ebo
28. November 2017 @ 10:26
Ja, das CSU Votum gab den Ausschlag.
Oudejans
28. November 2017 @ 18:45
Allerdings:
“Auch der deutsche Bayern-Konzern [sic] hätte sich eine Verlängerung der Zulassung auf 15 Jahre ausgesprochen.”
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/glyphosat-hersteller-sind-tief-enttaeuscht-ueber-eu-zulassung-15314505.html
Insoweit ist Schmidts Votum auch eine Botschaft, wer in Industriefragen Koch und wer Kellner ist. Ob solch unmerkelhaftes Verhalten im Bayervorstand die Ausgabe von Riechsalz erfordert?
ebo
28. November 2017 @ 19:18
Bayer hätte sicher auch nichts gegen eine Verlängerung um 100 Jahre habt. Vielleicht sollte man Schmidt zum Bayer-Sonderberater machen, wenn er von Merkel aus der Regierung herauskomplementiert wurde?