Vergesst den Fiskalpakt

Stürzt seine Regierung über Merkels “Meilenstein”?

Der Fiskalpakt steht zwei Wochen nach seiner Verabschiedung schon wieder auf der Kippe. Ähnlich wie in Deutschland stellt sich nun auch in Holland die Opposition quer – sie fordert mehr Zeit beim Schuldenabbau, wie die FTD meldet. Die Forderung ist berechtigt, schließlich hat ja auch Spanien einen Aufschub erhalten. Und es wäre Wahnsinn, die Konjunktur abzuwürgen, um Brüsseler Planvorgaben zum Defizit zu erfüllen.

“Erste Ausnahmen, erster Streit”, titelte die französische Wirtschaftszeitung “Les Echos” nach dem Treffen der Finanzminister in Brüssel. Eigentlich wollten sie am Montag und Dienstag zeigen, wie streng sie die neuen Budgetregeln anwenden, die durch den Fiskalpakt ab 2013 noch einmal verschärft werden. Doch stattdessen gewährten sie Spanien Aufschub beim Schuldenabbau, zumindest in diesem Jahr (siehe “Viva Espana”).

Dies brachte Belgien und die Niederlande in Rage, die sich bisher strikt an die Sparvorgaben aus Brüssel halten. Nun fordert die Opposition in Den Haag Konsequenzen: Auch die Niederlande müssten einen Aufschub erhalten, andernfalls werde sie nicht für den Fiskalpakt stimmen. Dumm für Regierungschef Rutte: ohne die Stimmen der Arbeitspartei kann der Pakt nicht ratifiziert werden. Ähnlich wie Berlin braucht auch Den Haag, das sich in der Eurokrise bisher als Hardliner gerierte (siehe “”Eine neue Troika”)  die Hilfe der Opposition.

Muß nun also schon das zweite Land der Eurozone um “Gnade” betteln? Oder wäre es sinnvoller, die Budgetregeln pragmatisch auszulegen? Dies ist das Dilemma, vor dem die Finanzminister stehen. Bleiben sie hart, stürzen Spanien und die Niederlande noch tiefer in die Rezession, das Defizit wächst dann zwangsläufig weiter an. Geben sie nach, ist die neue “Stabilitätsunion” in Gefahr, die Merkel und Finanzminister Schäuble erfolgreich durchgeboxt haben und die sie als “Meilenstein” im Kampf gegen die Schuldenkrise preisen.

Ich plädiere dafür, die Regeln nicht allzu strikt auszulegen – und eine pragmatische Fiskalpolitik zu machen. Die Budgetregeln stehen ohnehin auf schwankendem Boden, da ihre Kennziffern – Budgetdefizit, strukturelles Defizit (ohne konjunkturelle Einflüsse), Wachstum – regelmäßig falsch geschätzt werden. Und zwar nicht nur in Griechenland, sondern auch in Spanien und den Niederlanden.

Übrigens gilt dies auch für Deutschland, wie die jüngste Revision des Budgetdefizits (erfreulicherweise nach unten!) gerade erst gezeigt hat. Die Bundesregierung hält nicht einmal ihre eigenen Sparziele ein, meldete der “Spiegel”. Macht nichts: solange die Richtung stimmt und die Wirtschaft wächst, sollte auch dies erlaubt sein.

Also, liebe Finanzminister: Nehmt euch ein Beispiel an Deutschland, vergesst den Fiskalpakt – und gewährt auch den Niederlanden einen Aufschub!


P.S. Und was wird dann aus den Schulden, mag mancher fragen. Nun, dafür empfehle ich den Schuldentilgungsfonds – nähere Infos gibt gerne der Sachverständigenrat, zum Beispiel in diesem Q&A…

 

kostenloser Counter

Twittern