Demokratie per Ultimatum?

Über das Ziel sind sich die EUropäer einig: In Venezuela muss wieder Demokratie einkehren. Doch der Weg ist umstritten. Deutschland und drei weitere EU-Staaten versuchen es mit einem Ultimatum – und blitzen ab.

Staatschef Maduro zeigte sich von der Forderung, binnen acht Tagen Neuwahlen einzuleiten, unbeeindruckt. Oppositionsführer Guaido habe mit seiner Selbsternennung zum Staatsoberhaupt gegen die Verfassung verstoßen.

Zugleich betonte Maduro am Sonntag in einem Interview mit CNN Turk, offen für einen Dialog zu sein. Auch ein Treffen mit US-Präsident Trump sei nicht ausgeschlossen, wenn auch unwahrscheinlich.

Läuft das Ultimatum der EU also ins Leere? Und macht es überhaupt Sinn, Maduro damit zu drohen, Guaido anzuerkennen – nachdem die USA dies bereits getan haben? Wird die EU zum Follower Trumps?

Dies sind die Fragen, auf die sich die EU-Diplomaten in den nächsten Tagen vorbereiten müssen. Denn was passiert denn eigentlich, wenn die Frist in einer Woche abläuft, ohne dass es Neuwahlen gäbe?

Selbst EU-Länder wie Deutschland oder Frankreich wären nicht in der Lage, binnen einer Woche Neuwahlen anzusetzen. Sinnvoller wäre es deshalb gewesen, eine längere oder gar keine Frist zu setzen.

Auch die Anerkennung des selbsternannten Volkstribuns Guaidos ist ein zweischneidiges Schwert. Der Politiker ist selbst in Venezuela kaum bekannt und nur schwach vernetzt. Zudem hängt ihm nun das Etikett an, eine US-Marionette zu sein.

Mehr Erfolg verspräche es, an das Militär in Venezuela zu appellieren, sich für eine friedliche und demokratische Lösung der Krise einzusetzen. Zudem könnte die EU mit Maduro UND Guaidos das Gespräch suchen.

Stattdessen versuchen es die EUropäer mit einem Ultimatum – nachdem sie selbst unter Druck geraten waren. So hat Washington verhindert, dass Vertraute von Madoro Gold im Wert von 1,2 Mrd. Dollar von der Bank of England abziehen.

London folgte den Wünschen der US-Administration – und schloß sich dem EU-Ultimatum an. Ob die Goldreserven zum ultimativen Druckmittel werden? Oder wird es noch mehr Sanktionen geben, die das Volk aushungern?

Fest steht nur eins: Imperiales Gehabe wird die Sache nicht besser machen – sondern die Krise nur noch verschärfen!

P.S. Das EU-Ultimatum war zunächst von Deutschland, Frankreich und Spanien formuliert worden. Später schlossen sich UK, NL und PT an. Doch einige Länder, darunter Italien, haben Vorbehalte. Deshalb gibt es auch keine gemeinsame EU-Position!

Siehe auch „(Keine) Klare Ansage zu Venezuela“

WATCHLIST:

  • Am Montag ist Europäischer Datenschutztag. Ein guter Anlass, um über die Erfolge – und die Schattenseiten – der Datenschutzgrundverordnung DSGV nachzusinnen, die vor einem Jahr in Kraft trat. Zu den Erfolgen gehört, dass Google in Frankreich ein 50-Mill.-Euro-Strafe aufgebrummt wurde, wg. mangelnder Transparenz. Zu den Schattenseiten zählt, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten immer mehr Bürgerdaten speichern und teilen – von der DSGV wird das nicht erfasst!

WAS FEHLT:

  • Der Weckruf der Intellektuellen zur Europawahl. 29 Intellektuelle und Schriftsteller wie S. Rushdie, O. Pamuk, B.-H. Lévy oder H. Müller warnen vor einem Rückfall in Populismus und Nationalismus und fordern ein Bekenntnis zu Europa. Dabei gehe es nicht in erster Linie um die EU, so Lévy im französischen TV, sondern um die europäische Kultur, die gegen den Angriff von Rechts verteidigt werden müsse. Richtig, die Kultur ist wichtiger (und ehrwürdiger) als der Binnenmarkt!
  • Die 70.000 Demonstranten beim „Klima-Marsch“ in Brüssel. Nachdem sich schon die belgischen Schüler für eine aktive Klimapolitik engagiert haben, sind bei Schmuddelwetter nun auch die Erwachsenen auf die Straße gegangen. Ich bin gespannt, ob das auf die Wahlen in Belgien und die Europawahl ausstrahlt – sie finden am selben Tag statt. Übrigens waren in Brüssel mehr Menschen auf den Beinen als am Vortag in ganz Frankreich – die „Gelbwesten“ ziehen wohl nicht mehr so…