Gründe für den Rechtsruck, Israel ignoriert EU – und Johnsons Kriegspläne
Die Watchlist EUropa vom 01. Oktober 2024 – Heute mit News und Analysen zur Wahl in Österreich, zur Offensive Israels und zu britischen Plänen zu einem Überfall in den Niederlanden.
Rechtsruck, welcher Rechtsruck? Wer den Chefsprecher der EU-Kommission auf den Wahlsieg der FPÖ in Österreich anspricht, wird kühl abgefertigt. Man kommentiere grundsätzlich keine Wahlen. Auf Nachfrage einer österreichischen Journalistin, ob der FPÖ-Sieg etwas mit der EU-Politik zu tun haben könnte, wich er aus: „Das müssen Sie schon die Österreicher fragen.“ Von der Leyen habe alles richtig gemacht.
Die schmallippige Antwort zeigt, wie groß der Frust in der EU-Zentrale ist. Zu ihrer Migrationspolitik und ihrem Kurs in der Ukrainepolitik gebe es keine Alternative, ist von der Leyen überzeugt. Doch es sind genau diese Themen, die den Rechten quer durch Europa immer neue Wahlerfolge bescheren. Österreich ist längst keine Ausnahme mehr.
Bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland ist die AfD zur stärksten Partei aufgestiegen. Ungarn, Italien und die Niederlande werden schon von Nationalisten und Rechtspopulisten regiert. In Frankreich stützen die Rechten die umstrittene neue Regierung, in Belgien könnten sie den nächsten Premierminister stellen.
Die Probleme werden nicht gelöst
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Das hat sehr wohl mit der Arbeit von Kommissionschefin von der Leyen zu tun. Denn sie hat die Krisen nur verwaltet, aber keine Probleme gelöst. Die Flüchtlingskrise hat sie fünf Jahre lang sträflich vernachlässigt; ihr “Asyl- und Migrationspakt” ist eine Mogelpackung, die erst in zwei Jahren wirkt – wenn überhaupt.
Ihr Kurs in der Ukrainepolitik hat den Krieg nicht etwa wie versprochen beendet, sondern verschärft. Zudem führt er zu massiven Verteilungskonflikten. Für die Ukraine ist Geld da, für ein Klimageld nicht. Der versprochene EU-Beitritt ist unbezahlbar.
Auch die hohen Lebenshaltungskosten, der knappe Wohnraum und die steigende Ungleichheit treiben den Rechten Wähler zu. Denn die Linke greift die Themen nicht auf, die Liberalen ignorieren die Krise, die Konservativen haben keine Lösungen.
Weil sie keine Lösungen haben, aber um ihre Macht fürchten, schreiben CDU/CSU, ÖVP & Co. immer öfter bei den Rechten ab – womit sie den Rechtsruck nur noch weiter verstärken. Das Ergebnis lässt sich nun in Österreich besichtigen…
Siehe auch Rechtsruck in Österreich: Nagelprobe für die ÖVP – und die EVP
News & Updates
- Israel ignoriert die EU. Die EU-Außenminister haben bei einem virtuellen Krisentreffen erneut einen sofortigen Waffenstillstand im Libanon gefordert – von der Hisbollah und Israel. Doch Israel redet nicht mal mehr mit den EUropäern. Stattdessen teilte die Regierung Netanjahu den USA mit, dass sie eine “begrenzte” Bodenoffensive im Libanon plane. US-Präsident Biden deckt die Eskalation mit noch mehr Waffen und noch mehr US-Militärpräsenz … – Siehe auch “Europa zählt nicht” (Newsletter)
- Jetzt redet Assange. Drei Monate nach seiner Freilassung wird Wikileaks-Gründer Julian Assange am Dienstag im Europarat in Straßburg an einer Anhörung zu seinen Haftbedingungen, seiner Behandlung durch das UK und die USA und die Menschenrechte teilnehmen (Livestream hier). Am darauffolgenden Tag will die parlamentarische Versammlung über eine Resolution abstimmen. Von der EU in Brüssel wurde Assange übrigens noch nicht eingeladen… – Siehe auch Assange: Das Versagen der EU
- Breton klagt über deutsche Dominanz. Der frühere EU-Kommissar Thierry Breton sieht in seinem erzwungenen Rücktritt ein Zeichen für die Schwäche Frankreichs – und für die Dominanz Deutschlands unter von der Leyen. Die CDU-Politikerin habe dafür gesorgt, dass mehr deutsche Kabinettschefs die Geschäfte der Kommissare führen – und mehr konservative EVP-Politiker denn je zu Kommissaren ernannt wurden. – Mehr hier (Blog)
- Stolpert Le Pen über EU-Assistenten? Vor einem Pariser Strafgericht hat der Prozess gegen Marine Le Pen und weitere französische Rechtsnationale in der Affäre um mögliche Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament begonnen. Den Angeklagten wird Veruntreuung öffentlicher Gelder angelastet. Le Pen streitet alles ab – doch bei einer Verurteilung könnte sie für unwählbar erklärt werden. Das wäre ein Problem bei der Präsidentschaftswahl 2027…
Das Letzte
Johnson wollte in der EU eingreifen. Dass Boris Johnson nie ein Freund der EU war, ist bekannt. Dass der ehemalige britische Premier aber eine Militärintervention geplant hat, ist neu. Die Idee kam im Frühjahr 2021 inmitten der Coronakrise auf, schreibt Johnson in seinen Memoiren. Damals habe er erwogen, den seinerzeit knappen Impfstoff von AstraZeneca in einem Werk in den Niederlanden von britischen Soldaten abgreifen zu lassen. Am Ende habe er den Plan fallen gelassen, weil es “Unsinn” wäre, einen Nato-Partner zu überfallen. Da haben wir ja nochmal Glück gehabt…
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Monika
1. Oktober 2024 @ 11:34
…ob der FPÖ-Sieg etwas mit der EU-Politik zu tun haben könnte…
Lieber ebo warum fragst du? … sie, mit Frau vdLeyen als Frontfrau, wollen doch “nur das Beste für die Völker”… Frieden in den inner-nationalen Bereichen also Schafe statt Bürger, Freiheit für das Geld und die Wirtschaft, und genügend Kriegsgerät um damit die entgültige “Machtfrage” zu klären. Die europaweiten “National”bewegungen sind ein einziger letzter verzweifelter und wahrscheinlich zum Scheitern verurteilter Versuch, die Supranationale Entmündigung wenigstens abzubremsen.
…Israel redet nicht mal mehr mit den EUropäern…
es reicht doch, wenn die Europäer, hier besonders die Deutschen, weiterhin die “richtige” Antsemitismusdefinition (nach IHRA) nutzen und weiterhin zuverlässig das gewünschte Kriegsgerät, liefern. Warum sollten sie bezüglich ihrer Baustelle zum Handlanger gehen statt zum Polier ?
…Le Pen streitet alles ab – doch bei einer Verurteilung könnte sie für unwählbar erklärt werden…
Nachdem nun auch die 3.Säule der Demokratie, die Justiz, seit einiger Zeit immer mehr zur Waffe im politischen Machtkampf degeneriert wurde (vergleichbar der bereits völlig geschleiften 4.Säule der Demokratie, des freien Journalismus) muss man diese Waffe nutzen so lange sie noch brauchbar ist. Auch die Legislative, die 2. Säule der Demokratie, wird (Wahlen zu diversesten Parlamenten führen zu absurden Nachwahlverfahren zur StatusQuo-Sicherung) mit straffem Zeitplan rückgebaut. Bleibt als einzige Säule der Demokratie die Exekutive. Dieses Staatsmodell heißt aber dann nicht mehr Demokratie sondern Diktatur