Update Schengen: Grenzkontrollen beschäftigen EU-Gipfel
Wenn Kanzler Scholz und Innenministerin Faeser geglaubt haben sollten, die EU werde die deutschen Grenzkontrollen schlucken, so haben sie sich getäuscht.
Die Grenzkontrollen an den deutschen Landgrenzen stoßen weiter auf Kritik. Der polnische Europaminister Adam Szlapka sagte in Brüssel, das Thema dürfte den nächsten EU-Gipfel im Oktober beschäftigen.
Szlapka nannte es “inakzeptabel”, das Prinzip der Reisefreiheit im Schengen-Raum “um der Innenpolitik willen zu untergraben”, wie es die Bundesregierung tue.
Das Thema werde deshalb höchstwahrscheinlich auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 17. und 18. Oktober in Brüssel zur Sprache kommen.
Siehe auch “Sorge um Schengen” (Newsletter)
Michael Conrad
25. September 2024 @ 11:46
Die Simulation von Grenzkontrollen findet natürlich aus innenpolitischen Gründen statt. Unsere europäischen Nachbarn haben natürlich kein Interesse daran, dass die Migranten bei ihnen bleiben , statt weiter wie bisher nach Deutschland zu ziehen.
Das wirkliche Problem besteht darin, dass man das eigentlich wichtige Recht auf politisches Asyl über viele Jahre hinweg zu einem Instrument der illegalen Masseneinwanderung hat verkommen lassen. Die Überforderung der sozialen Systeme wird durch die dann folgende sekundäre Migration wie den Familiennachzug immer mehr verstärkt.
Da unsere etablierten Parteien außer Symbolpolitik , siehe Simulation von Grenzkontrollen und Messerverbotszonen,
nichts zu bieten haben und weder fähig noch bereit sind, die Probleme wirklich anzugehen, produziert unsere Politik den sogenannten Rechtsruck selbst.
umbhaki
24. September 2024 @ 20:55
Diese Grenzkontrollen sind möglicherweise nicht einmal rechtskonform, denn EU-rechtlich sind sie bei Schengen-Grenzen nur zulässig, wenn es „eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit eines Landes gibt“. Deutschland begründet genau damit diese Kontrolliererei, aber worin soll denn diese ernsthafte Bedrohung bestehen? Taten wie die von Solingen sind zweifellos furchtbar, aber sie begründen keine „ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit“ unseres Landes.
Auf Wikipedia gibt es eine Liste mit der Tötungsrate nach Ländern. Diese Liste enthält 214 Einträge (klingt komisch, aber z. B. für GB gibt es drei Einträge: Schottland, England/Wales und Nordirland) und Deutschland steht da an 35ter Stelle, also im besten Sechstel.
Bei Statista kann man sich die Zahl der Morde in Deutschland im Zeitablauf anschauen: 2017 war ein Höhepunkt, seitdem ist der Trend rückläufig. Zwischen 2013 und 2023 war 2022 das Jahr mit den wenigsten polizeilich erfassten Morden (211) und im Jahr 2023 waren es drei Morde mehr.
Deutschland Begründung für die neuen Grenzkontrollen ist an den Haaren herbeigezogen und lächerlich. Die ganze Nummer dient nur dazu, sich den menschenfeindlichen Aktivitäten von AfD und BSW anzunähern. Das ist der politische Trend in diesem unserem Lande, in dem wir mal gut und gerne gelebt haben: Wir haben nur noch ein Sortiment rechter Parteien in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen in unseren Parlamenten.
Fun Fact am Rande: Diesen Sonntag habe ich den schönen Spätsommer für eine Motorradtour durch die Eifel und Ardennen genutzt. Dabei bin ich auch durch Belgien gefahren – in Losheimergraben hinüber und später in Kalterherberg wieder herüber nach Deutschland. Es war weit und breit nirgends auch nur die Nasenspitze eines Polizisten/Grenzbeamten zu sehen. Später am Abend durfte ich dann im Buntfernsehen die segensreiche Tätigkeit tapferer Polizisten und Polizistinnen am deutsch-belgischen Grenzübergang Lichtenbusch bestaunen. Dort waren sie also, aber es ist schlicht unmöglich, all die vielen kleinen Übergänge zwischen unseren Ländern zu überwachen, das sind einfach zu viele, dafür gibt es gar kein Personal.
Diese Kontrolliererei ist eine reine Schauveranstaltung, damit Leute wie Weidel, Merz oder Wagenknecht nicht noch lauter schreien. Und es ist eine Einladung zu „racial profiling“, wenn es ganz offiziell heißt, dass man nicht generell kontrolliere, sondern sich nur einzelne Objekte herauspicke. Welche denn?
Das alles ist ein weiterer wirksamer Angriff auf die mühsam erworbenen Freiheitsrechte in Europa allgemein und besonders in Deutschland. Ein einziges Delikt hat „denen da oben“ wieder einmal genügt, um unsere Rechte ein weiteres Stück abzubauen. Und ein Großteil der deutschen Bevölkerung klatscht Beifall.
KK
25. September 2024 @ 01:56
Ich finde die undifferenzierte Nennung des BSW hier unfair: Die Zielsetzung des BSW unterscheidet sich nach allem, was ich an Äusserungen hierzu mitbekommen habe, durchaus von denen der sog. „AfD“ und des rechten Flügels der CDU (und übrigens auch der FDP): Das Asylrecht und das Bleiberecht bereits gut in Gesellschaft und Arbeitsmarkt integrierter, aber nur geduldeter Migranten (statt des Abschlusses von irgendwelchen Abkommen zur Anwerbung von „Fachkräften“) wird, soweit ich das verstanden habe, gar nicht in Frage gestellt.
Was kritisiert wird ist die Überforderung der Kapazitäten an Wohnraum, Bildungseinrichtungen und ähnlichem durch schludrige Anwendung bestehender Gesetze und falscher Prioritätensetzung. Es ist völlig blödsinnig, einerseits „Fachkräfte“ im Ausland anzuwerben und so den Druck im hiesigen Kessel – Wohnraum und andere knappe Ressourcen – noch weiter zu erhöhen, aber bereits hier lebende ausgebildete oder in Ausbildung befindliche Migranten abzuschieben, nur weil man – im Gegensatz zu anderen Ausreisepflichtigen – weiss, wo man diese abholen muss.
Wagenknecht sieht das Problem mE im zunehmenden sozialen Konkurrenzdruck, aber nicht in kultureller Unterschiedlichkeit wie die Rechten von AfD und Union.
Die Gleichsetzung zielt genau in die Richtung, in die die anderen Parteien und viele Medien das BSW schieben wollen, so dass ich mir die Frage stelle, ob der sog. „AfD“ so nicht noch mehr Wähler in die Arme getrieben werden, wenn eh beide Parteien „unwählbar“, weil xenophob sein sollen.
Im übrigen finde ich den Namen „Bündnis Sahra Wagenknecht“ und damit Fixierung auf eine Person ungeschickt – eine künftig andere Auflösung des nun einmal in der Welt befindlichen Akronyms fände ich allemal besser (zB „Bündnis für soziale und wirtschaftliche Vernunft“ oder sowas in der Art).
Uli H.
25. September 2024 @ 11:25
… das seh ich auch so: wer über BSW nur herzieht, hat noch nie Dadegelen, Mohamed Ali, von der Schulenburg, Lüders, Benda, Leye, usw. zugehört. Menschen, die in der BSW demokratisch/politisch mit viel Sachverstand, was zum Guten beitragen können und wollen.
umbhaki
25. September 2024 @ 12:46
Buchtipp:
Tomasz Konicz, E-Book: Querfront – Altlinke auf dem Weg zur Neuen Rechten
https://www.konicz.info/2024/05/14/e-book-querfront-altlinke-auf-dem-weg-zur-neuen-rechten/
Das Buch ist im Wesentlichen eine Zusammenstellung von Artikeln, die der Werttheoretiker Konicz über die Jahre in Internetmedien veröffentlicht hat. Beispielhaft möchte ich hier einen dieser Artikel verlinken, in dem er bereits 2016 auf die Problematik hinwies. Selbst noch frühere Artikel zu diesem Thema gibt es. Auch wenn sich Telepolis mittlerweile „ein neues Leitbild und redaktionelle Standards“ gegeben hat und sich von Konicz ditanziert (und er inzwischen von Telepolis) – immerhin haben sie seine Arbeiten (noch) nicht gelöscht:
Die Sarrazin der Linkspartei
https://www.telepolis.de/features/Die-Sarrazin-der-Linkspartei-3294649.html?seite=all
Kurz noch inhaltlich:
@KK: Sie schreiben: „Was kritisiert wird ist die Überforderung der Kapazitäten an Wohnraum, Bildungseinrichtungen und ähnlichem durch schludrige Anwendung bestehender Gesetze und falscher Prioritätensetzung. …“
Wäre es das, würde ich die Kritik ja teilen. Sie fordern nun aber nicht den Ausbau an Wohnraum, Bildungseinrichtungen und ähnlichem, sondern die Begrenzung der Zuwanderung und zügige Abschiebung von sogenannten „illegalen Einwanderern“.
@Uli H.: Ich bestreite nicht, dass die von Ihnen genannten Personen „in der BSW demokratisch/politisch mit viel Sachverstand, was zum Guten beitragen können und wollen“, vor allem nicht, dass sie das wollen. Zum Teil hat mich deren Mitwirken beim BSW wirklich irritiert. Das betrifft besonders die von mir wirklich geschätzte Sevim Daǧdelen. Das heißt aber nicht, dass ich das, was die Partei Die Linke heute darstellt, verteidige. Siehe Konicz.
KK
25. September 2024 @ 17:08
@ umbhaki: “Sie fordern nun aber nicht den Ausbau an Wohnraum, Bildungseinrichtungen und ähnlichem, ”
Doch, das wird u.a. auch gefordert. Wie übrigens von vielen. Aber das schafft keine Entlastung, weil jetzt schon viel zu wenig, vor allem günstige Wohnungen, Kita- und Schulplätze vorhanden sind. Da kann noch so viel gebaut werden, was Geld und Baukapazitäten hergeben: Wenn weiter massenhaft zugewandert wird (allein über 1 Million priveligierte Ukrainer, die sogar bürgergeldberechtigt sind!), wird der Neubau nie dem Bedarf genügen, sondern immer hinterherschleichen. Kurzfristig hilft nicht der Ausbau des Angebots, der ja versprochen, aber nicht annähernd praktisch umgesetzt wird, sondern das Abbremsen immer weiter steigender Nachfrage.
Und so ist die selbsternannte “Mitte” heute: alles, was nicht deren Weltbild entspricht, ist irgendwie extrem und bildet als eine so genannte “Querfront” eine Art politischen Swingerclub, wo alles einsortiert wird, was nicht mit dem Mainstream kompatibel scheint und bekämpft gehört.
Dabei ist das alles nur billigste Propaganda, die mich langweilt – und in der penetranten Häufigkeit, die sie inzwischen angenommen hat, regelrecht ankotzt!
Skyjumper
25. September 2024 @ 18:27
@KK
“Kurzfristig hilft nicht der Ausbau des Angebots, der ja versprochen, aber nicht annähernd praktisch umgesetzt wird, sondern das Abbremsen immer weiter steigender Nachfrage.”
Im Grundsatz bin ich zunächst bei Ihnen. Und im Zweifelsfall geht Mensch vor Natur. Aber!!! Nur am Rande einmal angerissen, weil es immer viel zu kurz kommt: Uns fehlt nicht nur das nötige Kleingeld zunehmend. Es fehlen uns nicht nur die materiellen wie auch personellen Ressourcen zunehmend. Es fehlt uns langsam aber sicher auch an Platz.
Auch ohne Ökoterrorist zu sein sollten wir alle realisieren, dass DE mit ~ 240 Einwohner je qkm schon ein recht eng bewohntes Land sind. Und das bei recht hohen Flächenverbrauch pro Kopf. Wollen wir die Republik nicht gänzlich zubetonieren, sollte man berücksichtigen, dass ein ungebremster Zubau von xyz auch nicht die Lösung wäre. Von Energieproblemen usw usf mal ganz geschwiegen.
KK
25. September 2024 @ 19:04
@ Skyjumper:
“Uns fehlt nicht nur das nötige Kleingeld zunehmend. Es fehlen uns nicht nur die materiellen wie auch personellen Ressourcen zunehmend. Es fehlt uns langsam aber sicher auch an Platz….dass DE mit ~ 240 Einwohner je qkm schon ein recht eng bewohntes Land sind.”
Hatte ich ja angemerkt (“…was Geld und Baukapazitäten hergeben…”) – und was den Platz angeht, da wird ja von höchsten Stellen dran gearbeitet: Nach dem in Vorbereitung befindlichen Atomkrieg wird die Einwohnerzahl je qkm in D kaum mehr messbar sein…
Schneider
28. September 2024 @ 11:24
Ob Sie auch so argumentieren würden, wenn das „ einzige Delikt“ Angehörige Ihrer Familie betroffen hätte ?
Karl
25. September 2024 @ 11:00
umbhaki: Während Sie nett zwischen Deutschland und Belgien in der Eifel Motorrad fahren, wäre das so zwischen Deutschland und Polen am Oderbruch schon etwas schwieriger. Und in manchen Gegenden, über die Sie hier so abschätzig sprechen, kreist die Lohnhöhe um den Mindestlohn herum. Da ist die Simson Kult. Was fahren Sie? Und wissen Sie auch, dass die Wirtschaftsstruktur der Kleinstbetriebe – dort wo der Mindestlohn oft nur in Teilzeit gezahlt wird – mit der Massenenteignung durch die Treuhand entstanden ist? 70% waren plötzlich arbeitslos.
Wäre dasselbe in der Eifel passiert, wieviel Teile & Herrsche durch Rassismus und AfD gäbe es dort? Können Sie sich das vorstellen?
umbhaki
25. September 2024 @ 21:21
Helfen Sie mir bitte: Über welche Gegend soll ich abschätzig gesprochen haben?
Arthur Dent
26. September 2024 @ 00:11
@umbhaki
Taten wie die von Solingen sind zweifellos furchtbar, aber sie begründen keine „ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit“ unseres Landes.”
– Bedrohung ist eine ziemlich subjektive Wahrnehmung – da muss mir keiner mit irgendeiner Statistik kommen.” Und jeden 2. oder 3. Tag eine Messerattacke oder Sprengstoffanschlag – das ging es zu Zeiten der RAF “harmloser” zu.
Ein Staat, der nicht gewillt oder unfähig ist seine Grenzen zu schützen, hört einfach auf zu existieren.
“Wir haben nur noch ein Sortiment rechter Parteien in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen in unseren Parlamenten.” – wann hätten CDU und FDP jemals links gestanden? Übringens wünsche ich mir “mein Deutschland” zu D-Mark-Zeiten zurück. Da hat es als Staat wesentlich besser funktioniert.
Ich bin übrigens 1972 von Aachen aus nach Belgien und durch die Niederlande spaziert. Niemand hat uns damals kontrolliert, aber man musste schon einen Pass oder Personalausweis dabei haben.
umbhaki
26. September 2024 @ 12:57
@ Artur Dent:
Sie schreiben: „wann hätten CDU und FDP jemals links gestanden?“
So etwas habe ich ja nun wirklich nicht behauptet, obwohl – wenn man an das Ahlener Programm der CDU denkt …
Allerdings behaupte ich, dass all die anderen Parteien, die üblicherweise als „links“ bezeichnet werden, dies auch nicht sind. Jedenfalls kann ich an den Grünen, der SPD, dem BSW oder Der Linken nichts linkes mehr erkennen.
Sie schreiben: „Übringens wünsche ich mir “mein Deutschland” zu D-Mark-Zeiten zurück. Da hat es als Staat wesentlich besser funktioniert.“
Damit beschreiben Sie im Grunde genau das, was ich gemeint habe. Es wird aber kein Zurück in diese „guten alten Zeiten“ mehr geben. Dazu hat sich unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem längst zu weit weiterentwickelt. Damals war Aufbau nach großer Zerstörung angesagt und hat das ermöglicht, was inzwischen zu unserem unhinterfragten Glaubensbekenntnis wurde: WACHSTUM. Erst innerhalb unserer Grenzen (gab ja erstmal genug zu tun), später außerhalb. Die Nationen wurden zu klein fürs Wachstum, deshalb die vielen internationalen Wirtschaftsabkommen bis hin zur EU (die sich bei näherem Hinsehen auch bloß als Wirtschaftskonstruktion entpuppt – allem Friedens- und Freundschaftsgewäsch zum Trotz).
Diese Zeiten sind vorbei, das muss man endlich einmal anerkennen. Unsere immer effizienter produzierende Wirtschaft erstickt längst schon an ihrer eigenen Überproduktivität – weltweit. Dieser Prozess begann bereits Mitte der 70er Jahre (damals bei uns noch unbemerkt dank der rabiaten „Ausweitung der Märkte“ zu Lasten aller möglichen Ausländer) und erreicht inzwischen sein Endstadium. Es ist längst aus mit REALEM Wachstum.
Am laufen gehalten wird die ganze Nummer nur noch durch die Finanzindustrie, deren Geldschöpfungsmethoden und Kreditvergaben noch ein kapitalistisches Wachstum simulieren, wo gar keines mehr ist.
So langsam könnte eigentlich auch der Letzte mal kapieren, dass hier Ende der Fahnenstange ist:
Weltweit werden immer mehr Menschen ihrer Existenzgrundlagen beraubt, von denen dann der immer noch satte Bürger in den Wirtschaftsmetropolen erwartet, dass er sich still daheim zum sterben hinlegt oder aber im Mittelmeer ersäuft, wenn er sich nicht in irgendwelchen nordafrikanischen KZs versklaven lässt, die von EU-Geldern eingerichtet werden und eine Brutstätte für unfassbaren Sadismus sind.
Immer mehr Staaten auf der Erde verlieren ihre Konstitution und werden zu „failed states“, unter tätiger Mithilfe der Wirtschaftsmetropolen. Anstelle von Regierungen herrschen dann irgendwelche Rackets mit großer Brutalität und es gilt das Recht des Stärkeren.
Diese Entwicklung, die seit Jahren in den Staaten der Peripherie zu betrachten ist, greift ganz allmählich auch auf die Wirtschaftsmetropolen über, auch auf die EU und auch auf Deutschland. Sie alle hier kennen die Äußerungen der Wirtschaftsgurus und Sie wissen, dass größere Entlassungswellen und Betriebsschließungen vor uns liegen. Was denken Sie, was hier los ist, wenn:
→ Die Arbeitslosigkeit über 20 % steigt,
→ die Infrastruktur weiter zerbröckelt,
→ kein Geld mehr für öffentlichen Wohnungsbau da ist,
→ das soziale Netz immer stärker unterfinanziert ist, also
→ kaum noch Arbeitslosengeld gezahlt werden kann und
→ die Renten sinken?
Sie halten das für Schwarzmalerei? Siehe Beitrag von @Karl gleich über Ihrem, der da zu recht drauf hinweist. Dann werfen Sie mal einen Blick auf Griechenland. Das Land ist in der EU, Herr Schäuble lebt nicht mehr.
Diese Entwicklung ist im Kapitalismus zwangsläufig. Systemimmanent lässt sie sich nicht aufhalten. Aus dieser Misere kommen wir nur heraus, wenn wir unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem neu denken und sehr viel anders einrichten. Ohne den Zwang zur Kapitalverwertung (-mehrung), ohne Verwertung der Ware Arbeitskraft, ohne Konkurrenzzwang und ohne Wachstumszwang. Klingt vielleicht komisch, ist aber so.
Einen solchen Wunsch nach Systemtransformation hin zu einer emanzipatorischen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung finden Sie bei KEINER der bekannten Parteien. Aber genau das, das Streben nach menschlicher Emanzipation und Gleichwertigkeit, macht linkes Gedankengut aus.
Wir haben keine linke Partei, wahrscheinlich in ganz Europa nicht. Alle wollen immer nur ein bisschen Umverteilung und immer noch mehr Wachstum, Unterschiede gibt es lediglich noch bei der Frage, wie umverteilt werden soll und auf wen. Das reicht nicht mehr.
Wir stellen die Systemfrage nicht und suchen die Schuld für die beängstigende Entwicklung in Personen, statt in der Systematik unserer Welt. Da sind es dann der Soros und der Gates, die ganzen Finanzjongleure oder die Juden oder die Araber, sie sich hier breitmachen und uns unsere Ressourcen wegnehmen.
Dieses die Systemkrise ignorierende Denken führt zwangsläufig nach rechts und in dieser Falle stecken alle, die sich weigern, die Schwierigkeiten des kapitalistischen Systems in seinem Endstadium zu sehen. Es lässt sich nicht reparieren.
(Sorry für den langen Text, eigentlich will ich @ebo keine Konkurrenz machen.)
KK
26. September 2024 @ 14:36
@ Umbhaki:
„Unsere immer effizienter produzierende Wirtschaft erstickt längst schon an ihrer eigenen Überproduktivität – weltweit.“
Kunststück – wenn immer mehr Werktätige hinsichtlich Löhnen immer kürzer gehalten werden, brechen natürlich auch weite Teile der potentiellen Kunden weg.
Bestes Beispiel gerade VW – es fehlen für dringend notwendige Investitionen jetzt die 5 Milliarden, die bei der letzten Dividendenausschüttung noch an die Aktionäre verteilt wurden. Folge: Werksschliessungen, Entlassungen und Lohnverzicht.
Skyjumper
26. September 2024 @ 15:19
@umbhaki
Damit mein Text nicht genau so lang wird wie Ihrer:
Nach meinen Dafürhalten beschreiben Sie zwar viele Mängel des Systems absolut korrekta, die von Ihnen angedeutete Lösung hat letztlich bereits einen kurz-knackigen Namen in der Wirtschaftstheorie–> Subsistenzwirtschaft. Sie braucht keine Kapitalverwertung, unterliegt keinen Wachstumszwang, und Arbeitskraft ist keine Ware. Konkurrenz gibt es auch nur eine, die zwischen Leben und Tod.
Und eines kennt ein System welches Ihrer Beschreibung entspricht zwingend auch nicht. Die Arbeitsteilung.
Wo jeder einzelne von uns heute Stände wenn es die Arbeitsteilung nicht gäbe, das sich auszumalen überlasse ich auch jeden einzelnen. ICH kann da keine Lösung für unsere unstrittig gewaltig über uns dräuenden Probleme drin erkennen.
Arthur Dent
26. September 2024 @ 14:13
@umbhaki
“Ohne den Zwang zur Kapitalverwertung (-mehrung), ohne Verwertung der Ware Arbeitskraft, ohne Konkurrenzzwang und ohne Wachstumszwang. Klingt vielleicht komisch, ist aber so.”
– Ihre Welt ist offenbar eine paradiesische, allenfalls eine Welt der Selbstversorger. Denn es müssten die Menschen ja (Dienst)-Leistungen ohne Gegenleistungen erbringen. Die Dinge des täglichen Bedarfs sind dann immer irgendwie da, ohne dass jemand Leistung erbringen muss.
umbhaki
26. September 2024 @ 21:44
Ich weiß nicht, wie weit die Geduld von @ebo noch reicht, wenn wir diesen Thread immer weiter spinnen. Für mich ist das deshalb hier der letzte Beitrag in diesem Faden, aber eine kurze Antwort möchte ich bitte noch geben. Auch wenn es bloß rhetorische Fragen sind.
Wieso soll es keine Arbeitsteilung geben, wenn die Menschen emanzipiert, also selbstbestimmt, tätig sind?
Wieso denken Sie, dass dann niemand mehr an hochwertigen Produkten interessiert wäre und diese deshalb nicht mehr hergestellt würden?
Wie kommen Sie darauf, dass dann keine Gegenleistungen mehr stattfinden? Was ist in Ihrer Welt überhaupt als „Leistung“ zu verstehen?
Und vor allem: Was wäre auf Dauer die Alternative? Das gepflegte „weiter so“ bis zum bitteren Ende?
Oder wäre es vielleicht doch mal angezeigt, sich Gedanken darüber zu machen, wie man dieses zunehmend dysfunktionale zu etwas besserem transformieren kann? Bevor Sie noch fragen wollen: Nein, so ganz alleine kann ich Ihnen die „neue“ Gesellschaft auch nicht skizzieren. Ich stelle lediglich fest, dass die „alte“ nicht mehr richtig funktioniert.
KK
28. September 2024 @ 12:36
@ Schneider:
„Ob Sie auch so argumentieren würden, wenn das „ einzige Delikt“ Angehörige Ihrer Familie betroffen hätte ?“
Das Problem an jedem „einzelnen Delikt“ dieser Art ist doch, dass es immer dann gern herangezogen wird, die Grundrechte aller einzuschränken, wenn es der Politik gerade in den Kram passt.
Sicher sind die Angehörigen der Opfer stärker involviert, aber das heisst ja nicht, dass sie deswegen das Recht hätten, deswegen das GG einschränken zu dürfen oder dies nur zu fordern.