Kritik am Wiederaufbau: Warum Polen profitiert

Die Kritik am Wiederaufbau-Plan der EU-Kommission wird schärfer. Ausgerechnet die jüngste Konjunkturprognose aus Brüssel liefert neue Munition für Kritiker.

Deutschland und Polen schrumpfen nur moderat – Italien, Spanien und Frankreich hingegen zweistellig: Dies steht in der neuen Konjunkturprognose der EU-Kommission.

Die Krise in Südeuropa sei schlimmer als erwartet, warnte Wirtschaftskommissar Gentiloni.

Doch ausgerechnet Polen soll mit am meisten Geld aus dem Wiederaufbau-Fonds erhalten – jedenfalls nach den Plänen von Kommissionschefin von der Leyen. Dabei hat Corona dort kaum zugeschlagen.

Vergleichsweise wenig Hilfen bekommt dagegen Belgien. Dabei gab es hier – im Vergleich zur Bevölkerung – die meisten Corona-Toten.

Der Grund: Von der Leyen stützt ihre Berechnungen auf eine veraltete Datenbasis. Sie geht von Arbeitslosenzahlen und anderen Kennziffern aus 2019 aus.

Die Zahl der Coronafälle und die Tiefe der Wirtschaftskrise in 2020 hingegen wird nicht zugrunde gelegt. Kein Wunder, dass Polen bevorzugt wird und Belgien zu kurz kommt!

Man müsse den Verteilschlüssel für die EU-Hilfen anders lesen, heißt es in Brüssel. Es gehe nicht um Gerechtigkeit, sondern um Politik.

Anders gesagt: Von der Leyen will Polen Geschenke machen, um den Widerstand aus Osteuropa gegen ihren Wiederaufbauplan zu brechen. Belgien hingegen scheint nicht so wichtig.

Doch so kann das nicht bleiben. Kanzlerin Merkel und Ratspräsident Michel müssen dafür sorgen, dass der Plan wirklich dem Wiederaufbau dient – und nicht für Deals mißbraucht wird…

Siehe auch „Kritik am Wiederaufbau: Wo Schäuble Recht hat“

P.S. Die Konjunkturprognose zeigt auch, dass Nord und Süd, Arm und Reich in der EU nach Corona noch mehr auseinander klaffen als bisher. Um dagegen anzugehen, wäre eine verstärkte Kohäsionspolitik nötig – doch dafür soll das Geld zusammengestrichen werden…