Grenzkontrollen: Wie im März 2020

Der Streit um die deutschen Grenzkontrollen spitzt sich zu. Nicht nur Brüssel widerspricht Berlin – auch in Wien, Prag und Paris wächst der Unmut. Wiederholt sich die Krise vom März 2020, als Deutschland allein gegen alle stand?

Abgeriegelte Grenzen, kilometerlange Staus und böse Worte: Die deutschen Grenzkontrollen an Übergängen zu Tschechien, Tirol und der Slowakei sorgen für massiven Ärger.

Besonders deutlich wurde das Wiener Außenministerium. Es berief den deutschen Botschafter ein und nahm danach kein Blatt vor den Mund:

“In dem Gespräch wurde von österreichischer Seite noch einmal darauf hingewiesen, dass die extrem strengen Maßnahmen unverhältnismäßig sind und in einem klaren Widerspruch zu den ‘lessons learned’ des letzten Frühjahres stehen.” 

Auch Frankreich lässt sich nicht den Mund verbieten. Frankreichs Europaminister Clément Beaune nannte die deutschen Maßnahmen im Sender France Info “hart”. 

In Paris fürchtet man, dass Berlin wieder die Grenze zu Frankreich dicht machen könnte – so wie letztes Jahr, als Elsaß und Lothringen regelrecht abgeriegelt wurden.

Das Bundesinnenministerium betonte, die Kontrollen seien der “absolute Ausnahmefall”. Wegen der britischen Corona-Mutante habe man keine andere Wahl.

Doch diese Begründung überzeugt nicht.

Die Variante, die Berlin anführt, ist schließlich längst in Deutschland angekommen. Und andere Länder wie Belgien und Frankreich sind wegen der größeren Nähe zu UK stärker exponiert, haben aber keine vergleichbaren Restriktionen.

Zudem flaut die Coronawelle in Großbritannien schon wieder ab. Einzig die “deutsche Angst” und die neue, umstrittene Berliner Zielvorgabe (“Inzidenz 35”) rechtfertigen härtere Maßnahmen.

Das weckt bei mir einen bösen Verdacht: Will die Bundesregierung ein Exempel statuieren, um die harten deutschen Inzidenz-Regeln der ganzen EU aufzunötigen?

Oder geht es “nur” darum, Tirol und Tschechien zur Ordnung zu rufen?

Siehe auch “Machtprobe um die Grenzkontrollen” sowie meinen Kommentar in der “taz”: “Ein Versagen von Berlin und Brüssel”. Hier kommt noch ein Update