Update: Gibraltar widersetzt sich den USA
Die EU hat es nicht gewagt, in der Tanker-Krise um Iran klar Stellung zu beziehen. Umso deutlicher positioniert sich nun Gibraltar – gegen die USA.
Die Regierung des britischen Territoriums hat einen Antrag aus Washington abgelehnt, den mit US-Hilfe festgesetzten iranischen Supertanker “Grace 1” weiter festzuhalten.
Gibraltar teilte am Sonntag mit, das Schiff dürfe abfahren, da es in Großbritannien und dem Rest der EU keine Entsprechungen für US-Sanktionen gegen den Iran gebe.
Zuvor war bekannt geworden, dass auch die EU-Sanktionen gegen Syrien keine ausreichende Grundlage für die Beschlagnahmung des Tankers darstellen.
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Peter Nemschak
19. August 2019 @ 18:22
@Kwasir Die USA hatten bis jetzt für die sichere Schifffahrt auf den Meeren gesorgt. Natürlich haben sie für sich den größten Nutzen daraus gezogen, aber letztlich haben alle profitiert.
kwasir
19. August 2019 @ 13:15
Der Ansätze sind gar viele diese Frage zu beantworten. Es mag naiv / banal erscheinen : der Ansatz allein den Globus beherrschen zu wollen (we are the greatest), was ja impliziert, anderen Konformität mit eigenen lead-values vorzuschreiben (Kultur/Religion/Ordnungs-Gesellschaftspolitik), wird auch weiterhin scheitern, und bestenfalls durch Anwendung von Gewalt temporär durchzusetzen sein. Ich hoffe, glaube, dass die Auswirkungen der klimabedingten Systembrüche das Konkurrenzdenken um die jeweils besseren Systeme obsolet machen wird, und dass dann die vier -fünf ‘Großen’ hoffentlich eher volens als nolens kooperieren müssen. Man stelle sich vor, man könne nicht nur den Handel mit Elefantenzähnen kontrollieren, sondern auch z.B. die (gemeinsamen) Waffensysteme (Entwicklung – Herstellung – Verbreitung- Einsatz) und – um beim Bild zu bleiben – “Wilderer” verfolgt und ‘bestraft’, dann liessen sich globale Rechte ohne globale Imperialansprüche sichern, allein schon deren Verletzungen präventiv unterbinden, weil es ja Lager mehr gäbe, dem man sich zur eigenen Vorteilsbeschaffung anschliessen müsste. Allmenden funktionieren eben nur, wenn keiner einen Privatanspruch darauf erhebt. Statt Kapitalismus oder Kommunismus – global gedachter Kommunitarismus ?
Peter Nemschak
19. August 2019 @ 12:17
@Kwasir Langfristig stellt sich die Frage, wer nach dem Rückzug der USA die Sicherung der globalen Allmenden übernehmen wird. Mit anderen Worten, wer wird in einigen Jahren die führende Weltmacht sein ? Isolationismus und Globalismus haben sich in der amerikanischen Geschichte abgewechselt.
Peter Nemschak
19. August 2019 @ 08:42
Kann und wird die EU das Einlaufen des Tankers in einen syrischen Hafen verhindern, um Sanktionen gegen Syrien durchzusetzen ? Ohne eigene Kriegsflotte wird das schwierig werden.
ebo
19. August 2019 @ 08:51
Nein, und das ist auch nicht intendiert. Denn die EU-Sanktionen beziehen sich nur auf Syrien, nicht auf Drittstaaten wie Iran. Sie wirken nicht extraterritorial. Deshalb war die Festsetzung nicht mit EU-Recht vereinbar, mit Völkerrecht wohl auch nicht.
Peter Nemschak
19. August 2019 @ 11:26
Wohin wird der Tanker fahren, wenn es stimmt, dass das Öl für Syrien bestimmt war? Womit würde die EU den Tanker aufbringen, falls er versucht entgegen den Sanktionen der EU einen syrischen Hafen anzufahren ?
Holly01
19. August 2019 @ 09:06
Ich würde die Frage etwas anders stellen: Werden die USA das Schiff jetzt ihrerseits aufbringen und wohin wird man es zwingen?
Welcher Staat hat das „Glück“ dann zum Frontstaat zu werden …. bzw. wer lässt sich benutzen wie eine alte Unterhose, in die die USA rein macht?
vlg
Kwasir
19. August 2019 @ 11:26
Das Urteil des US Bundesgerichts verdeutlicht, dass es US Sanktionen sind (keine von der EU), die zur Rechtfertigung der Festsetzung der (vormals) Grace1 dienten. Weshalb also sollte die EU Interesse an dem Schiff (jetzt Adrian Darya 1- unter iranischer Flagge) haben, wenn man nicht den Büttel für die US spielen möchte ?
Viel interessanter ist die Frage warum die alte Grace1 den langen Weg um das Horn genommen hat und nicht den normalen über Suez ? Eine Erklärung wäre, dass der Tanker randvoll mit Schiffsdiesel (Schweröl, nicht Rohöl – höheres spezifisches Gewicht) ist und deshalb sein Tiefgang größer ist als im Suezkanal erlaubt. Wer kann Schiffsdiesel im Mittelmeer verwenden ? Für die russische Mittelmeerflotte ist die im weiteren Ausbau begriffene Marinebasis Tartus in Syrien der einzige Versorgungshafen. Durch einen neuen Vertrag bleibt er noch ein halbes Jahrhundert unter russischer Kontrolle und stellt rechtlich ein quasi ex-territoriales Gebiet dar, ist also wenn man so will, nicht “Syrien” im außergeografischen Sinn.
Man könnte sich aber auch vorstellen, dass das Öl auf hoher See auf russische Tanker umgepumpt wird. Für Russland und Iran hätte dieser deal eine Reihe von Vorteilen. Einer wäre sich als vertragstreue Schutzmacht darzustellen indem es Iran ermöglicht sein Öl zu exportieren (wie im Atomabkommen vorgesehen) und somit dringend benötigte Devisen (von mir aus auch Transferrubel) zu verdienen. Russland baut dabei weiter ein System von gemeinsamen Finanzstrukturen aus, ausserhalb des Herrschaftsbereich des Dollar. Das ist nicht nur für Iran von Interesse. Gleichzeitig könnte Russland zeigen, dass es etwas hinkriegt, wo die EU bislang kläglich gescheitert ist. Russland würde seine Position im Nahen Osten stärken und dem US Konhtrollanspruch in dieser Grossregion deutliche Grenzen setzen.
Sollte meine Spekulation zutreffen, dann werden die USA zwar weiter lärmed auf die Töpfe klopfen, aber die Finger von der Adrian Darya 1 (Umflaggung um den Reeder aus Panama vor US Erinnyen zu schützen ?) lassen und nichts unternehmen, um nicht den Russen in die Quere zu kommen. Übrigens: auch China kauft Unmengen iranisches Öl. Sollten US-UK Marines im Golf von Oman herumfummeln wollen, könnte dies ein neues Konfliktfeld eröffnen (Lieferbeeinträchtigung iranischen Öls für China zur Kontrolle amerikanischer Sanktionen …).
Die EU steht dabei am Spielfeldrand und schaut eher hilflos zu, wie sich erneut ihre eher nachrangige Komparsenrolle auf der Bühne der Weltordnung bestätigt.
Holly01
19. August 2019 @ 14:22
@ kwasir:
Dieses Schiff gehört zu den Pötten die durch schiere Größe nicht durch den Suez Kanal fahren. Der Gebrauch für eine Fahrt Iran -> Mittelmeer mag ungewöhnlich sein, aber der Iran hat sein eigenes Schiff benutzt und dachte, man wäre sauber.
Falsch gedacht.
Die Flagge musste gewechselt werden. Die USA haben überall “billige und willige” Handlanger.
Die EU hat sich wieder einmal zum Affen gemacht. Vertragspartner sein, aber nie irgend etwas gebacken bekommen. Typische Vasallen mit zu viel Wollen und zu wenig Können ….
Der Rest ist Spekulation, obwohl ich zugebe, der Hinweis auf den russischen Stützpunkt hat Charme (und Tiefe).
vlg
kwasir
19. August 2019 @ 16:22
@Holly01 – der Pott hätte auch als VLCC (very large cargo carrier) nach den Umbauten am Kanal durchgepasst. Er ist aber zum Überlaufen abgefüllt worden (sieht man auch auf Fotos), weshalb er tiefer geht als das aktuelle Suez Limit von 20,1 m. Um eine eilige – im Handel übliche – Lieferung handelte es sich jedenfalls nicht. Eben eher ein politischer Kauf unter Freunden, gerade bei diesem Tanker, dessen Frachtpapiere nicht immer 5 Sternchen bekommen hatten, was deren Echtheit anging.
Was wohl zuerst eintreten wird ? Die Freilassung der Stena Bulk oder die Löschung der Fracht der Adrian Dary ? Wahrscheinlich gleichzeitig.
kwasir
19. August 2019 @ 11:39
Wie eine jüngste Studie zeigt: die EU hätten genug Schiffe, um unter der Führung Frankreichs (Marineseehäfen) eine Mission durchzuführen. Nur: was um alles in der Welt haben wir da unten verloren ? Kann denn jeder Narzist beliebig die unsinnigsten Sanktionen in die Welt setzen und schon lassen wir unsere mehr oder weniger einsatzfähigen Flotten auslaufen ? Haken zusammen :”Aye aye Captain” ? Würde Österreich (u.a. land-locked MS) sich an den Kosten beteiligen wollen oder gar (hochseefeste) Einheiten dafür abstellen ?
Holly01
19. August 2019 @ 14:27
Diesen entzückenden Flugzeugträger? der immer mit Schleppern gezogen werden muss, weil der Antrieb nur zum Auslaufen aus dem Hafen taugt, danach ist schleppen zum Dock angesagt?
Ich denke die Franzosen sollen Ruderboote in Serie produzieren … oder die hätten den Hubschrauberträger behalten sollen, der für Russland gebaut wurde und dann auf US Initiative nicht geliefert wurde (ich glaub der dümpelt jetzt vor der Ägyptischen Küste herum).
Die EU sollte mit dem derzeitigen Equip schön die Füße still halten ….
vlg