Getreidestreit: Osteuropäer fordern Rückkehr der Agrarzölle
Die EU-Kommission hat es nicht geschafft, den Getreidestreit um ukrainische Billig-Importe zu lösen. Im Gegenteil – die Positionen haben sich verhärtet. Polen und andere Osteuropäer fordern die Rückkehr der Agrarzölle.
Insgesamt sind es fünf Länder – Polen, Ungarn, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien – die Zölle auf ukrainische Agrarprodukte erheben wollen. Diese Zölle gab es schon vor dem Krieg. Sie machen auch Sinn – schließlich ist die Ukraine einer der größten Getreideexporteure weltweit.
Doch dann hat die EU die vollständige Liberalisierung beschlossen – als Zeichen der Solidarität. Diese “Nothilfe” läuft im Juni aus, sie war zunächst auf ein Jahr befristet. Nun streiten die EU-Staaten, ob sie (wie geplant) verlängert werden soll.
Der Streit liefert einen Vorgeschmack auf die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine, die nach dem Wunsch Polens und neuerdings auch Italiens noch in diesem Jahr beginnen sollen. Die Agrarpolitik wird dabei zu einem großen, womöglich unlösbaren Problem.
Die Billig-Importe aus der Ukraine gefährden nämlich nicht nur die Landwirtschaft in Osteuropa. Sie bedrohen den gesamten Agrarmarkt, der mit massiven Subventionen verbunden ist. Die Agrarpolitik ist immer noch einer der größten Posten im EU-Budget…
Siehe auch Sanktionen, Getreide, Munition: Die Solidarität mit der Ukraine bröckelt
european
27. April 2023 @ 20:41
Flassbeck hat bezüglich der Ukraine gesagt, dass der EU-Beitritt eine Drohung ist. Wie sehr, das zeigt sich gerade hier.
Alle osteuropäischen Anrainerländer haben sich seit dem Beitritt nur durch extreme Abwanderung halten können. Bulgarien ist das Land mit der höchsten Abwanderung der Welt und nun kommt jemand an Bord, der noch billiger ist.
Mal abgesehen davon, dass durch den Einsatz von britischer Uranmunition der ukrainische Weizen eigentlich nicht mehr einsetzbar ist, bestätigt dieser Beitritt, dass wir gründlich überlegen sollten, wer tatsächlich in der Lage ist, innerhalb der EU auf dem Binnenmarkt mit den anderen Industrienationen mitzuhalten. Wahrscheinlich niemand, nicht mal die Ukraine.
Wir sind nicht das Paradies. Vor allem dann nicht, wenn man sich unsere aktuellen Zukunftsaussichten in einer Welt betrachten, die sich so drastisch verändert, dass wir nahezu nichts mehr zu sagen haben werden.
Helmut Höft
28. April 2023 @ 10:05
@european
Sehr treffender Kommentar! Mindestlohn in der Ukraine
ein_euro_einundzwnzig!! Wer bietet weniger?
KK
27. April 2023 @ 17:09
Die französische Agrar-Lobby scheint verloren zu haben: Ich bekomme hier in D seit einiger Zeit meinen heissgeliebten Rohmilchkäse nur noch als weitgehend geschmackbefreites Substitut aus pasteurisierter Milch….
Hekla
27. April 2023 @ 16:24
“Sie bedrohen den gesamten Agrarmarkt, der mit massiven Subventionen verbunden ist. Die Agrarpolitik ist immer noch einer der größten Posten im EU-Budget…”
Ja, und dazu möchte ich mal gern ein Paar Stimmen aus Frankreich hören. Ich erinnere mich so, dass die französische Agrarwirtschaft immer schon die stärkste Lobby in der EU hatte, es drehte sich zum Teil jahrelang alles um die Interessen der französischen Landwirte. Sind etwa die Franzosen im Getreidebusiness gar nicht so präsent oder warum hört man von denen nichts??