Update: Deutschland verletzt Nato-Russland-Grundakte

Verteidigungsminister Pistorius will die Nato-Ostflanke stärken und 4000 deutsche Soldaten dauerhaft in Litauen stationieren. Verletzt er damit die Nato-Russland-Grundakte?

Dies hatten wir in unserem Newsletter geschrieben. Daraufhin entwickelte sich eine lebhafte Debatte auf Twitter. Die Nato habe die Grundakte spätestens mit dem Beginn des Ukraine-Krieges aufgegeben, hieß es.

Doch das ist falsch, wie ein Blick auf die Nato-Homepage zeigt. Zitat: “NATO fully abides by the NATO-Russia Founding Act.” Man halte den Vertrag weiter ein, denn Truppen würden ja nur vorübergehend verlegt.

Dies entspreche der Grundakte. Darin erklärte die Nato, “zusätzlich substantielle Kampftruppen” werde man nicht “dauerhaft” in den Staaten des ehemaligen Ostblocks stationieren.

Genau dies läßt sich von den deutschen Plänen jedoch nicht mehr sagen. Deshalb habe Berlin auch lange gezögert, Litauen verbindliche Zusagen zu machen, heißt es bei der SWP, einem regierungsnahen Thinktank.

Offenkundig wird vermutet, dass die Bundesregierung ungebrochen an der Nato-Russland-Grund­akte festhalten will und daher Vorbehalte hat gegenüber einer permanenten militärischen Präsenz in Litauen.

SWP 2023

Einen Bruch sieht offenbar auch der Militärblogger Th. Wiegold. Pistorius Entscheidung sei überraschend, schreibt er auf seinem Blog:

(Schließlich) gehörte Deutschland bislang zu den Nationen, die im Gegensatz zu osteuropäischen NATO-Staaten an der Vereinbarung in der NATO-Russland-Grundakte festhielten, keine substanziellen Kampftruppen dauerhaft auf dem Territorium ehemaliger Mitglieder des Warschauer Vertrags zu stationieren.

Blog “Augen geradeaus”

Das war einmal – ab sofort nimmt Deutschland keine Rücksicht auf Russland mehr…

Siehe auch “Berlin verletzt Nato-Vertrag”

P.S. Zur neuen Rechtsposition der Bundesregierung sagte Christian Wagner, einer der Sprecher des Auswärtigen Amts, laut “telepolis”: Die Nato-Russland-Grundakte könne “kein beschränkender Faktor für den Ausbau der Nato-Ostflanke sein”. Regierungssprecher Steffen Hebestreit ergänzte, der russische Angriff auf die Ukraine in einem “eklatanten Gegensatz” zur Grundidee und den Zielen des Abkommen zwischen der Nato und Russland stehe. Deswegen fühle sich die Bundesregierung “an dieser Stelle auch nicht daran gebunden”.