Immer mehr Kritik an Israel – außer in Deutschland
Immer mehr Länder gehen auf Distanz zum rücksichtslosen militärischen Vorgehen Israels in Gaza und im Westjordanland. Derweil wirbt Deutschland um Vertrauen – in Aserbaidschan.
Frankreich hat von Israel eine “sofortige humanitäre Waffenpause” im Gazastreifen gefordert, die in einen Waffenstillstand übergehen soll, meldet “Le Monde”.
Auch in Lateinamerika wächst die Kritik. Bolivien bricht die Beziehungen ab, Chile und Kolumbien rufen Botschafter zurück. Argentinien und Mexiko prangern Verletzungen des humanitären Völkerrechts an.
In den USA fordern Zehntausende die Biden-Administration auf, eine Waffenruhe durchzusetzen. Andernfalls würden sie nicht mehr für Biden und seine Demokraten stimmen. Dies steht im “Guardian”.
Derweil fordert US-Außenminister Blinken in Ramallah, dass Zivilisten im Gazastreifen nicht vertrieben werden dürften. Israel müsse auch die extremistische Gewalt gegen Palästinenser im Westjordanland stoppen.
Doch in Deutschland kreist die Debatte immer noch um die Frage, ob man Israel nicht noch viel mehr unterstützen müsse. An den diplomatischen Bemühungen beteiligt sich Berlin nicht.
Außenminister Baerbock ist lieber nach Baku gereist – um für “Vertrauen” zwischen Aserbaidschan und Armenien zu werben. Aserbaidschan hat übrigens zehntausende Armenier vertrieben – und wird von Israel unterstützt…
Siehe auch “Deutschland isoliert sich”
P.S. “Wir erleben gerade einen Vietnam-Moment”, heißt es auf “telepolis” – denn die Jugend solidarisiere sich weltweit mit den Palästinensern. Derweil schreiben prominente deutsche Journalisten, die Proteste gegen das Morden in Israel richteten sich “gegen die Demokratie” – in Deutschland…
Helmut Höft
6. November 2023 @ 13:48
Nachtrag: „Breaking the silence“ https://www.breakingthesilence.org.il/ und https://de.wikipedia.org/wiki/Schovrim_Schtika
Helmut Höft
6. November 2023 @ 13:45
Der dlf: Nahost: Siedler-Gewalt in der Westbank gegen Palästinenser, Livereportage, (ist leider noch nicht nachträglich erreichbar), Zusammenfassung.: Die Siedler – die überwiegend selbst nach israelischem “Recht” übergriffig sind, in jeder Beziehung – benehmen sich ggü. den Palestinensern wie die Axt im Wlad!
Achtung: Dass mir ja keiner Zweifel an der israelischen Politik oder Israel anbringt: Der gilt als Terrorist, Hamas- und Putinfreund. 🙁
In Nahost müssen die Völker dort a) die Suppe die ihnen ihre eigenen Fanatiker und b) die “Wir” ihnen über die letzten ~ 100 Jahre eingebrockt haben, auslöffeln.
@ebo (& Stef)
Wie Du sehr richtig schreibst: … aus dem Holocaust kann man ganz andere Schlüsse ziehen als Habeck & Co. Zum Beispiel hätte man sich viel aktiver in die Nahost-Diplomatie einschalten können, um den Krieg zu verhindern. Bingo! … aber aber: Das geht leider nicht, das wäre ja echte Diplomatie, das wäre ja weise Politik – das würde aber am Ende womöglich ‘Interessen’ zuwiederhandeln …
Die AußenmisterIn in Baku: Annalena Ich_komme_vom_Völkerrecht, Diplomatie, Außenpolitik … irgendwas passt da nicht zusammen … hm?, wenn ich bloß wüsste was? 🙁
KK
6. November 2023 @ 14:17
Dazu passt:
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/ard-team-angegriffen-100.html
Die militanten Siedler werden jetzt offenbar auch als Reservisten in isreaelische Uniformen gesteckt und bewaffnet, damit sie noch effektiver in den besetzten Gebieten wüten und die – eh schon wenigen – Presseberichte darüber behindern können.
Godfried van Ommering
6. November 2023 @ 12:10
Politik ist im Verständnis heutiger Politiker gleich an Verwaltung. Man wittert überall „Probleme“ und man ist immer bestrebt diese mit Geld zu lösen. Wohin die Minister reisen, immer ist der Sack mit Euro‘s im Gepäck. Politik im Sinne einer sich an das „Allgemeine“ orientierenden Steuerung von gesellschaftlichen Entwicklungen, und der Gegensteuerung im Falle von Unrecht und Gefahr, die sich orientiert an ethische Werten, scheint für die heutigen Politiker eine Überforderung. Es fehlt ihnen anscheinend an den Mut zum Denken, an Weisheit, Besonnenheit, und die Bereitschaft zum Dienen. Die Politiker in Deutschland kommen mir vor wie Puppen, erstarrte Figuren, die zwar reden können, aber nur unter Zwang des Vorgegebenen, der Schablone. Wo es Israels Krieg im Gaza betrifft, ist diese Starre vielleicht erklärbar, aber nach meiner Meinung unentschuldbar, angesichts der ganz öffentlichen Kriegsverbrechen und des Scheiterns der UNO – Gremien. Hier braucht es klare Worte der Verurteilung und Stellungnahme für das Völkerrecht. In den Niederlanden erleben wir eine heillose Atomisierung der Politik in immer neuen Parteigründungen, die dazu, in vielen Fällen, auf die Abspaltung eines einzelnen Abgeordneten einer Partei im Parlement zurückgehen. Die Politik zersplittert, und es fehlt an Schlagkraft und an gesellschaftliche Bindung. Und der Rahmen, von EU und NATO festgelegt, kann ja nie überstiegen werden,; da liegt zuletzt alles fest, kein Spielraum! Die Opposition hat nicht einmal den Mut hier an zu setzen, und zB einen grundsätzlichen Kurswechsel im Bezug zum Krieg in Palestina zu fordern. Rutte hält fest an Biden und Netanyahu, abgesehen von einigen humanitären Randnotizen. Um nur zu schweigen von Russland, Ukraine…Putin ist hier noch immer das Böse schlechthin, auch, und gerade!, für die von Frans Timmernans geführten Grünen/Sozialdemokraten.
Thomas Damrau
6. November 2023 @ 09:35
Die deutsche Politik steht in Bezug auf Israel vor einem grundsätzlichen Dilemma:
– Auf Grund der Geschichte – Stichwort Holocaust – kann Israel für Deutschland nicht ein Staat wie jeder andere sein. Deutschland muss also an das staatliche Handeln Israels andere Maßstäbe (“Welches Handeln ist noch akzeptabel”?) als z.B. Frankreich anlegen.
– Die Frage, wie diese anderen Maßstäbe aussehen könnten, ist wegen der Historie hoch brisant – deshalb traut sich kein deutscher Politiker an die Beantwortung heran.
Statt einer Antwort wird – wie so oft – Pathos geliefert. Und im Zweifelsfall wird einem rechten Hetzer wie Netanjahu unverbrüchliche Solidarität gelobt.
ebo
6. November 2023 @ 09:54
Richtig, Israel ist für Deutschland kein Staat wie jeder andere- Doch aus dem Holocaust kann man ganz andere Schlüsse ziehen als Habeck & Co. Zum Beispiel hätte man sich viel aktiver in die Nahost-Diplomatie einschalten können, um den Krieg zu verhindern.
Man könnte auch auf Distanz zur Regierung Netanjahu gehen, wie dies sehr viele Israeli tun. Die grundlegende Unterscheidung in Staat, Regierung und Volk bzw. Nation wäre hier hilfreich – doch in Berlin ist sie wohl aus der Mode gekommen.
Was die Staatsräson betrifft, so habe ich meine Meinung schon gesagt – sie kann sich nur auf Deutschland beziehen, nicht auf Israel. Und sie darf nicht autoritär verstanden werden – wie so oft in der Geschichte.
Last but not least gilt es, die eigene Gesellschaft im Auge zu behalten. Mit Millionen Türken und Syrern ist Deutschland in gewisser Weise Teil des Nahen Ostens, ähnlich wie Frankreich. Also sollte es auch eine ausgewogene Politik anstreben, die den inneren Frieden bewahrt.
Dass man Islamisten und anderen Extremisten entgegentreten muß, versteht sich dabei von selbst. Aber nur die (vermeintlichen) Interessen Israels herauszustellen, ist ein schwerer Fehler, der Deutschland im Innern destabilisiert und international isoliert.
Stef
6. November 2023 @ 10:36
Das besondere Verhältnis Deutschlands zu den Juden aufgrund des Holocaust vermag die Handlungen der Politik alleine nicht zu erklären. Wäre dies wirklich der Hauptfaktor, dann wäre eine Unterscheidung gemäß dessen, was ebo angemerkt hat, ohne weiteres möglich. Das erfolgt aber gerade nicht mehr, implizit ist inzwischen eine Kritik an Israel oder eine Forderung “free palestine” schon antisemitisch. Warum?
M.E. ist ein Verständnis dieser starken Tabuorientierung in der Politik nur möglich, wenn man erkennt, dass es sich inzwischen als grundlegendes Strickmuster etabliert hat und zwar über Anlässe und Themen hinweg.
Der Bundesregierung ist es nach meiner Wahrnehmung regelmäßig schlicht zu riskant zu differenzieren, weil sie dann keinen Stich mehr machen kann. Sie würde aufgrund der Komplexität der globalen Realitäten immer riskieren, in Widersprüche verstrickt zu werden und so in die Defensive zu geraten, weil im Grunde fast jeder Bürger sich mittels Internet differenziert informieren kann. Deshalb greift sie zur Gleichschaltung mittels strikter Propaganda und zunehmend autoritärer Bekämpfung alternativer Interpretationen, um überhaupt noch irgendwie handlungsfähig zu bleiben. Dabei opfert sie die Meinungs- und Pressefreiheit und damit den Kernbestand der Willensbildung in einer Demokratie.
Die Bundesregierung ist damit nicht alleine, dieses Phänomen ist in nahezu allen Demokratien westlicher Prägung analog zu beobachten und nicht alle diese Staaten haben dasselbe “besondere Verhältnis” zum Judentum aufgrund ihrer Geschichte. Ich meine überdies, dass dies in den (mehr oder minder) Demokratien außerhalb der westlichen Hemisphäre genauso funktioniert, nur dass es dort zuvor keine Phase größerer innerer Offenheit gegeben hat. Mit anderen Worten gibt es dort keinen Trennungsschmerz. Als Defizit werden die dortigen Bürger den Mangel an Meinungsfreiheit und das Bedürfnis des Staates zur umfassenden Kontrolle der Narrative mit Sicherheit auch empfinden.
Sieht man es aus dieser Warte, handelt es sich eher um ein Problem des Selbstverständnisses der globalen Eliten gegenüber ihren Bürgern, denen man schlicht die wahren Umstände und Erwägungen der eigenen Politik lieber nicht eröffnen will, um nicht unter “falschen” Druck zu geraten.
Stef
6. November 2023 @ 07:46
Die Weigerung sich impfen zu lassen hat sich während der Coronakrise ebenso gegen die Demokratie gerichtet wie danach der Verweis, dass nicht alleine Russland für die Eskalation in der Ukraine verantwortlich ist. Das ist der alte neue demokratische modus operandi.
KK
5. November 2023 @ 23:10
„Derweil schreiben prominente deutsche Journalisten, die Proteste richteten sich „gegen die Demokratie“….“
Ja, is klar … wenn eine kleine Elite aus Politik und Medien bestimmen will, was überhaupt noch gesagt werden darf, das nennt man heute Demokratie. Selbst, wenn eine Mehrheit völlig anderer Meinung ist, in nur einer Sache oder generell.
Das ist allerdings näher am Faschismus 2.0 als an der Demokratie!
Passt aber gut zu der Entwicklung in Israels Regierung, die „Untermenschen“ bzw. „Tiere“ sind dort heute die Palästinenser…