Umstrittene Reformen: Strom bleibt teuer, Wohnen wird noch teurer
Die EU-Kommission will den Strommarkt trotz exorbitanter Preise nicht grundlegend reformieren. Derweil fordert das Europaparlament mehr Ehrgeiz bei Energieeffizienz in Gebäuden – Wohnen wird noch teurer.
Die EU-Kommission hat sich gegen eine grundlegende Reform des Strommarkts ausgesprochen. Trotz exorbitanter Preise werde man den Strompreis nicht von Gas und anderen teuren Energieträgern entkoppeln, hieß es in Brüssel. Als Trostpflaster soll es länger laufende Verträge für Endkunden geben.
Gegen eine durchgreifende Reform hatte sich vor allem Deutschland ausgesprochen. Hierzulande hält man das „Merit-Order“-Prinzip hoch – nur so lasse sich der Markt ordnungspolitisch steuern. Brüssel hat zwar Alternativen geprüft, sie aber am Ende verworfen. Ob es da Druck aus Berlin gab?
Vor allem die Grünen setzen auf das „Marktsignal“ – denn angeblich fördern hohe Preise den Klimaschutz. Der soll nun auch in Gebäuden forciert werden. Ungeachtet massiver Warnungen vor „Zwangssanierungen“ hat sich das Europaparlament für höhere Anforderungen an die Energieeffizienz ausgesprochen.
Zugrunde lag ein Vorschlag der EU-Kommission, die so genannte Energieeffizienz-Richtlinie. Ähnlich wie bei Elektrogeräten sollen Effizienz-Klassen eingeführt werden – von „A“ (sehr gut) bis „G“ (schlecht). Wohngebäude sollen bis 2030 die Klasse E erreichen, bis 2033 wird „D“ angepeilt. Neue Gebäude sollen ab 2028 emissionsfrei sein.
„Bevormundung, soziale Probleme“
Das Parlament stellt damit höhere Anforderungen an Heizung und Dämmung als die EU-Kommission. Allerdings ist dies noch nicht das letzte Wort – nun folgen Verhandlungen mit dem Ministerrat. Eine Richtlinie setzt nur den Rahmen, über die Umsetzung müssen die EU-Staaten am Ende selbst entscheiden.
Doch schon jetzt ist die Aufregung groß. „Die Bevormundung geht weiter“, kritisierte Markus Pieper, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe. Die „rot-grünen Zwangssanierungen“ könnten zu einer Immobilienkrise führen. Sein Parteifreund Dennis Radtke warnte vor sozialen Problemen.
Material- und Fachkräftemangel
Fest steht, dass Wohnen durch die Sanierungen noch teurer wird. Allerdings müssen sie erstmal umgesetzt werden – und auch daran gibt es Zweifel. Der Bundesverband der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) bezeichnete die Forderungen des EU-Parlaments als „absurd“.
Schon jetzt herrsche „ein massiver Material- und Fachkräftemangel, die Preise rund um das Bauen und Sanieren explodieren und auch die Zinsen steigen weiter“, erklärte GdW-Präsident Axel Gedaschko. Offenbar ist niemand mit den „grünen“ und vor allem teuren Plänen aus Brüssel zufrieden…
Mehr hier (Artikel in der „taz“) Siehe auch „CO2 bekommt einen Preis – die Bürger zahlen die Zeche„
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KK
15. März 2023 @ 22:23
@ ebo:
„Zu dumm nur, dass die deutsche Klimabilanz immer noch miserabel ist und wir mittlerweile wieder mehr Kohle zu Strom verheizen…“
Fast schon erheiternd dazu die heutige Meldung, dass Deutschland 2022 seine Klimaziele erreicht habe.
Das liegt aber nicht etwa an Fortschritten im Klimaschutz, sondern an dem von Robert Habeck mit seiner Wirtschaftspolitik vorangetriebenen Abbau der Produktion: Viele Firmen haben wegen der hohen Energiekosten diese gedrosselt, ganze Betriebe stillgelegt oder ins Ausland verlagert.
Und was hat uns unser kluger Wirtschaftsminister beigebracht: Den Firmen gehts gar nicht schlecht deswegen, sie schränken nur ihren Wirtschaftsbetrieb ein. Manche eben zu 100%. Frei nach Monty Python: This is an ex-parrot…
KK
15. März 2023 @ 13:33
@ Thomas Damrau:
„Nur setzt der Neubau soviel CO2 frei wie die alte unsanierte Wohnung in Jahrzehnten ausstoßen würde.“
Treffer, versenkt. Sowohl bei den Gebäuden als auch beim Verkehr werden die Emissionen, die bei Sanierung oder Ersatz Alt gegen Neu entstehen, offenbar nicht in die Überlegungen einbezogen.
So wie auch der komplette Militärkomplex bislang auf wirklich allen Klimakonferenzen aus den Öko-Bilanzen herausgehalten wurde. Finge man dort an, einfach mal konsequent und deutlich zurückzubauen, statt immer mehr Geld hineinzupumpen, wäre dem Klima schon viel geholfen, und es würde eine riesige Menge Geldes frei, um die anderen Bereiche anzugehen: angefangen bei den Kapazitäten klimaneutraler Strom und Infrastruktur!
Monika
15. März 2023 @ 16:39
Die Tatsache, dass der CO2-Verbrauch bei Dämmung oder Neubau gar nicht in die (Milchmädchen)-Rechnungen einbezogen werden, zeigt ja deutlich, dass es mehr auf die Förderung von bestimmten Geschäftsfeldern „ankommt“, als auf den Wunsch wirklich „das Klima“ zu entlasten…
Es ist jedes Mittel recht, dem „Normalbürger“ jeden möglichen Cent aus den Rippen zu pressen. Wenn dazu in das eine oder andere „Pflaster“ investiert werden muss, dann muss dies als „gute Investition“ in eine Effizienzsteigerung der „Saftpresse“ gesehen werden.
Da wollen die zivilen „Zweckverbände“ nicht hinter der Vorzugsbehandlung des militärischen Komplexes zurückstehen…
ebo
15. März 2023 @ 17:17
Nein, das ist der „grüne Kapitalismus“, wie ihn Habeck & Co. propagieren. Sieht man auch auf den Energiemärkten.
Es geht nicht darum, den Bürgern zu helfen. Es geht darum, neue „grüne“ Geschäftsfelder zu eröffnen, mit denen sich satte Profite machen lassen. Läuft!
Zu dumm nur, dass die deutsche Klimabilanz immer noch miserabel ist und wir mittlerweile wieder mehr Kohle zu Strom verheizen…
KK
15. März 2023 @ 12:54
„Der Bundesverband der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) bezeichnete die Forderungen des EU-Parlaments als “absurd”. “
Genau das ist es – abgesehen vom Mangel an Material und Fachkräften fehlt vielen schlicht und ergreifend das Geld.
Hinzu kommt Physik – man kann nicht alles einfach zudämmen, ohne dass neue Probleme wie zB Schimmel entstehen. Man kann auch nicht enfach jeden fossilien Energieträger durch klimaneutralen Strom ersetzen, weil der auf absehbare Zeit gar nicht in den hierfür benötigten Mengen zur Verfügung stehen wird. Schon gar nicht dort, wo er gebraucht wird. Dafür braucht es auch stabile Netze, die die Mehrbelastung aushalten.
Heutzutage wird eine völlig an den Realitäten vorbeigehende Wünsch-Dir-Was-Politik gemacht, die eher an die rosaroten Märchen von weltfremden Kinderbuchautoren erinnern! Kann mich mal bitte jemand aufwecken?
Thomas Damrau
15. März 2023 @ 08:41
Man muss kein Sozialforscher/Statistiker sein um anzunehmen, dass in den Gebäuden der Klasse E die Menschen leben, die keinen fünf- oder sechstelligen €-Betrag in der Portokasse haben, um die Sanierungskosten zu stemmen.
Um die sich daraus ergebenden sozialen Kollateralschäden in Grenzen zu halten, müssen die EU-Staaten viel Geld in die Hand nehmen – das sie nicht haben. Wir erinnern uns noch alle an die Diskussion um die CO2-Besteuerung: Da sollte ein „Energiegeld“ in Deutschland an jeden Bürger gezahlt werden, um die sozialen Folgen der Besteuerung zu mildern. Seit der Regierungsbildung 2021 habe ich nichts mehr von dieser Idee gehört.
Außerdem wird (zumindest in Deutschland) nicht Sanierung, sondern Abriss und Neubau die Lösung sein. Das sehe ich tagtäglich in meiner näheren Umgebung: Altes weg und neue Wohnungen für € 6000+ pro m2 bauen. Nur setzt der Neubau soviel CO2 frei wie die alte unsanierte Wohnung in Jahrzehnten ausstoßen würde.