Ukraine: Plötzlich reden auch EU-Chefs ganz anders
Der polnische Regierungschef Tusk schließt den Beginn von Verhandlungen über die Ukraine in den nächsten Wochen nicht aus. Auch andere EU-Chefs bereiten sich plötzlich darauf vor.
„Unsere EU-Ratspräsidentschaft wird unter anderem mitverantwortlich dafür sein, wie die Situation in den Verhandlungen aussieht, die im Winter dieses Jahres beginnen könnten“, sagte Tusk in Warschau. Polen übernimmt am 1. Januar den Ratsvorsitz von Ungarn.
Auch Ungarns Regierungschef Orban wollte auf EU-Ebene über mögliche Verhandlungen reden. Im Juli startete er dafür eine eigene Friedensmission mit Besuchen in Kiew, Moskau, Peking und beim künftigen US-Präsidenten Trump in Mar-a-Lago.
Doch damals wollte die EU nichts davon wissen. Verhandlungen mit Kremlchef Putin waren tabu, die Worte Diplomatie und Frieden wurden in Brüssel gemieden. Einige EU-Staaten versuchen sogar, den ungarischen Ratsvorsitz zu boykottieren.
Der Wind hat gedreht
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Nun, da Trump wiedergewählt wurde und eine schnelle Waffenruhe fordert, hat sich der Wind gedreht. Plötzlich redet nicht nur Präsident Selenskyj von Verhandlungen – auch Kanzler Scholz will einen “zügigen Frieden”. Deshalb hat er sogar Putin angerufen.
Allerdings haben weder Scholz noch Tusk einen eigenen Plan. Sie reden lediglich über das, was sie von Trump erwarten – und über die Frage, wie die EU reagieren könnte. Eine eigene diplomatische Initiative sucht man immer noch vergebens.
Noch hoffnungsloser ist die Lage in Brüssel. Kommissionschefin von der Leyen und ihre neue Außenbeauftragte Kallas tun immer noch so, als sei der “Sieg” der Ukraine nahe. Das Wort Verhandlungen kommt ihnen bisher nicht über die Lippen…
Siehe auch Ukraine: Plötzlich reden die Nato-Chefs ganz anders
P.S. Der frühere Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat erklärt, dass er nicht mit einem Angriff Russlands auf Europa rechne. Man dürfe “keine selbsterfüllenden Prophezeiungen konstruieren”, sagte er dem “Handelsblatt“. Doch genau das macht die EU-Kommission…
Helmut Höft
11. Dezember 2024 @ 08:57
Seit ca. 30 Jahren ist es klar, dass die NATO von Russland als das erkannt worden ist, was sie ist: Ein Instrument des ungebremsten US-Imperialismus. Seit ca. 30 Jahren ist es klar, dass Russland da nicht mehr mitspielt. Und immer noch träumt die NATO von weiteren Eroberungen (“Beitrittsplan bleibt auf dem Tisch”)!
Ich bin mir ziemlich sicher: Der IQ der Verantwortlichen liegt deutlich unter deren Körpertemperatur!
So’n bisschen erinnert das an an das übliche Gewese westlicher Politniks in Kiew: Zum 100sten mal nachfragen: “Was braucht ihr?” Zusagen machen (“die Ukraine muss gewinnen”, “what ever it takes”, “an den Verhandlungstisch zwingen” usw.), dann nach Hause: “Öhm … jetzt doch noch nicht, vllt. später, oder …? Hm? Da fahren wir doch wieder mal nach Kiew und fragen nach!
Guido B.
11. Dezember 2024 @ 08:14
Die Ukraine und ihre Unterstützer erwägen Verhandlungen unter der Voraussetzung, dass sich die Ukraine in einer Position der Stärke befindet. Der NATO-Beitritt der Ukraine bleibt auf jeden Fall auf dem Tisch. Russland erwägt Verhandlungen, wenn die USA bereit sind, die NATO-Ambitionen in der Ukraine zu beerdigen. Ergo: Es gibt keine gemeinsame Basis für Verhandlungen.
Polen will lediglich eine Koalition der Willigen mobilisieren, um den Krieg gegen Russland fortzusetzen, falls die USA ausfallen. Der Westen hat den Konflikt mit Russland nicht 10 Jahre lang eskaliert, um 2025 Koonzessionen an Russland zu machen. Die Haltung des Westens gegenüber Russland ist eindeutig: Russland muss auf dem Schlachtfeld besiegt werden. Das ist alles, was der Westen an Diplomatie aufzubieten bereit ist.
Thomas Damrau
11. Dezember 2024 @ 09:21
Es gibt allerdings auch die normative Kraft des Faktischen:
— Die ukrainische Armee verliert (langsam) an Boden.
— Trump ist Isolationist mit einer Wählerschaft, die kein Geld für die Ukraine ausgeben möchte und zum Teil nicht einmal weiß, wo die Ukraine liegt.
— Die EU hat kein Geld und die Idee, Geld von sozialen Aufgaben und Zukunftsthemen in Richtung Rüstung umzuschichten, würde die EU innerlich destabilisieren.
Fazit: Wollen kann man viel, die Frage ist: Was kann die EU überhaupt noch reißen? (siehe auch https://wordpress.com/post/redfirefrog.wordpress.com/1099 )
Thomas Damrau
11. Dezember 2024 @ 10:00
… sorry, der Link am Schluss war falsch – richtig ist https://wordpress.com/post/redfirefrog.wordpress.com/1099
Guido B.
11. Dezember 2024 @ 10:46
Die entscheidende Frage ist: Wann lässt sich Russland auf Verhandlungen ein? Russland wird seine Ziele nicht auf diplomatischem Weg erreichen können, denn dazu müsste die NATO dem Expansionismus abschwören – was sie nie tun wird. Somit ist auch auf russischer Seite die Fortsetzung des Kriegs alternativlos. Man darf sich da keinen Illusionen hingeben.
Das Problem des Westens ist, dass die Ukraine ohne eine direkte Kriegsbeteiligung ihrer Verbündeten nicht mehr lange kämpfen will oder kann. Bei einer verlierenden Ukraine muss der Westen direkt in den Krieg eintreten, wenn er Russland strategisch besiegen will. Die USA unter Trump werden es nicht tun. Andere Verbündete diskutieren jetzt darüber, wie sie den Kriegseintritt anstellen sollen. Es gibt auf dem Schlachtfeld noch viel zu tun. Die EU-Elite ist sich einig, dass die Voraussetzungen für Verhandlungen erst noch erkämpft werden müssen. Gut möglich, dass hier ein paar verrückte Nationen (UK, Polen, Baltikum, Tschechien, Frankreich) vorangehen und Truppenverbände in die Ukraine schicken. Die roten Linien Russlands haben die EU-Eliten noch nie interessiert. Die Probleme der eigenen Bevölkerung auch nicht.
ebo
11. Dezember 2024 @ 10:49
Diese Sorge teile ich; was ich in Brüssel höre und sehe, trägt nicht zur Beruhigung bei.
Skyjumper
11. Dezember 2024 @ 16:59
“— Die EU hat kein Geld und die Idee, Geld von sozialen Aufgaben und Zukunftsthemen in Richtung Rüstung umzuschichten, würde die EU innerlich destabilisieren.”
Ich befürchte, da geht noch viel mehr als Sie und ich uns heute vorstellen können, oder vorzustellen wagen. Auch wenn die Franzosen, Italiener, Spanier lange nicht so phlegmatisch sind wie die Deutschen:
Da geht noch viel viel mehr an Sozialabbau bevor es zu ernsthaften Destabilisierungen kommt. Es gehen auch noch viel viel mehr Schulden. Wir werden es gerade in DE in Kürze wieder erleben wenn die CDU als strahlender Sieger, die Grünen als leicht angestaubte Sieger, und die SPD als respektabler Dritter (es werden natürlich nur demokratische Parteien der Mitte berücksichtigt) mit zusammen ~ 60 + x % aus den Bundestagswahlen hervorgehen. Destabilisierung sieht anders aus.
Die EU ist daher sehr wohl (finanziell) in der Lage, und offenbar auch Willens, den Krieg gegen Russland noch lange Zeit weiter gehen zu lassen. Selbst wenn es zu “boots on the ground” käme: Die Koalition der Willigen würde würde Russland vor ganz erhebliche Probleme stellen. Also auch dazu ist die EU durchaus in der Lage, nur (noch) nicht Willens. Aber wir werden medial bereits vorbereitet.