China-Politik: Macron lockt, Leyen droht – doch Xi bleibt bei Ukraine vage
Frankreichs Macron ist es bei seinem Besuch in China nicht gelungen, eine Vermittlung im Ukraine-Krieg anzustoßen. Seine Charme-Offensive lief ins Leere – nicht zuletzt, weil EU-Chefin von der Leyen den Chinesen drohte.
Macron hatte Präsident Xi Jinping aufgefordert, Russland zur Beendigung des Krieges zu bewegen. „Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann, wenn es darum geht, Russland zur Vernunft zu bringen und alle an den Verhandlungstisch zurückzuholen“, so Macron.
Doch die Charme-Offensive lief ins Leere. Xi ließ sich nicht zu einer Vermittlung drängen. Er hoffe, dass beide Seiten so bald wie möglich Friedensverhandlungen führen könnten, sagte er. Das war’s. Druck auf Russland will er offenbar nicht ausüben.
Derweil hieß es in Moskau, eine Vermittlung sei derzeit ausgeschlossen. China verfüge zwar „zweifellos über ein sehr effektives und überragendes Vermittlungspotenzial“, sagte Kreml-Sprecher Peskow. Doch bislang gebe es „keine Aussichten auf eine politische Lösung.“
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Der Krieg geht weiter, Macrons Hoffnung wurde enttäuscht. Allerdings hatte er schlechte Karten. Es macht sich nicht gut, den Fokus bei Gesprächen mit einer Weltmacht auf eigene Probleme – die Ukraine – zu lenken. China soll EUropa Frieden bringen – really?
Und es kommt ganz schlecht an, wenn man mit einer Person anreist, die dem Gastgeber droht – wie EU-Kommissionschefin von der Leyen. Sie warnte vor chinesischen Waffenlieferungen an Russland. Das „würde unsere Beziehungen erheblich schädigen.“
In chinesischen Ohren muß das reichlich verlogen klingen. Schließlich hat die EU gerade neue Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt. Auch wenn sie zur „Selbstverteidigung“ gedacht sind – eine Vermittlung erleichtern sie nicht, im Gegenteil.
Macron & Co. könnten nur dann glaubwürdig für Diplomatie eintreten, wenn sie nicht ständig für die Ukraine Partei ergreifen würden – und auch die USA zu Diplomatie drängten. Denn der Hammer hängt letztlich nicht in Peking, sondern in Washington…
Mehr zum Ukraine-Krieg hier
P.S. Immerhin will Xi mit Selenskyj telefonieren. Allerdings nicht sofort, sondern „zu gegebener Zeit“. Soll man das einen Verhandlungs-Erfolg nennen?
european
7. April 2023 @ 12:55
Ein kleiner Einblick in die Beziehung zwischen Frankreich und China. Auch hier darf man sich fragen, wem es mehr schaden wird, wenn hier die fehlgeschlagene Russland-Strategie wiederholt wird, bzw. man sich zum Erfuellungsgehilfen in einem Krieg gegen China macht.
https://www.china-briefing.com/news/france-china-relations-trade-investment-and-recent-developments/
Ich bin nicht sicher, ob Macron mit einer drohenden EUCO-Praesidentin in guter Begleitung war bzw. ist. Frankreich muss seine eigenen Probleme loesen, zur Not auch ohne EU.
Helmut Höft
7. April 2023 @ 11:22
Schließlich hat die EU gerade neue Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt. Auch wenn sie zur “Selbstverteidigung” gedacht sind … Na das ist doch einfach: Wenn der Leo beim Schießen rückwärts fährt, ist das klar defensiv … hm, warte mal ? … was ist denn wenn er beim Schießen vorwärts fährt … *grübel* 😉
Macron beißt sich sonst wo hin, war es doch Ullala der er zum Posten verholfen hat, jetzt ist sie Bidens Darling! *tststs* Sachen gibt’s.
Thomas Damrau
6. April 2023 @ 19:17
@KK
Wie gesagt: Ich staune jedes Mal und frage mich, „wie kann man nur …“
Obwohl ich es eigentlich besser wissen müsste: „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ soll schon der olle Einstein der Menschheit attestiert haben.
KK
6. April 2023 @ 18:05
@ Thomas Damrau:
„Ich persönlich staune darüber, dass beide Seiten in diesem Krieg felsenfest davon überzeugt sind, dass nur noch eine Kleinigkeit fehlt, damit sich das Blatt endgültig zu ihren Gunsten wendet“
Sie staunen noch, obwohl die ISAF sowas ähnliches in Afghanistan 20 Jahre lang gedacht hat – bevor sie dann doch letztendlich Hals über Kopf mit eingekniffenem Schwanz abgezogen sind?
european
6. April 2023 @ 17:21
Westliche Diplomatie scheint sich darauf zu beschraenken, dass westliche Interessen gewahrt werden. Friss oder Stirb, koennte man es auch nennen. Nun hat Russland aber weder vor zu fressen noch zu sterben.
Fernseh-Philosoph Precht brachte diese westliche Ueberheblichkeit kuerzlich so schoen zum Vorschein. Er erwaehnte russische Interessen, um im naechsten Satz sofort mit „ob sie berechtigt sind oder nicht, mag dahingestellt sein“ wieder in Abrede zu stellen. Woher diese unglaubliche Arroganz kommt, will sich mir nicht erschliessen.
Ein schulterklopfendes „Ich vertraue auf Sie“ in China wechselt sich mit der Drohgebaerde “das würde unsere Beziehungen erheblich schädigen.” Nun, dieses good cop – bad cop Spiel ist wohl ins Leere gelaufen. Man sollte eben nicht pokern, wenn jeder weiss, dass man kein gutes Blatt hat. Nun reisen beide mit leeren Haenden wieder ab. Macron konnte sich nicht als Macher praesentieren und von der Leyen denkt wohl ein mal mehr an den Nato-Sessel. Ein rettender Anker bevor man sich fuer das europaeische Desaster rechtfertigen muss, denn die Zahl der ungeloesten Probleme waechst unaufhaltsam.
Thomas Damrau
6. April 2023 @ 16:51
Xi hat vor kurzem mit Putin gesprochen und hat vermutlich die Erkenntnis gewonnen, dass im Augenblick sowohl Russland also auch die Ukraine fest an den eigenen Endsieg glauben. Daran können auch mehr als eine Milliarde Chinesen nix ändern.
Ich persönlich staune darüber, dass beide Seiten in diesem Krieg felsenfest davon überzeugt sind, dass nur noch eine Kleinigkeit fehlt, damit sich das Blatt endgültig zu ihren Gunsten wendet – nach wochenlangem mörderischen, aber erfolglosen Stellungskrieg. Aber ich hätte vermutlich auch bei jedem anderen Krieg über den“Gleich haben wir’s“- Optimismus der Verantwortlichen den Kopf geschüttelt. Vielleicht geht es Xi ähnlich.
Xi hätte als Vermittler natürlich noch ein ganz anderes Problem: Während Putin sich bedeckt hält, was er unter einem akzeptablen Kriegerfolg versteht, ist für Selenksyj nichts außer einer russischen Kapitulation akzeptabel. Letzteres ist natürlich keine Basis für Verhandlungen.
Daher muss erst mal jemand in Kiew anrufen, bevor Xi dann Putin ermahnen kann: „So, Wladimir, jetzt hör mal mit dem Abschlachten auf und setz Dich mit Selenkskyj zusammen.“
ebo
6. April 2023 @ 16:56
Es muß auch mal jemand in Washington anrufen – und darauf hinweisen, dass die Geduld der Europäer (= Bürger) nicht unendlich ist und sie nicht darauf vertrauen können, dass die EU den Krieg bis zum „Sieg“ führt…
Hekla
6. April 2023 @ 16:45
„Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann, wenn es darum geht, Russland zur Vernunft zu bringen…“
Beim diplomatischen Sprachgebrauch der europäischen Spitzenpolitiker komme ich irgendwie nicht mehr mit. Oder dabei, was sie für Diplomatie halten. Wollte man früher jemanden für eine Sache gewinnen, begegnete man dem anderen mit Respekt, schlug einen höflichen Ton an und grundsätzlich war das Wort „Augenhöhe“ auch kein Fremdwort. Auch gut platzierte Bescheidenheit oder Demut waren hier und da gar nicht mal so kontraproduktiv.
Heutzutage kommt es mir so vor, als ob die europäischen Politiker gar nicht begreifen würden, warum jemand, den man vorher auf offener politischer Bühne belacht, beschimpft, brüskiert, demütigt hat, nicht spurt. Noch unbegreiflicher scheint es zu sein, wenn es sich auch noch um die Präsidenten der größten Wirtschafts- oder Atommächte handelt…
Der zitierte Satz von Macron ist soweit noch wenigstens höflich – aber er verkennt dermaßen die realen Größenordnungen und die damit verbundenen Handlungsspielräume, dass es eine unglaubliche Beleidigung ist. Xi ist eben nicht Macrons Mitarbeiter, den er durch so ein durchsichtiges Lob manipulieren kann und ich wage zu bezweifeln, ob es irgendjemanden auf der Welt gibt, von dem er Aufträge annimmt, so ehrenvoll sie auch sein mögen.
KK
6. April 2023 @ 15:39
„“Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann“
Demokratie kann er nicht, und zählen auch nicht!
Dabei hatte er die Notwendigkeit der Rentenreform per Dekret doch auf Zahlen gestützt. Armes Frankreich.