“Zustimmung” zum Ukraine-Krieg: Wie die EU die Umfragen schönt
Die EU versucht regelmäßig, ihre Politik durch Umfragen zu rechtfertigen. Das neue “Eurobarometer” soll belegen, dass die Bürger den Kurs im Ukraine-Krieg unterstützen. Doch die Zahlen sagen etwas anderes.
Die “Zustimmung” zur EU-Antwort auf den Krieg bleibe sehr hoch, behauptet die EU auf ihrer Website zur neuen Eurobarometer-Umfrage vom Juni. So seien 88 Prozent für humanitäre Hilfe. Stimmt!
Doch diese humanitäre Hilfe ist alles andere als repräsentativ für die EU-Reaktion. Im Vordergrund stehen Sanktionen, Waffen und Munition – wie jeder weiß, der mal an einem EU-Gipfel teilgenommen hat.
Und da sehen die Zahlen, so weit erhoben, eher mau aus. So ist die Zustimmung zu Wirtschafts-Sanktionen von 74 auf 72 Prozent zurückgegangen. “Völlig einverstanden” sind sogar nur 38 Prozent.
Bei den Waffen geht es von 65 auf 64 Prozent runter – doch “völlig einverstanden” sind nur 28 Prozent. Leider wird nicht nach Waffengattungen differenziert – kontroverse Lieferungen wie Streumunition und F-16 fehlen…
Gar nicht toll fällt die Gesamtbewertung der EU-Reaktion aus. Die “Zufriedenheit” liegt unverändert bei 56 Prozent – doch nur 11 Prozent sind “sehr zufrieden”. Der Weg zum “Sieg”, den die EU ja anstrebt, ist offenbar noch weit.
Für die Medien wurden diese Ergebnisse aufbereitet – und geschönt. “Die Maßnahmen, die als Reaktion auf die Invasion der Ukraine durch Russland ergriffen wurden, finden weiterhin sehr große Zustimmung“, behauptet die EU-Kommission.
In Deutschland bröckelt die Zustimmung
___STEADY_PAYWALL___
Doch “sehr groß” ist die Zustimmung eben nur für humanitäre Hilfe. Nach anderen wichtigen Aspekten, etwa dem geplanten EU-Beitritt, wurde gar nicht gefragt.
Das ist vielleicht kein Zufall. Denn in Deutschland geht die Zustimmung deutlich zurück. Befürworteten dies im März noch 61 Prozent , so sind es jetzt nur noch 51 Prozent (dagegen: 41 Prozent), so das Politbarometer von Juni.
Man könnte auch sagen: Die Zustimmung zum EU-Kurs in Sachen Ukraine bröckelt. Und das ein Jahr vor der Europawahl…
Mehr zum Ukraine-Krieg hier
P. S. Unnötig zu erwähnen, aber nach einer diplomatischen Lösung des Ukraine-Konflikts wurde gar nicht erst gefragt. Die EU glaubt nicht mehr an “Soft Power” – dabei war das mal ihr größter Trumpf!
Ute Plass
12. Juli 2023 @ 10:56
Dank für die erhellenden Kommentare. Die Frage, die sich( nicht nur mir) stellt:”Wozu braucht es ‘diese EU’ ?”
Im Podcast Gespräch zwischen Ulrike Guerot und Tove Soiland, welches die Überschrift trägt:
“Vom Versagen der europäischen Linken: rechts-links im post-ideologischen Zeitalter”
https://open.spotify.com/show/3R7PajI7F2pO7nsuqUQdoh
steht die Frage zwar nicht im Mittelpunkt. Trotzdem wird so manches klarer.
Arthur Dent
11. Juli 2023 @ 23:51
In einer Demokratie geht alle Staatsgewalt vom Volke aus – davon kann ich in der EU nichts erkennen.
EU – Nein Danke! Als logische Folge der Missachtung des Volkswillens ist die EU den meisten Europäern bis heute fremd geblieben. Die EU als auch der Euro ist in den meisten Staaten über den Kopf der Bevölkerungen eingeführt worden. Nur in Frankreich, Irland und Dänemark gab es Volksabstimmungen zum Maastricht-Vertrag. (In Deutschland sind bundesweite Volksabstimmung zu Einzelfragen erst gar nicht zulässig, GG. Artikel 29).
Der eigentliche Sinn der EU, die Durchsetzung der neoliberalen freien Marktwirtschaft, liegt keinesfalls im Interesse der abhängig beschäftigten Normalbürger. Für gemeinwohlorientierte Politik ist da kein Platz – mit dem edlen Wort „Nachhaltigkeit“ will die Politik bekanntlich die „kleinen Leute“ überreden, „zugunsten zukünftiger Generationen“ sich immer mehr wegnehmen zu lassen. Für Schuldenabbau und „Stabilität“ wurde den Staaten „Kaputtsparprogramme“ auferlegt – und hinterher waren die Reichen reicher und die Armen ärmer.
Ein Land gilt nicht dann als gesund, wenn die Bürger Freude am Leben, Arbeit und erträgliche Einkommen und auskömmliche Renten haben, sondern wenn es als Freiwild für „Investoren“ und Spekulanten von den Rating-Agenturen gut bewertet wird. Das gelingt umso besser, wenn Großkonzerne von lästigen Sozialgesetzen befreit, frei Schalten und Walten können.
(Abhängig Beschäftigte haben von der Wiedervereinigung nicht proftiert, dass Deutschland an politischem Gewicht in der Welt zugelegt hat, hat den Normalbürger Geld gekostet. Desgleichen gilt für die EU-Osterweiterung, als man die ganzen „Armenhäuser“ aufgenommen hat. Krankenschwestern, Busfahrer, Elektriker dürften wohl kaum von einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine profitieren).
KK
11. Juli 2023 @ 15:08
@ european:
“Humanitäre Hilfe meint doch etwas völlig anderes. Es muss schon sehr hart kommen, wenn Bevölkerungen humanitäre Hilfe verweigern würden.”
Umso bemerkenswerter, dass bei 88% Zustimmung sich offenbar immerhin 12% unentschlossen oder sogar dagegen ausgesprochen haben…
KK
11. Juli 2023 @ 15:06
“Und das ein Jahr vor der Europawahl…”
Diese Farce hatte doch noch nie Einfluss auf die Politik; und die, die unzufrieden sind, werden eher nicht wählen als zwischen Pest und Cholera.
Selbst “DIE PARTEI” Sonneborns konnte ich hier 2022 in NRW nicht wählen, weil die für Waffenlieferungen in die Ukraine und für Wirtschaftssanktionen gegen Russland eingetreten sind.
Helmut Höft
11. Juli 2023 @ 11:40
Die EU versucht regelmäßig, ihre Politik durch Umfragen zu rechtfertigen. Das nannte man bei Mutti “Regieren nach Zahlen”, Zitat: “Nach Meinungsforschern, hatte Angela Merkel einst erklärt, wolle sie sich nicht richten. Jetzt zeigen 600 geheim gehaltene Umfragen des Bundespresseamts, wie Demoskopen Merkels Denken, Reden und Handeln beeinflussen. ” Kommentar: *ächz*
european
11. Juli 2023 @ 08:14
Humanitäre Hilfe meint doch etwas völlig anderes. Es muss schon sehr hart kommen, wenn Bevölkerungen humanitäre Hilfe verweigern würden. Natürlich muss man den Menschen helfen, die in dieser furchtbaren Lage sind. Aber auch da waren es Medien und Politiker, die z.B. das Rote Kreuz wegen seiner Überparteilichkeit angegriffen haben und Liane Kilinc von der Friedensbrücke-Kriegsopferhilfe kann endlos darüber berichten, wie von offizieller Seite immer wieder versucht wird, ihre Arbeit zu behindern, bis hin zu Kontensperrungen. Man sollte eben nur den “Richtigen” helfen.
Sanktionen hingegen wirken oft der humanitären Hilfe entgegen. Jüngstes Beispiel war das Erdbeben in Türkei und Syrien. Während die humanitäre Hilfe für die Türkei praktisch unmittelbar in Gang gesetzt wurde, konnten die Syrer sehen, wo sie bleiben – wegen der Sanktionen. Deshalb wurden sie übrigens unlängst von der UN mit einer Abstimmung von 33 zu 13 geächtet und als “Verstoß gegen die UN Charta” gebrandmarkt. Ist irgendwie noch nicht in der EU angekommen. Die Brieftaube muss sich verflogen haben.
Die EU-Granden können ihr Tun noch so schön anmalen. Die Wahlergebnisse sowie die politischen Umfragen in den einzelnen Ländern sprechen eine andere, eigene, Sprache. Rechtsaußen auf dem Vormarsch, wohin das Auge blickt. Auch in Deutschland. Ganz wie Jonathan Pie das so sehr treffend in seinem Trump-Rant beschrieb: “That’s why people are waiting until they are in the voting booth.”
So ist es.