Ukraine: Die zweite Chance

Die Befreiung von Cherson eröffnet die Aussicht auf Verhandlungen mit Russland. Es ist bereits die zweite Chance für eine Friedenslösung – wird die Ukraine sie nutzen?

Leider sieht es nicht so aus. Präsident Selenskyj hat bereits neue Offensiven angekündigt. Er scheint entschlossen, auch diese Chance verstreichen lassen – wie im Frühjahr, als Russland sich aus Kiew zurückgezogen hatte.

Damals standen die Gräuel von Butscha einer – schon ziemlich weit gediehenen – Verhandlungslösung entgegen. Der britische Ex-Premier Johnson soll Selenskyj sogar vor einer Einigung mit Moskau gewarnt haben.

Diesmal ist es anders. Sogar in den USA wird offen über mögliche Verhandlungen mit Russland diskutiert. Das US-Militär, das von der Befreiung von Cherson sicher mehr weiß als wir, tritt für Gespräche ein.

Sie machen Sinn, militärisch wie politisch. Militärisch sind im Winter keine großen Fortschritte mehr zu erwarten. Politisch bilden die Midterm-Wahlen in den USA ein “window of opportunity”.

Präsident Biden muß nicht mehr fürchten, als Angsthase dazustehen, wenn er in Gespräche einwilligt. Selenskyj könnte sogar aus einer Position der Stärke auftreten – wie er es immer wollte.

Doch wie es aussieht, sind ihm die militärischen Erfolge, die er vor allem den USA verdankt, zu Kopfe gestiegen. Er will mehr – selbst um den Preis weiterer sinnloser Zerstörungen und eines Winters ohne Strom und Gas.

In dieser Lage könnte die EU den Ausschlag geben. Wenn sie die geplanten neuen Finanzhilfen an die Bedingung knüpft, dass Selenskyj neue Gespräche mit Moskau sucht, wäre manches möglich.

Stattdessen planen die EU-Außenminister die nächsten Sanktionen gegen Russland…

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P.S. Die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza deutet an, dass der russische Abzug aus Cherson zwischen den USA, Russland und der UKraine ausgehandelt worden sein könnte. “Naht bald ein Waffenstillstand”, fragt nun die “Berliner Zeitung”. Lesenswert!