Der Westen nimmt den Mund zu voll

US-Präsident Biden verspricht beim Nato-Gipfel, die Ukraine so lange zu unterstützen wir nötig. Ähnliche Versprechen haben auch die G-7 und die EU abgegeben. Der Westen weckt damit falsche und gefährliche Erwartungen.

Drei Gipfel, eine Botschaft: „Wir werden die Ukraine so lange unterstützen, wie nötig.“ Wer die Treffen von EU, G-7 und Nato verfolgt hat, konnte den Eindruck gewinnen, die Welt drehe sich nur noch um die Ukraine und den Krieg mit Russland. Dem ist aber nicht so.

  • Auch beim Nato-Gipfel gab es Mißtöne. Bei seiner Abschluß-Pressekonferenz wurde US-Präsident Biden immer wieder nach den hohen Benzinpreisen und der Abtreibung in den USA gefragt – das ist der US-Presse wichtiger als die Ukraine.
  • Beim EU-Gipfel wurde stundenlang darüber diskutiert, was man gegen die Energiekrise und die Inflation tun könne. Da man sich nicht einig wurde, stellten die EU-Chefs die „historische“ Einigung auf den Kandidatenstatus für die Ukraine heraus.

Doch genau wie in den USA untergräbt die Energie- und Wirtschaftskrise auch in der EU das Vertrauen der Bürger – und die Solidarität mit der Ukraine. Spätestens im Herbst wird die Opferbereitschaft nachlassen und die „Kriegsmüdigkeit“ überhand nehmen.

Dann wird sich zeigen, dass die Politiker den Mund zu voll genommen und falsche Erwartungen geweckt haben. Den Schaden hat die Ukraine – und die EU, die die größten Lasten tragen soll.

Schon jetzt ist die Krise in EUropa ernster als in den USA. Die Sanktionen treffen Deutschland und andere EU-Länder härter als Russland. Die vollmundigen Versprechen werden sich kaum halten lassen.

  • EU-Beitritt im Eilverfahren? Nein, es wird Jahre dauern. Wiederaufbau aus EU-Mitteln? Dafür ist kein Geld da, für neue Schulden gibt es kein Mandat.
  • Noch mehr Sanktionen, wie in der G-7 vereinbart? Schon beim Preisdeckel auf Öl steht Kanzler Scholz auf der Bremse. Und ein Gasembargo können wir uns gar nicht leisten.
  • Nato-Hilfe bis zum zum „Sieg“? Darüber besteht keine Einigkeit. Nicht nur Deutschland und Frankreich scheren aus, auch die Türkei pochte beim Nato-Gipfel auf Verhandlungen.

Und dann waren da noch die Versprechen, die nicht nur fahrlässig, sondern regelrecht gefährlich sind.

  • So erklärte der britische Premier Johnson, die EU müsse die zahlungsunfähige Ukraine dauerhaft finanzieren und Löhne und Renten zahlen. Geht’s noch? This is not your business!
  • Biden gelobte, der Ukraine praktisch unbegrenzt zu helfen. Dabei haben wir erst vor einem Jahr in Afghanistan gesehen, wie abrupt die US-Hilfe enden kann. Präsident Selenskyj ist gewarnt!

Das klingt so, als solle das Land am Ende doch wieder der Nato angehören, zumindest aber Nato-Standards erfüllen und eng mit der Allianz zusammenarbeiten.

Eine gefährliche Vorstellung, denn genau das will Russland ja mit seinem Krieg verhindern.

Wenn es Stoltenberg ernst meint, so steuert er die Nato in die Konfrontation. Seine Versprechen könnten sich so auch für Deutschland als fatal erweisen…

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