Ukraine am Tropf, Windräder gegen Putin – und die Türkei stürzt die Nato in die Krise
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Die Ukraine hängt am Tropf von G-7 und EU. Die EU-Kommission empfiehlt Windräder gegen Putin. Und die Türkei blockiert den Nato-Beitritt der Nordländer.
Die wichtigste Meldung dieser Woche stand in keiner Zeitung: Die Ukraine ist pleite, sie braucht dringend Finanzhilfe, um wenigstens die laufenden Staatsgeschäfte zu finanzieren und die Renten zu zahlen.
Zum Glück ist sie nicht allein. Die G-7 und die EU, die Russland mit ihren Sanktionen in den “Default” treiben wollen, haben Kiew sowohl kurzfristige Liquiditätshilfe als auch Subventionen für den Wiederaufbau versprochen.
Besonders großzügig zeigten sich deutsche Politiker. Finanzminister Lindner (FDP) sorgte bei der G-7 dafür, dass die meisten Hilfen als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden – und nicht als Kredite, wie üblich.
Und Kommissionschefin von der Leyen (CDU) stellt ein hunderte Milliarden Euro (genaue Zahlen gibt es noch nicht) schweres Wiederaufbau-Programm in Aussicht, für das sie ggf. sogar neue EU-Schulden aufnehmen will!
Die Ukraine hängt nun am Tropf, Deutschland und die EU halten das Land über Wasser – und könnten eigentlich mitreden. Doch genau das ist nicht geplant. Präsident Selenskyj soll im Krieg mit Russland freie Hand behalten, Auflagen gibt es keine.
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Überaus generös geriert sich von der Leyen auch, wenn es um die “Unabhängigkeit” von russischem Öl und Gas geht. Dafür sollen bis zur 300 Mrd. Euro locker gemacht werden, kündigte die EU-Kommission an.
Der Plan mit dem wohlklingenden Titel “Repower EU” soll neue Pipelines und LNG-Terminals fördern, damit Öl und Gas künftig aus den USA oder Katar kommen können. Dafür will man sogar Emissionsrechte verkaufen, also den CO2-Ausstoß günstiger machen!
Mit Klimaschutz hat das nichts zu tun, im Gegenteil. Selbst die versprochene “Unabhängigkeit” von Russland ist nicht sicher, denn das Ölembargo kommt nicht voran, selbst die USA haben Bedenken. Und beim Gas wird es noch Jahre dauern!
Immerhin will Brüssel auch Windräder und Sonnenkollektoren fördern. Die Spindoktoren der Kommission machten daraus “Windräder gegen Putin” oder “Der Krieg ist ein Turbo für das Klima”. Und die deutschen Medien klatschen Beifall.
Was war noch? Die Türkei blockiert den Beitritt Finnlands und Schwedens – und stürzt so die Nato in die Krise. Mitten im Krieg droht der Militärallianz eine Zerreißprobe. In Washington reiht sich eine Krisensitzung an die andere.
Doch im Brüsseler Nato-Hauptquartier tut man so, als sei gar nichts passiert. Man werde auf die Türkei zugehen und sich schnell einigen, sagt Generalskretär Stoltenberg. Schauen wir mal…
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Alexander
22. Mai 2022 @ 23:08
„und könnten eigentlich mitreden. Doch genau das ist nicht geplant. Präsident Selenskyj soll im Krieg mit Russland freie Hand behalten“
Müsste es nicht „die US-Politik soll bei der Steuerung Selenskyjs im Krieg mit Russland freie Hand behalten“ heißen?
„Und Kommissionschefin von der Leyen (CDU) stellt ein hunderte Milliarden Euro (genaue Zahlen gibt es noch nicht) schweres Wiederaufbau-Programm in Aussicht, für das sie ggf. sogar neue EU-Schulden aufnehmen will!“
Das düften zahlreiche EU-Bürger, denen jetzt über viele Jahre erzählt wurde, für was alles angeblich kein Geld da ist, mit Interesse zur Kenntnis nehmen! Wieviele Millionen Kinder mussten zum Beispiel wegen der irrsinnigen Austeritätspolitik in der Zwischenzeit völlig unnötigerweise in Armut aufwachsen?
RichardRoe
22. Mai 2022 @ 08:42
Der Wiederaufbau der Ukraine wird vermutlich durch die beschlagnahmten bzw eingefrorenen russischen Finanzen (ca 450 Mrd) begonnen werden können. Insgesamt werden vermutlich 1500 Mrd Euro nötig sein. Für die Freigabe sind Urteile des IStGH nötig, wo die Anträge der Ukraine auf Reparationen schon vorliegen.
Die Ukraine wünscht außerdem ein „Sondertribunal“ a la Nürnberg, vor dem Leute wie Putin und jede Menge anderer, identifizierter Kriegsverbrecher erscheinen sollten. Wie das bewerkstelligt werden soll, ist noch unklar.
ebo
22. Mai 2022 @ 11:23
So einfach ist es nicht. Die meisten Experten sind sich einig, dass es für eine Enteignung eine Entschädigung geben muß, so steht es z.B. im deutschen Recht. Für Reparationen braucht man zudem einen (Friedens-)Vertrag. Die USA haben erklärt, dass sie derzeit davon absehen würden, die russischen Zentralbank-Reserven zu konfiszieren. Die EU-Kommission würde zwar gern zur Tat schreiten, doch wegen der rechtlichen Probleme lässt sie erst einmal ihre Juristen prüfen. Ich habe dazu auch einen Artikel bei piqd mit Expertenstimmen