Twitter: Breton warnt Musk vor (zu viel) freier Rede
Die EU-Kommission legt sich mit dem neuen Chef von Twitter an. Der französische EU-Kommissar Thierry Breton droht mit Sanktionen, wenn die neue Meinungsfreiheit nicht bald wieder eingeschränkt wird.
“Es ist noch eine riesige Menge Arbeit zu tun”, sagte Breton dem neuen Chef des US-Konzerns, Elon Musk. Breton forderte transparente Nutzer-Richtlinien, eine deutliche Verstärkung der Überwachung von Inhalten, den Schutz der Meinungsfreiheit, ein entschlossenes Vorgehen gegen Desinformation und eine Begrenzung gezielter Werbung.
Breton beruft sich auf das neue Digitale-Dienste-Gesetz DSA. Es sieht weitgehende Eingriffe in große Online-Platfformen vor – bis hin zur Zensur von unerwünschten Inhalten und dem Entzug der Zulassung in der EU. Allerdings ist noch unklar, ob Twitter groß genug ist und wann die neuen Regeln zur Anwendung kommen.
Klar ist hingegen, dass Breton die neue Freiheit bei Twitter nicht passt. Musk hat sich zu einem Vorkämpfer für die Meinungsfreiheit erklärt und nicht nur Ex-Präsident Trump wieder zugelassen, sondern auch viele andere umstrittene User. Auch kontroverse Inhalte und Fake News zu COVID-19 oder zu den Impstoffen sind wieder online.
Aus Protest gegen Musks neue Linie haben wichtige Twitter-Mitarbeiter ihren Job in Brüssel quittiert. Dennoch arbeite man weiter mit der EU-Kommission zusammen, heißt es. Die Brüsseler Behörde versucht, nicht nur Twitter, sondern auch Google, Facebook, YouTube & Co. an die enge Leine zunehmen.
Aktuell arbeitet sie an einem “Media Fredom Act”, der die Presse sowie den Rundfunk regulieren soll. Auch dieses “Medienfreiheitsgesetz” sieht Einschränkungen der Meinungsfreiheit vor – insbesondere, wenn es um ausländische (sprich: russische) Desinformation geht.
Weniger Probleme hat die EU-Kommission mit Kartellen, Monopolen und feindlichen Übernahmen in der Medienbranche. So winkte sie die Twitter-Übernahme einfach durch; auch das Quasi-Monopol von Google in EUropa will sie nicht antasten…
Siehe auch “Vestager winkt Twitter-Übernahme durch reichsten Mann der Welt einfach durch”
P.S. Binnenmarkt-Kommissar Breton fordert Musk auf, gegen Lügen und Hass auf der Plattform vorzugehen. Wenn sich Regelverstöße fortsetzen sollten, könnte die EU äußerstenfalls “die Plattform in Europa abschalten”, sagte Breton den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Wir werden das auch tun, wenn es nötig wird”, machte er deutlich.
KK
2. Dezember 2022 @ 12:48
@ Armin Christ:
” Was justiziabel ist entscheiden Gerichte !”
Ja; in der Praxis nach mehreren Jahren. Wenn in diesen Fällen schon längst kein Hahn mehr danach kräht!
Link,Udo
2. Dezember 2022 @ 11:56
@Arthur Dent
Der Text von Georg Danzer ist eine aktuelle Zustandsbeschreibung unserer Welt.
Was für eine Welt hinterlassen wir unseren Kindern und Enkeln?
Nie nach 89´ hätte ich es für möglich gehalten, dass es soweit wie jetzt kommen könnte !
“Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.”
Gustave Le Bon (Begründer der Massenpsychologie)
Kleopatra
2. Dezember 2022 @ 11:18
Pressefreiheit steht immer in eine Spannungsverhältnis zwischen der Freiheit, sagen zu können, was man will, und für das einstehen zu müssen was man sagt. Bei gedruckten Medien ist es selbstverständlich, dass es presserechtlich Verantwortliche gibt, auch in diesem Blog hat sein Betreiber schließlich nicht grundlos das Recht, jeden Beitrag freizuschalten oder eben nicht.
In sozialen Medien wird immer wieder versucht, so zu tun, als sei man gar kein Organ zur Veröffentlichung von Beiträgen, sondern stelle nur passiv eine Infrastruktur zur Verfügung. Aber schon die monopolartige Stellung bestimmter “sozialer Medien” wäre Anlass, politisch Regeln aufzustellen.
Dass die Kommission der Übernahme eines US-Unternehmens durch ein anderes US-Unternehmen nicht widersprochen hat, dürfte auf einer realistischen Einschätzung der Grenzen ihrer eigenen Macht beruhen…
Armin Christ
2. Dezember 2022 @ 11:11
Im Gegensatz zu “meiner” brandenburgischen Landesregierung bin ich wahrlich kein Freund von Elon Musk, aber die Beschränkungen der meinungsfreiheit set Jahren hier im Wertewesten halte ich für mnicht rechtsstaatlich, da es Konzerne sind und keine Gerichte, die Meinungen zulassen oder nicht.
Was justiziabel ist entscheiden Gerichte !
fjesse
2. Dezember 2022 @ 08:22
Die Freiheit hinter Gittern? Ein “umstrittener” User und die Grenzen von Elon Musks Toleranz:
https://www.rollingstone.com/music/music-news/kanye-west-swastika-elon-musk-twitter-1234640112/
ebo
2. Dezember 2022 @ 09:28
Twitter sperrt Kanye West nach Lob für Hitler und Hakenkreuz-Post
https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-12/twitter-sperrt-kanye-west-hakenkreuz-hitler
Arthur Dent
2. Dezember 2022 @ 00:08
Mich erinnert das an den Song des österreichischen Liedermachers Georg Danzer. Hier mal der Liedtext:
Die Freiheit
vor ein paar tagen ging ich in den zoo,
die sonne schien, mir war ums herz so froh.
vor einem käfig sah ich leute stehn,
da ging ich hin um mir das näher anzusehn.
„nicht füttern“ stand auf einem großen schild
und „bitte auch nicht reizen, da sehr wild!“
erwachsene und kinder schauten dumm
und nur ein wärter schaute grimmig und sehr stumm.
ich fragte ihn. „wie heißt denn dieses tier?“
„das ist die freiheit“ sagte er zu mir.
„die gibt es jetzt so selten auf der welt,
drum wird sie hier für wenig geld zur schau gestellt“
die freiheit ist ein wundersames tier
und manche menschen haben angst vor ihr.
doch hinter gitterstäben geht sie ein,
denn nur in freiheit kann die freiheit freiheit sein.
denn nur in freiheit kann die freiheit freiheit sein.
Ich schaute und ich sagte „Lieber Herr!
Ich seh ja nichts, der Käfig ist doch leer“
„Das ist ja grade“ sagte er „der Gag,
man sperrt sie ein und augenblicklich ist sie weg!“
european
2. Dezember 2022 @ 10:11
Toller Text!!! 🙂
KK
1. Dezember 2022 @ 22:33
@ european:
Ich fände es eher richtig, mal darüber nachzudenken, ob das Internet überhaupt eine so gute Idee war.
Diese sogenannten “sozialen Netzwerke” und Plattformen wie Twitter jedenfalls scheinen mir mehr Nachteile als Vorteile zu entfalten.
Denn lässt man sie frei und alle Hassprediger und Manipulatoren mit viel Geld hinter sich von der Leine, treibt es die absonderlichhsten Blüten – wie Trump als US-Präsident oder den Brexit (die beide ohne Facebook und Cambridge Analytica wohl so nicht möglich gewesen wären),
reguliert man sie aber, stellt sich die Frage, wer darüber entscheiden soll in einem internationalen Netz, wen der Bannstrahl trifft und wen eben nicht.
Konsequent wäre eigentlich nur die Abschaltung: Also zurück auf LOS und den Neustart erst dann nochmal versuchen, wenn für dieses Dilemma eine Lösung gefunden ist. ZB ein durch Losentscheid (die griechische Polis lässt grüssen) jährlich neu zu besetzendes internationales Gremium.
european
2. Dezember 2022 @ 10:11
Soziale Netzwerke haben nichts mit sozial zu tun, wie wir das ueblicherweise verstehen. Ich musste das auch erst lernen. Sie werden nur deshalb so genannt, weil sie interaktiv sind. Ich stimme Ihnen zu, dass sich dort nicht nur angenehme Zeitgenossen tummeln. Die wenigsten sind an einem Austausch interessiert, deswegen sind solche Plattformen verschwendete Zeit. Sie koennen gut sein fuer Business, fuer Blogger, fuer bestimmte Interessengruppen.
Ich finde, dass das Internet eigentlich eine sehr gute Erfindung ist und zu sehr viel guten Dingen auch beitragen kann. Leute wie Trump oder auch der Brexit wuerden auch ohne Internet geschehen. Die Ursachen liegen tiefer und wie sehr man die Massen auch ohne Netz aufwiegeln kann, hat die Vergangenheit mehrfach bewiesen.
european
1. Dezember 2022 @ 17:55
Ich finde es richtig, dass auch “umstrittene” User zugelassen werden. Wer bestimmt eigentlich, wer umstritten ist? Nach aktueller Gemuetslage gelten mittlerweile auch Ulrike Guerot oder Gabriele Krone-Schmalz als persona non grata. Und ist es nicht interessant und auffaellig, dass der anerkannte Nahostexperte Michael Lueders kaum noch in den oeffentlich-rechtlichen Medien zu sehen ist.
Ich lebe lieber mit einem poebelnden Trump, dem ich ohnehin nicht folgen wuerde, als dass ich befuerworten wuerde, dass der Willkuer Tuer und Tor geoeffnet wird. Mal voellig davon abgesehen, dass sich dann andere Kanaele finden, auf denen man aktiv wird.