Für Tusk ist Österreich ein Modell, für deutsche Grüne ein Horror
In Österreich ist die neue Bundesregierung aus konservativer Volkspartei (ÖVP) und Grünen vereidigt worden. Der Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), Donald Tusk, lobte das schwarzgrüne Bündnis, die deutschen Grünen gehen auf Distanz.
Kann die schwarzgrüne – oder türkis-grüne – Regierung in Wien ein Modell für Deutschland und Europa sein? Der Chef der europäischen Konservativen, Tusk, ist davon offenbar überzeugt. Er sprach von einem „wichtigen Signal für die gesamte EVP“. Der gläubige Pole beruft sich sogar auf die Bibel:
„Climate protection and the protection of our planet, this is, for us Christians, the eleventh commandment. Australia warns!“
EU Observer
Bei der Europawahl im Mai 2019 hatte die konservative EVP europaweit Stimmen verloren, die Grünen haben fast überall zugelegt. Tusk setzt offenbar darauf, dass Christdemokraten und Konservative ihre Vormacht in der EU mithilfe der Grünen sichern können.
Im Brüssel funktioniert dies allerdings noch nicht. Im Europaparlament gibt es keine schwarzgrüne Koalition, die Grünen haben der neuen EU-Kommission ihre Zustimmung verweigert. Auch in Berlin regt sich Widerstand gegen das vermeintliche „Modell“ Österreich.
Parteichefin Baerbock erklärte, in Deutschland werde es „so etwas“ (wie den Koalitionsvertrag in Österreich) „nicht geben“. Vor allem das Kapitel zur Flüchtlingspolitik stößt auf Kritik. Kanzler Kurz setzt seinen harten Kurs fort – und hält sich die Option offen, ihn mit der rechten FPÖ durchzusetzen.
Die deutschen Grünen würden so etwas nie unterschreiben, heißt es in Berlin. Tusk und CDU/CSU sollten sich also keine übertriebenen Hoffnungen machen…
Siehe auch „Österreich: Die schwarze Null wird grün“
Peter Nemschak
9. Januar 2020 @ 11:53
@Fritz Ulrich Hein Ohne Macht lässt sich nichts bewirken, auf Dauer nicht einmal einen Kulturkampf gewinnen.
Peter Nemschak
9. Januar 2020 @ 11:51
Was spricht gegen eine restriktive Flüchtlingspolitik, restriktiv in dem Sinn, dass wir nur so viele Menschen aufnehmen können, als wir in den Arbeits- und Wohnungsmarkt und in die Bildungsinfrastruktur integrieren können und wollen. Das wissen auch rote Pragmatiker wie der Wiener Bürgermeister Ludwig. Ein Staat ist nun einmal keine karitative NGO sondern hat andere Aufgaben und Ziele. Das sollte endlich auch die EU erkennen und danach handeln. Vielleicht gelingt es Kurz mit Hilfe der Osteuropäer einen Diskurswechsel in Gang zu bringen. Die EU muss sich auch in der Flüchtlingsfrage politischen Realitäten stellen statt sich uneinsichtig in ihrem Werteabsolutismus selbst zu lähmen.
Kleopatra
9. Januar 2020 @ 09:33
Die Vereinbarung zur Flüchtlingsfrage ist ein hilfloser Versuch, für die Kurzsche Migrationspolitik wenigstens nicht mitverantwortlich zu sein, wenn man sie schon nicht verhindern kann. Und verhindern können die Grünen sie eben nicht, wenn sie mit einer Partei koalieren wollen, die wegen ihrer stark restriktiven Migrationspolitik die Wahlen gewonnen hat. Die Alternative wäre gewesen, die ÖVP zu einer neuen Koalition mit der FPÖ zu drängen. Im Prinzip ist es nicht abwegig, zu konstatieren, dass man nur in einem Teil der Politik zu gemeinsamen Maßnahmen kommt.
Da allerdings nicht darstellbar ist, wieso eine innvolle Natur- und Umweltschutzpolitik unbedingt mit einer großzügigen Immigrationspolitik verbunden sein müsste, können die Grünen auf diese Weise viele Dinge durchsetzen, die ihnen wirklich wichtig sind. Größtmögliche Offenheit gegenüber Flüchtlingen wird ohnehin nur noch theoretisch von solchen Politikern vertreten, die sich wie Merkel darauf verlassen können, dass ihnen andere die „Drecksarbeit“ abnehmen (Knüppel an der kroatisch-bosnischen Grenze, Lager auf griechischen Inseln, lybische Küstenwache, ungarischer Grenzzaun …). Die österreichischen Grünen wissen, dass eine Wiederholung der „Willkommenskultur“ innerhalb kürzester Zeit zu einem Sturz ihrer Regierung führen würde, und sie haben sich mit dem abgefunden, woran sie eh nichts ändern können. Wenn die EU noch länger existieren soll, muss Deutschland die Entwicklungen in Österreich etc. nachvollziehen.
Fritz Ulrich Hein
9. Januar 2020 @ 04:15
Für die österreichischen Grünen ging es nur um die Macht. Dafür haben sie jetzt Kreide gefressen. Ich warte jetzt mit Spannung darauf, dass sich die ersten Verdauungsbeschwerden einstellen. Nur über eines müssen sich die Grünen dann im Klaren sein: Unter Verzicht Kickls auf einen Ministerposten koaliert Herr Kurz sofort wieder mit der FP. Denn die 2 Parteien hatten bis Kickls Umsturzversuch eine hervorragende Arbeit geliefert.
Günter Predl
7. Januar 2020 @ 17:38
Wir können heute nicht wissen, ob dieses „Modell Österreich“ das von den beiden Koalitionspartnern erhoffte Mindesthaltbarkeitsdatum 31.12.2024 erreichen wird!
Und doch ist es schon ein „Modell“ für die am absteigenden Ast sitzenden Schwarzen Europas geworden. Hoffen dürfen sie, daran hindert sie niemand. Doch eins muss allen klar sein: dies ist der verzweifelte Versuch, überhaupt eine halbwegs vernünftige österr. Regierung zu bilden und keineswegs eine Koalition mit europaweitem Nachmach-Faktor! Noch dazu ist der „türkise“ Flügel der ÖVP, der momentan die Richtung angibt, ein sehr rechter Flügel, der keinesfalls riskieren will, die Wähler des rechten Randes in den kommenden Jahren der Koalition mit den Grünen zu verlieren. Eine Schwarz-Grüne Koalition gibt es in einigen österr. Bundesländern, doch da wird mit den bürgerlichen Schwarzen koaliert, nicht mit den „Türkisen“, die sich mit der FPÖ um die wählenden Ausländerhasser Österreichs raufen.